In der „Area 47“ im Ötztal war ich raften. Darüber wollte ich schreiben. Bloß: Dann las ich, wie Österreich in Zukunft mit „echten“ Boat-People umgehen will.
Eigentlich wollte ich etwas ganz Anderes schreiben. Eine schöne, leichte Geschichte. Eine, die Lust auf den Sommer macht. Auf Österreich. Auf die Natur und den respektvollen, aber doch spaßorientierten Umgang mit ihr.
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Zum Beispiel beim Raften. Oder beim Canyoning. Oder beim Mountainbiken. Oder beim Klettern. Oder im Hochseilgarten. Oder beim Mit-dem-Zipfelbob-über-eine-Schanze-ins-Wasser-springen. Oder. Oder. Oder. Das wäre ganz einfach gewesen. Schließlich war ich vergangene Woche in der Area 47 (www.area47.at) und habe ebendort genau all das getan. Dienstlich, versteht sich.
Die Area 47 ist ein Abenteuerspielplatz, den die Söldener Bergbahnen nach einem Konzept des unlängst verstorbenen Extremsport.Pioniers Hans Neuner an den Zusammenfluss von Ötztaler Ache und Inn stellten. Jedes Mal, wenn ich dort bin, bin nicht mir sicher, ob ich da jetzt in einem durchgeknallten Freibad oder der Tiroler Aussenstelle eines All-Inclusive-Ferienclubs an der türkischen Riviera bin. Oder einem Lager für Wattebausch-Pfadfinder, der Soft-Version eines Survival-Camps oder in einer in Keiner-tut-sich-weh-Folie gepackten Ausgabe des Extremsport-Teils des Red Bulletin.
Und vor allem: Ich bin mir nie sicher, ob ich die Area wirklich mag. Respektive: Wieso sie nach eineinhalb Tagen Super-Spaß und Mega-Faszination immer ein bisserl unpackbar wird. Anders gesagt: Ob ich hier Zielgruppe bin.
Grob zusammengefasst ist es nämlich so: Alles, was außerhalb der „Area“ passiert, finde ich schlicht und einfach super. Rafting. Oder Canyoning. Oder Mountainbiken. Oder Herumkoffern mit E-Motocross-Bikes. Oder Laufen. Oder Wandern: Für all das muss man raus. In jenes „Freie“, in dem es weder Zaun noch Beschallung gibt. Wo man - Guide hin, gebuchte Tour her - nicht den „Wirholendichdaraus“-Carefree-Package-Knopf immer zu 100 Prozent garantiert neben sich hat.
Das gilt bis zu einem gewissen Grad auch fürs Klettern im Klettergarten, den Pendel-Sprung ins Kletterseil (Hier „Mega Swing“) oder den Hochseilgarten: Kein Unternehmer will seine Kunden umbringen oder verletzten - aber dass sich das beim freien Sprung aus rund 30 Metern ins Seil unter der Brücke dann trotz dieses Wissens dann ganz anders anfühlt, ist halt auch ein Fakt ist: Es ist ziemlich sehr leiwand, sich und seine Grenzen selbst zu spüren .
Nur beim Wasserpark („Waterarea“) bin ich mir dann nach ein paar Tagen halt jedes Mal unsicher: Gefühlte 95 Wasserrutschen und -katapulte. Turmspringerei-Möglichkeiten, die sogar die Weltelite der Cliffdiver als Trainingsbase nutzt. Wakeboardlift, Zipfelbob-Schanze und sonstiger Schnickschnack: Lustig - aber das geballte Remmidemmi packe ich mittlerweile nach eineinhalb Tagen nimmer. Die Begeisterung in den Augen der Gäste sehe ich aber. Und die Professionalität der Betreiber sehe, respektier und honoriere ich.
Weil: So einfach, wie es auf den ersten Blick scheint (und scheinen soll) ist die Bespaßung von Massen wahrlich nicht. Es steckt viel Hirn, viel Knowhow, viel Arbeit und auch viel Geld dahinter, so eine Nummer so schwerelos wirken zu lassen. Genau darüber wollte ich diesmal eigentlich erzählen. Ausführlich und detailreich.
