Alles ist so vorhersehbar, alles ist so langweilig: Wer darauf hinweist, dass Wähler eine bewusste politische Entscheidung getroffen haben, dass sie in zwei Bundesländern einer Partei ihre Stimme gegeben haben, deren jeweilige Spitzenkandidaten dem neu-rechten „Flügel“ angehören, und damit nicht nur die Fragen, die diese stellen, sondern auch die Antworten, die sie geben, für die richtigen halten, wer zwar einerseits keine große Lust verspürt, mit Rechten zu reden, andererseits aber ihnen den öffentlichen Palaverraum nicht kampflos überlassen möchte, der darf sich darauf gefasst machen, als Hetzer, ja Volksverhetzer gebrandmarkt zu werden, denn nichts trifft Anhänger einer – in meinen Augen – faschistischen Ideologie so sehr wie der Hinweis auf die Konsequenzen ihres politischen Handelns. Dass diese Abwehr erwartbar gewesen ist, macht sie so unendlich langweilig.
Und ebenso erwartbar ist die Reaktion auf den Witz einer Komikerin, die absurderweise vorgeschlagen hat, Zitronensäure über Sachsen zu versprühen, damit es weniger braun werde, und, falls das nicht helfen sollte, Napalm. Diese Pointe eines grotesken Vorschlags nahm die in Sachen der Kunstfreiheit recht eigenwillige Politikerin Vera Lengsfeld, welche in allen drei Parteien, deren Mitglied sie war (SED, Grüne, CDU), keine anderen Gefühle hinterlassen haben muss als das der Erleichterung, wenn sie diese verließ, zum Anlass, unter der Überschrift „Napalm auf Sachsen“ in den Plapperzonen des Internets tausenden Maulhelden aus Sesselpupistan die Gelegenheit zu geben, sich an dieser Komikerin abzuarbeiten. Erwartbar, vorhersehbar, langweilig, und weil die AfD vernarrt ist in die sehr deutsche Interpretation der Opferrolle, wiederholte der Landesverband Sachsen dieser Partei die Nazilüge von den „Hunderttausenden“ Opfern der Bombardierung Dresdens, weswegen der Witz ein besonders furchtbarer sei. Wer würde sich mit solchen Leuten – die zudem verschweigen, dass das Chaos am 13.2.1945 den wenigen überlebenden dresdner Juden das Leben rettete – freiwillig befassen wollen?
Weil alles in der Grauzone von Konservatismus, Neurechtsismus, Faschismus so erwartbar und öde, so erwartbar öde sich verhält, hört man bereits von ersten Bündnissen zwischen CDU und AfD auf vorerst lokaler Ebene. Wurde nicht auch Hitler als Führer einer Koalition aus Konservativen und Nazis ins Kanzleramt gehievt? Aber, keine Angst, der ist ja bereits tot.
Und weil in dieser Grauzone alle deutsch denken, aber erhebliche Probleme haben, sich in dieser Sprache auszudrücken, drückt es der Ziegenzüchter Kubitschek in seiner bekannt verschwurbelten Sprache aus, dass er sich auf die Zukunft freut wie ein Schneekönig: „Das, was in Sachsen und Brandenburg auf die Beine gestellt wurde, (...) ist im Westen Deutschlands schlechterdings nicht vorstellbar. (…) Daher lautet der Rat, der wie ein Mantra wiederholt werden muß: den Osten ins Horn stoßen lassen, den Westen mit feinen Flöten einstimmen und dort auf jene kalten Duschen hoffen, die den Osten so aufgeweckt zurückließen. (…) Ja, es ist tatsächlich fast alles vorhanden für eine politische Wende in Deutschland: Wähler, Unmut, Konturen eines Programms, Mandatsträger auf allen Ebenen, eine ins Tausend gehende Mitarbeiterschaft, ein sich ausdifferenzierendes Vorfeld, Theorie, Bücher und Zeitschriften, Initiativen, Stiftungen, Begriffe, vorzeigbare Gesichter. Wenn der nächste gewaltige kalte Realitätsschock in die Deutschen fährt, wird es für den Unmut ein sehr viel besser und breiter angelegtes Auffangbecken geben als noch vor vier oder fünf Jahren. (…) Geduld also, Geduld, Geduld und nochmals Geduld. Es wird langsam gebohrt, das wissen wir doch alle.“ Sie stoßen ins Horn, stimmen ein mit feinen Flöten und hoffen im Auffangbecken auf kalte Duschen. Sie wollen an die Macht und rechnen sich gute Chancen aus. Sie begreifen sich als Elite, die dem Mob die Hand reicht.
Sie sind langweilig, aber ehrgeizig.
Arbeiten wir daran, dass ihre Geduld nicht belohnt wird.