Am 4.4.2012 veröffentlichte die FAZ ein Gedicht von Günter Grass („Was gesagt werden muss“), in dem dieser sein „Schweigen“, sein „allgemeines Verschweigen“ der Tatsache, dass Israel „wachsend nukleares Potential“ besitze und damit als „Atommacht (…) den ohnehin brüchigen Weltfrieden“ gefährde, zähneknirschend beklagte, sich dann aber mannhaft zusammenriss und sagte, „was gesagt werden muss“: Israel, erfahren wir also, hat die Atombombe, oh weh! Wie Indien, wie Pakistan auch, wie Russland, die USA, China und Frankreich, doch all diese Länder erwähnt Grass nicht, gefährden doch nicht sie den Weltfrieden, sondern Israel. Aber nicht nur dies bringt Grass zum Brechen seines Schweigens: Weil Deutschland „ein weiteres U-Boot nach Israel“ liefern will, sieht er „uns“ („als Deutsche belastet genug“ (die, weil sie Juden ermordet haben, nun die Juden vom Morden abhalten müssen)) als „Zulieferer eines Verbrechens“, sieht „unsere Mitschuld“ und kann daher nicht mehr anders: „Ich schweige nicht mehr“ (es ist etwas redundant, dieses Poem), denn zu lange musste diese „vom Wahn okkupierte Region“ darauf verzichten, in Grass‘ Lyrik aufzutauchen. Sprachlich nicht mehr als in Zeilen gebrochene Prosa, inhaltlich wirr: Grass, der erst im Alter zugab, bei der Waffen-SS mitgeschossen zu haben, macht aus dem kleinen Staat der Juden nichts weniger als den Weltfriedensgefährder, dem er gerne untersagen möchte, sich zu verteidigen.
Fast genau 12 Jahre später veröffentlichte das deutsche Dieter- und Dichterduo Dehm / Hallervorden mit „Gaza Gaza“ ein weiteres Gedicht zum Thema. Anders als bei Grass bemühen sich die beiden um Metrum und Reim, auch wenn diese Bemühungen oft scheitern: „Bart“ reimen sie auf „zarten“, „sein“ auf „erscheint“, um dann mit einer rhetorischen Frage zu schließen: „Und das soll kein Völkermord sein?“ Natürlich ist es schwer zu loben, dass sich die beiden Talente aus dem Land der Völkermörder wieder am Thema Israel versuchen, schaffen sie es doch, die Grasssche Wirrnis noch zu übertreffen: Gazas „zerfetzte Glieder“ bringen nichts hervor außer neuer Gewalt, „die Macht, die die Bestien schafft,“ soll sich nicht wundern, wenn aus dem „Albtraum für Generationen“ nichts entsteht außer „aus Ohnmacht brodelnde Kraft.“ Hier die böse „Macht“ (Juden), dort die hilflose „Ohnmacht“, der nichts anderes bleibt, als auf die ihr angetane Gewalt mit Gegengewalt zu reagieren. Es handelt sich anscheinend um den Versuch, die Schlagzeile der „jungen Welt“ zum 7. Oktober („Gaza schlägt zurück“ ) ästhetisch auszuschmücken.
Sei es nun die zerhackte Prosa des Sozialdemokraten Grass, seien es die holpernden Verse des FDP-Anhängers Hallervorden, die beiden Texte zeigen vor allem eines: Antisemitismus in Deutschland ist nicht nur rechts- oder linksextremistisch oder islamistisch, er ist vor allem universell. Und sehr deutsch.
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Und Israel? Günter Grass schrieb, was er schreiben zu müssen meinte, 2012. 2015 starb er, Israel überlebte ihn und es steht zu hoffen, dass dieser Staat auch die Dieters (*1935 resp. *1950) überleben wird. Den Weltfrieden gefährden eh andere.