Aber dann saß ich im Zug zurück nach Wien. Und surfte durch die Headlines. Und glaubte, meinen Augen nicht zu trauen: Da erklärte eine österreichische Ministerin kalt lächelnd in mehreren Medien gleichlautend, dass sie Menschen, die aus Kriegs- und andern Wirren nach Österreich kämen und hier um Asyl ansuchen wollen, ab sofort in den Mühlen der Bürokratie verrecken lassen wolle. Mit der infamst-österreichischsten aller international denkbaren Methoden: Beamteten Nixtun.
Also per Anweisung, Anträge liegen zu lassen. Weil man - offiziell und rechtlich bestimmt wasserdicht formuliert, aber tatsächlich süffisant-kafkaesk - halt ab sofort nur noch für Anderes Ressourcen habe. So, so die Ministerin, wolle man ein „Problem“ lösen. Jenes, der Zahl der Asylsuchenden.
Vielleicht bin ich ja beim Zipfelbob-Wassersprung ein wenig hart mit dem Kopf am Wasser aufgeschlagen. Oder hab einen Sonnenstich. In jedem Fall kapiere ich nicht, wie man durch das Liegenlassen von Akten das Stellen neuer Anträge (die dann auch liegen bleiben) verhindern will.
Glaubt da tatsächlich ein ministeriell-bestellt-bestallter beratender Sesselfurzer, dass in den überfüllten - und für alles andere denn zum Spaß gebuchten - Gummibooten im Mittelmeer irgendwer sagt „Obacht, Leute! In Österreich liegen unsere Anträge ewig! Da gehen wir doch lieber zurück und erklären der IS (hier kann man den Namen einer beliebigen Miliz einsetzen, Anm T R ), dass wir es uns überlegt haben und wir uns jetzt doch massakrieren, verschleppen, verstümmeln und vergewaltigen lassen! Alles besser, als in Österreich auf Bescheide zu warten…“
Ich schreibe nicht nieder, was ich mir alles dachte. Das Meiste ist ehrenrührig und klagbar. Der Rest hat mit „ich schäme mich“ zu tun. Nur: Wofür eigentlich? Würde es etwas ändern, wenn mein Leben und mein Job auch furchtbar wären, weil es anderen mies geht und die von „meinen“ Politikern wie Dreck behandelt werden? Nein. Trotzdem.
Nur: Irgendwie war jetzt bei mir der Lifestyle-Schreib-Dampf raus.
Darum: Sorry, ich schaffe es gerade einfach nicht, darüber zu schreiben, wie geil und aufregend und superlustig es ist, sich in einem hochwasserführenden Gebirgsfluss aus einem Gummiboot schmeissen zu lassen. Nicht, wenn die Ansage „meiner“ Regierung lautet, Menschen, die absolut unspaßige Bootsfahrten mit knapper Not überlebt haben, aus purer Infamie, Herzlosigkeit, Dummheit, Ignoranz, Borniertheit und gegenstrategieloser Angst vor den xenophoben Wählerstimmenfängern von Rechtsaußen cancenlos gegen die Wand derBürokratie rennen zu lassen.
(Nachtrag: Zwei Tage später war dann natürlich alles anders. Weil die ministerliche Weisung an die Beamten selbtsverständlich ganz anders formuliert ist, als das, was öffentlich kommuniziert worden war. Und „die Medien“ - natürlich und unisono - das, was die Ministerin gesagt und gemeint hatte, vollkommen falsch aufgenommen, interpretiert und wiedergegeben … „Falsch wiedergegeben“? My Ass! Das war genau so eklig und widerlich gemeint, wie es rüberkam. Bewusst. Mit Kalkül. Das war ein Kniefall. Eine Botschaft. Eine Ansage, wohin die Reise gehen soll. Und wird. Egal, wie schlecht mir bei dem Gedanken wird.)
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