Sölden zahlt eine halbe Million dafür, im neuen James Bond vorzukommen. Verdammt viel Geld für 15 Minuten. Noch dazu ohne Namensnennung. Aber - vermutlich - trotzdem eine geniale Investition.
Jack Falkner jubelt immer noch (im Bild unten). Und der mächtige Chef der Bergbahnen Sölden im Tiroler Ötztaler wird damit so bald wohl auch nicht aufhören. Auch dann nicht, wenn „Spectre“, der bislang letzte Bond, wieder aus den Kinos verschwunden sein wird - und die Kain-und-Abel-Geschichte vom scheinbar „ewigen“ Kampf zwischen Daniel Craig als 007 und Christoph Waltz als Ernst Stavro Blofeld ihren Weg in die TV-Kanäle finden wird.
Denn unabhängig davon, ob „Spectre“ der beste oder der schlechteste Bond aller Zeiten ist, weiß Falkner eines: „Bond hält ewig“. Deswegen ist „ewig“, wer in ihm vorkommt. Oder was. Und genau das hat Falkner geschafft: Sölden zu verewigen. Das ist bekannt. Ebenso, dass Tirol 550.000 Euro springen ließ, um das Bond-Team für rund 30 Drehtage in die Berge zu locken. 15 Minuten alpine Action sind dabei herausgekommen - und obwohl weder Sölden noch Tirol namentlich erwähnt werden, ist Falkner absolut sicher, dass das diese halbe Million nicht bloß wegen der Umwegrentabilität von Filmcrew-Übernachtungen und Aufträgen für etwa 200 österreichische Firmen hervorragend eingesetzt waren - sondern eine langfristige und nachhaltige Investition zur internationalen und unverkennbaren Positionierung Söldens sind.
Und das, obwohl man ein Tal weiter - im Kaunertal - den Bonds nicht nur nichts zahlte, sondern für Drehgenehmigung und Schneeräumung sogar eine Rechnung legte. Weil, wie man im Kaunertal (aufgrund diverser Verschwiegenheitsklauseln in den Verträgen nicht offiziell) schon rund um die Dreharbeiten im Vorwinter sagte, der internationale Werbe- und Marketingeffekt von ein paar hübschen Landschaftsaufnahmen wohl enden wollend sei. Gerade in einem Mega-Film der Kategorie Bond. Falkner aber, betont man, habe dennoch recht. Und genau das Richtige getan.
Der vermeintliche Widerspruch ist in Wirklichkeit keiner. Denn auch wenn der Söldener Bergbahnprinzipal stets demonstrativ auf die Werbewirkung für die Region verweist, weiß er ganz genau, dass die in Spectre für viele Österreicher präzise bestimmten Orten zuordenbaren Landschaftsbilder lediglich patriotischen Impact haben. Aus internationaler Sicht sind sie bloß zwar wunderschöne, aber eben doch absolut austauschbare Pracht-Landschaften. Könnten überall sein. Zumindest solange da kein nur hier mögliches „Standalone“ vorkommt. Eine „Landmark“. Ein ebenso attraktiver wie auffällig-einmaligen Sehnsuchtsort. Eine Location, die zur Legende zu werden vermag, sobald man sie „im Bond“ gesehen hat. Weil sie so extravagant, exklusiv, auffällig oder irre ist, dass man sie nicht mehr vergisst.
Und an exakt so einen Ort hat Falkner Daniel Craig geholt.
Am Berg hat 007 genau so schon einmal Geschichte geschrieben. 1969, in „Im Geheimdienst ihrer Majestät“ kämpfte George Lazenby mit „seinem“ Blofeld (damals: Telly Savallas) auf einem Schweizer Gipfel. Der Spot ist deshalb bis heute weltberühmt - und nicht nur für Bondianer eine Pilgerstätte. Obwohl kaum jemand, der den Ort auf den ersten Blick erkennt, „aktiv“ weiß, dass der Gipfel auf dem sich das „Piz Gloria“ (ein gastronomisch höchstens mittelattraktives Skirestaurant) um die eigene Achse dreht, Schilthorn heißt, 2970 Meter hoch ist, im Berner Oberland liegt - und einen der spektakulärsten Blicke auf Eiger, Mönch und Jungfrau bietet. Das alles ist zwar schön, wäre aber aber für eine echte „Landmark“ zu wenig: Der drehende Palast ist das Bild, das zieht, zählt und bleibt. Ist der Magnet. Den „Rest“ bemerkt man danach. Auch, dass der viel spektakulärer ist, ist nur die zweite Botschaft: Tolle Berge gibt es viele - aber eben nur einen Piz Gloria.
Falkner dürfte das Schilthorn im Kopf gehabt haben, als er „Spectre“ auf die Ötztaler Gletscher holte: 2013 eröffnete hier - am Gipfel des Gaislachkogels auf 3042 Meter - nämlich das „Ice Q“: Ein futuristischer Glaskubus mit spektakulärem Blick über weit über 100 Tiroler 3000er. Luxusarchitektur. Einzigartig.
In „Spectre“ ist das „Ice-Q“ ein Sanatorium: Unerschwinglich, unerreichbar. Im Leben ist es ein Luxusrestaurant - aber die Aussichtsplattform darauf für jedermann frei erreichbar und zugänglich: Wer Bond sein will, kann es hier sein. Das eine Bild genügt - und bleibt. Ist also „ewig“: Weil es nur hier möglich ist. Nicht wegen der Berge - sondern dem, was man hier auf sie gestellt hat.
Oben im Bild das sind übrigens Bloggerlegende Cosmin Tudoran und ich.