Früher hätte ich vermutlich in Österreich Geld gewechselt. Heute reist man aber bequemer: Bankomatkarten funktionieren schließlich weltweit. Angeblich.
Es ist natürlich Zufall. Darauf haben sich mein Bankmensch und ich geeinigt. Weil: So wirklich erklären kann weder er, der Profi, noch ich - der Depp - die Sache nicht. Aber da zum Schluss eine Lösung aufpoppte, die funktioniert hat, ließen wir das Nachdenken bleiben. Sonst hätte sich die Geographie Europas verändert. Dann wäre Kroatien jetzt kein Teil Europas mehr - aber die Bankenwelt wieder in Ordnung.
Der Reihe nach: Ich war gerade halb auf Dienstreise, halb auf Urlaub. Kroatien. Dalmatien. Bei Zadar. Punta Skala. Im „Iadera“, einem Vorzeige-Luxushotel mit Rundum-Service der Falkensteiner-Gruppe. An und für sich wäre dieses Detail für die Geschichte unwichtig. Abgesehen davon, dass ich den Arsch ohne das „Schreiben Sie alles aufs Zimmer und zahlen Sie am Schluss mit Kreditkarte“-Programm des Resorts vermutlich ganz schön offen gehabt hätte. Und außerhalb des Resorts nicht einmal einen Kaffee bekommen hätte.
Aber ich verzettle mich. Also: Kroatien ist Teil der EU, aber weder Schengen- noch Eurozonen-Mitglied. Beides ist für EU-Bürger wurscht: Wir dürfen ja überall ein- und ausreisen. Und ob Kuna oder Euro ist auch egal - man muss halt mit sieben multiplizieren können. Denn die Kroaten sind stolz. Auch auf ihre Währung. Und nehmen deshalb in der Regel keine Euros an. Was aber auch wurscht wäre: Weil, ob ich keine Kuna oder keinen Euro in der Tasche … aber ich greife vor. Zurück zur Geschichte.
Als verwöhnter Mitteleuropäer bin ich gewohnt, statt Taschen voll Geld einfach eine Bankomatkarte dabei zu haben. Weltweit. Ob in einer Seitengasse eines kleinen Dorfes auf einer Insel vor Kambodscha, in einem Shoppingcenter in New York oder in Peking am Tienamen-Platz oder ener Skihütte in Island: Wo Bankomat, da Bargeld. Weltweit. In Landeswährung. Daran, wie mühsam das Leben mit Travellerscheck & Co einst war, erinnert sich heute kaum noch wer. Man fragt einfach den nächstbesten Passanten „ATM?“ - und folgt den Handzeichen. Fertig.
Natürlich haben das Gauner auch erkannt. Deshalb lernte ich diesen Winter das Wort „Geocontrol“ kennen: Um Missbrauch zu vermeiden, muss man seine Karte außerhalb Europas freischalten lassen. Ein Anruf oder Mail an den Bankbetreuer genügt. Fertig, die zweite.
Ich vermute, Sie erraten, wie es weiter geht: Ich hatte 100 Euro eingesteckt. Meine Freundin ebenfalls. Für fünf Tage Kroatien im Scher-dichum-nix-Resort sollte das reichen: Weil erstens Hotel. Zweitens Geldautomaten. Drittens Kreditkarten. Zusammen hatten wir zwei Bankomatkarten sowie drei Kreditkarten. Erster Stop war der Flughafen von Zagreb (wieso wir flogen? das wäre ein eigene Geschichte. Googeln Sie mal Zugsverbindungen von Wien nach Zadar …).
In der Abflughalle stehen drei Bankomaten. Jeder von einem anderen Institut. Alle spuckten meine Karte aus: „Magnetstreifen defekt“. Blöd, aber sowas passiert. Blöder, wenn es im Ausland passiert. Herzdame übernahm. „Magnetstreifen defekt“. Tags zuvor hatten unsere Karten noch funktioniert. Sowas passiert. Also Kreditkarten. Drei Automaten, drei Karten: „Magnetstreifen defekt“. Zufall. Ganz sicher.
