Ich behaupte: Auch in Eurem Kasten liegt Sportgewand, das außer Herumliegen nichts tut. Anderswo wird es aber gebraucht. Dringend - und nicht zum trainieren.
Schämen, meinte Christoph, sei doch „zu hart“. Aber ein bisserl Zwicken dürfe es schon. Oder auffallen, dass das nicht stimmt. Denn ein bisserl mehr Empathie als ein Hydrant würde doch jeder von uns der Welt engegen bringen. Hoffentlich. „Schau mal in deinen Kasten. In das Fach mit den Lauf-Shirts. Wie viele liegen da drin - und wie viele ziehst du tatsächlich an? Und jetzt schau dir die Bilder der Menschen an, die in Traiskirchen nix – und dazu kein Dach über dem Kopf – haben. Klingelt´s?“
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Christoph hat natürlich recht. Natürlich. Dass es beschämend ist, wenn unmittelbar nebenan Menschen genau nix haben, während bei mir Originaletiketten am Leiberl Staub ansetzen, weiß ich eh. Das will ich nicht gesagt bekommen. Denn dann fühle ich mich erwischt. Ne, das ist nicht schön. Das stört meine schöne, heile Bobo-Welt. Die habe ich mir ja so schön eingerichtet - und das war nicht leicht. Rede ich mir selbst ein. Meine größte Sorge ist, mir den Kopf darüber zu zerbrechen, wo ich laufen will, um Spaß zu haben. Muss ich da wirklich dran denken, dass andere sich überlegen müssen, wohin sie rennen müssen (können?), um (hoffentlich) zu überleben? Das ist die böse Welt - die soll bitte nicht in meine Komfortzone. Mein Wohnzimmer. Mein Leben. Mein Laufen. Und an meine Laufsachen. Oder in meinen Kasten. Punkt.
Christoph kam mit der Brechstange: „Schau mal in deinen Kasten …“ Seine Eltern hatten einen Tag davor ihren Wagen mit lauter Zeug gefüllt, das bei ihnen nur herum lag - und anderswo dringend gebraucht wird. Keine Lauf- oder Sportsachen, aber 1001 andere Dinge. Damit fuhren sie nach Traiskirchen. An den Fotos, die Christophs Vater dort machte, komme ich nicht vorbei: Es sind keine „Profi“-Bilder, sondern Fotos, wie sie jeder machen würde. Wenn er nicht lieber wegschaut: Da sind keine Zahlen drauf - sondern Menschen. Menschen die nichts haben - außer überlebt: „Schau mal in deinen Kasten…“
Christoph sagt das nicht einfach ins Blaue - er hat sich erkundigt. Bei der Caritas. Dort sagte man ihm, dass genau das, was da in meinem Kasten - und ich unterstelle: auch in Eurem - nur herumliegt, derzeit dringend gebarucht wird: Shirts & Jacken. Vor allem für Männer und Burschen. Funktional oder nicht? Egal. Gebraucht - aber nicht zerrissen und grindig. Und: Sportschuhe - getragen, aber nicht zerstört.
Außerdem Sporttaschen. Rucksäcke: Im Erstaufnahmezentrum schleppen die meisten Flüchtlinge das Wenige, was sie besitzen in Nylonsackerln herum. Rucksäcke wären bloß praktischer, haltbarer und „würdevoller“. Und anderweitig nutzbar. Als Kopfpolster etwa.
„Schau mal in deinen Kasten…“ Ab hier wenden Christoph und ich uns an Euch: Wie viele Laufshirts braucht der Mensch? Wie viele Eurer Shirts & Jacken tragt Ihr eigentlich? Ist das sechste Nightrun-Leiberl so wichtig? Oder das Baumwoll-Teilnehmershirt vom Hintertupfinger Volkslauf, das Ihr nie anzieht? Es muss ja nicht das Finisher-Shirt Eures besten Wettkampfes sein - aber: Wäre Laufen ohne das Leiberl von der VCM-Staffel unmöglich? Wie sehr würde Euch die spontan gekaufte Oldschool-Trainingsjacke, die „falsch“ atmet und deshalb nur im Kasten lebt, fehlen ?
Oder Eure Sport- und Laufschuhe: Dass man den Schuh, mit dem einen schönen Halbmarathons lief, nicht wegschmeisst: verständlich. Aber: Tragt Ihr sie wirklich beim Spazierengehen? Oder die, mit denen Ihr Knie- oder Hüftschmerzen bekommen habt. Oder die, deren Farbe … und so weiter.
Und: Wie viele Sporttaschen verwendt Ihr tatsächlich. Also nicht bloß als Behälter für andere Sporttaschen und Stadtrucksäcke. Und jetzt schaut Euch bitte die Bilder vom überfüllten Erstaufnahmezentrum in Traiskirchen nochmal an.
Das möchte ich Euch jetzt an den Kopf knallen. Auch - und gerade - auf die Gefahr hin, dass ich Euch die Freude an der First-World-Sport-Komfortzone vergälle: Das ist volle Absicht. Weil Christoph und ich jetzt etwas von Euch wollen: Das, was bei Euch herumliegt - und anderswo fehlt. Sagen nicht wir - sondern die Profis von der Caritas.
Wir helfen nicht nur den Flüchtlingen, sondern Euch: Wenn Ihr mitspielt, habt Ihr ab Montag wieder mehr Platz für neues Zeug. Alles, was Ihr tun müsst: Am Sonntag in den Prater kommen. Da (am 26. Juli) stehen wir zwischen 16 und 18 Uhr bei der „Sportleroase“ an der Prater Hauptallee - also an der mit Auto, Öffis und Rad gut erreichbaren Ecke Meiereistraße/Hauptallee. Und nehmen Euch genau das ab: Shirts, Schuhe, Taschen.
Natürlich wollen wir Euch nicht zwingen, am Sonntag zu uns zu kommen: Ihr dürft Euch auch selbst schlau machen. Was wo wie wann von wem gebraucht wird: Das ist gar nicht so schwer. Denn: Wenn wir das können, könnt Ihr es auch. Und Organisationen, die Euch da mit Logistik, Zugängen und Themen helfen, gibt es viele. Ihr müsst nur aufstehen - und Euch einen Ruck geben. Zum Beispiel, indem Ihr in euren Kasten schaut.