Eigentlich war es nur eine kleine, eigentlich harmlose Miniatur, die ich auf Facebook gepostet hatte. Aber die Geschichte vom ÖBB-Mann, der den Flüchtlingshelfer nicht aufwecken wollte, dürfte bei vielen Leuten einen Punkt getroffen haben: Man darf wieder Mensch sein.
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Ich bin also jetzt „viral“. Und vermutlich selbst am baffsten darüber. Falls man „baff“ steigern kann. Denn geplant hatte ich das nicht. Und vorhergesehen oder auch nur ansatzweise erwartet auch nicht. Schließlich war das Erlebnis, das mir binnen 24 Stunden knapp 15.000 „Likes“ eintrug, von focus.de übernommen und auf Buzzfeed unter die „21 berührendsten menschlichen Momenten der Flüchtlingskrise“ gelistet wurde und mir einen Kurzauftritt bei Peter L. Eppinger in Ö3 verschaffte, im Grunde so banal, das man es normalerweise höchstens mit einem zustimmenden Schulterzucken zur Kenntnis genommen hätte:
Ein Caritas-Mitarbeiter war - auf der Heimfahrt von Salzburg - so müde, dass er sich auf den erstbesten Sitz im Zug setzte. Und einschlief. Der Sitz war in der ersten Klasse. Als der Schaffner kommt, bittet ihn ein Fahrgast, den Schlafenden nicht zu wecken. Er, der andere Fahrgast, werde den Aufpreis für den Klassenwechsel übernehmen. Der Schaffner winkt ab: Er wolle kein Geld - der Helfer solle schlafen. Klasse hin oder her.
Aber weil derzeit halt wenig „normal“ ist, habe ich dann noch eine - glücklich-positive - Frage an diese kurze Beobachtung gehängt: „Bitte was ist grad mit diesem Land los?“
Das dürfte wohl einen Punkt getroffen haben. Weil - vermute ich - so vielen Menschen nach den Wochen, in denen das systematische Schlechtbehandeln von Hilflosen, das Negieren von Grundbedürfnissen und humanistischen Standards und das Anrennenlassen von Bedürftigen durch Politik und ihre vorgelagerten Institutionen ebenso wie durch das social-mediale „Lasst sie doch verrecken“-Trommelfeuer der rechten Brandstifter und „asylkritischen“ Hetzer im braunen Vorfeld schlicht und einfach genug hatten. Und haben.
Und nicht mehr in einen Spiegel sehen wollen, aus dem ihnen eine Fratze aus Intoleranz, Gier und Herzlosigkeit entgegengrinst, die ihnen als „gesellschaftlicher Mainstream“ - vulgo „Stimme des Volkes“ - vorgesetzt wurde.
Oder, wie es einer der ersten Kommentare auf Facebook ausdrückte: „Die schweigende Mehrheit schweigt nicht mehr“. Und hilft. Oder zeigt zumindest Empathie.
Natürlich ist auf den „like“-Button Knopfen drücken einfach. Kostet nix. Aber: 15.000 Likes sind - in meiner Liga - alles andere als ein Lercherlschas. Und diese Menge in dieser Zeit? Das sagt schon etwas.
Nämlich:
Dass es genug war. Längst.
Weil es um Menschen geht.
Weil sich endlich herumgesprochen hat, dass Hilfe für die, die sie hier & jetzt brauchen, weil sie mit Flip Flops in Herbstregen stehen und ihre Kinder in nassen Jacken im Gatsch liegen, etwas Anderes ist, das Eine ist. Und die Antwort auf die Ursachen das Andere.
Und dass Helfen nicht nur dem, der bekommt, gut tut. Sondern auch dem, der gibt. Und sei es nur ein Lächeln. Ein freundliches Wort. Eine kleine Geste. Die Welt sieht dann anders aus. Fühlt sich anders an. Ein bisschen nur - aber eben doch. Ich nenne das „Karmapunktesammeln“. Oder den gefühlten Unterschied zwischen „halb voll“ und „halb leer“.
Und noch etwas:
Dass Menschen gut sein wollen. Gutes tun. Gutes fühlen. Gutes weitergeben. Und es ihnen gut tut, davon zu hören und zu lesen, dass sie mit dieser Sehnsucht, diesem Traum nicht alleine sind.
Denn das macht Mut. Und gibt Hoffnung.
Hoffnung darauf, dass das Gute doch eine Chance hat.
Diese Hoffnung ist es, was zählt. Sie ist ein Teil von dem, was uns zu Menschen macht.
Und darauf, ein paar Menschen ein bisserl von diesem Gefühl vermittelt zu haben, bin ich stolz.
Gerade weil die Sache an sich so klein und banal war. Und ich selbst nichts dazu beigetragen habe.
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