Vielleicht war es der Standort. Zweiter Stop: Flughafen Zadar. Gleiches Spiel, gleiches Ergebnis. Bevor wir ins Resort kamen testete wir den ATM im Dorf: Same Story. Und um sicher zu gehen, dass es unsere Karten waren: Der Bankomat im Resort. Ergebnis: Erwartungsgemäß.
Keine Frage: 200 Euro Bargeld reichen für einen derart angelegten Trip locker. Trotzdem rief ich meinen Bankmenschen an. Bankmenschen lieben einfache Antworten - und die lautet zuerst immer: Der Kunde ist schuld. „Das muss an Ihrer Karte liegen.“ Und die meiner Freundin? „Ja, die ist vermutlich auch kaputt. Sowas kommt schon vor.“ Und die Kreditkarten? Alle gleichzeitig? „Äh, hm, ja - das ist außergewöhnlich, aber schon im Bereich des Möglichen. Aber ich frag mal die Kollegen.“
Fünf Minuten später der Rückruf: „Ja, da gab es in letzte Zeit vereinzelt Meldungen. Da dürfte es kurzfristig hin und wieder Probleme mit der Datenübertragung gegeben haben. Aber das sollte jetzt ausgeräumt sein.“ Ist es nicht. „Hm. Dann weiß ich auch nicht. Morgen sollte es aber wieder funktionieren.“
Ich erwähnte „Geocontrol“: Ob Kroatien auch auf der Liste stehe? Der Bankmensch (ich hatte seinem Namen bis dahin keine Herkunft zugeordnet) war nachgerade empört. Das war für ihn persönlich: „Selbstverständlich nicht!“ Pause. „Kroatien liegt schließlich in Europa!“ Mich juckte es jetzt: „Können Sie meine Bankomatkare bitte freischalten.“ Die Gegenfrage war ein Statement: „Was sollte das bringen? Das System ist nur für außerhalb Europas angelegt. Das Freiscalten macht keinen Unterschied.“ Ich: „Trotzdem. Bitte.“ Er, immer noch gekränkt: „Wenn Sie es unbedingt wollen…“
Am nächsten Tag stand ich wieder beim ATM. Einfach weil ich es wissen wollte. BINGO. Der Automat funktionierte genau so, wie es seine Brüder und Schwestern auf der ganzen Welt tun. Neben mir stand ein Familienvater aus Oberösterreich - und staunte: „Wie haben Sie das gemacht? Wir kriegen seit einer Woche kein Geld raus. Die Bank sagt, meine Karte sei kaputt gegangen. Meine Eltern schicken uns heute Geld …“
Um ganz sicher zu gehen, versuchten meine Freundin und ich dann auf der Heimreise alle Bankomaten noch einmal, die uns am Hinweg „abgeworfen“ hatten: Ich hätte mit meiner freigeschateten Karte an jedem Gerät problemlos Geld bekommen - sie mit ihrer nicht freigeschalteten an keinem einzigen. „Magnetkarte defekt.“ In Wien, am Airport, war ihre Karte dann plötzlich wieder intakt.
Mein Bankmensch schüttelte den Kopf: „Daran kann es aber wirklich nicht liegen. Das Eine hat mit dem Anderen nichts zu tun. Geocontrol ist nur außerhalb Europas aktiv.“ Ich verwies auf die Empirie mit meiner Karte samt der Gegenprobe mit der Karte meiner Freundin. „Ja, das glaube ich Ihnen ja. Aber trotzdem: Das System ist anders angelegt. Das muss wirklich ein blöder Zufall sein.“
So ganz wollte der Bankmensch an den wohl selbst nicht glauben. Aber Zweifel am System dürfen nicht sein: „Sagen Sie: Waren Sie ganz sicher in Kroatien - und nicht vielleicht doch außerhalb Europas…?“