"Bevor die Deutschen sich gegen ihre Feinde wehren können, müssen sie erstmal ihre Verräter loswerden." Das ist ein ganz gewöhnlicher Satz aus einem Leserkommentar auf der "Achse des Guten". Es geht darum, dass der Leser beobachtet haben will, dass viele "deutsche Frauen" mit "muslimimischen Männern" liiert seien (ich setze die Anführungszeichen, weil nicht davon auszugehen ist, dass er alle Paare nach ihrer Nationalität oder ihrer Religion gefragt hat). Sein Fazit: "Wir werden also ohne Gegenwehr erobert." Seine Forderung: siehe oben. Und dieser Text erschien wohlgemerkt nach dem Mord an Lübcke.

In seiner Fokussierung auf ein - zweifelsohne völkisches - "wir", das die freie Partnerwahl "unserer" Frauen ebensowenig dulden will wie die Existenz von „Verrätern“, zeigt dieser von den Moderatoren nicht gelöschte Text exemplarisch, was in einem sich rapide faschisierenden Europa mittlerweile wieder alles gesagt werden kann. Ich schlage für diese Art des Schreibens, die man in unzähligen Beispielen auf rechten Blogs oder auf Facebook oder Twitter nachlesen kann, wenn man denn - ich neige immer weniger dazu - Zeit und Nerven genug hat, den Begriff UFA vor, Unbezahlte FaschisierungsArbeit.

Warum aber wird sie so häufig geleistet?

1.These: Man will einfach dabei sein. Man ahnt, dass da was Großes entsteht, dass es durchaus realistisch ist, dass die AfD an einer Regierung beteiligt wird und in Deutschland eine ähnliche Entwicklung eintritt wie in Österreich oder Italien. Wer da zu spät kommt, kann später nicht sagen, er sei von Anfang an dabeigewesen.

2.These: Rassistischer Messianismus. Man weiß, anders als die "Gutmenschen" und "Bahnhofsklatscher", dass Migration die Wurzel aller gesellschaftlichen Übel ist. Daher wiederholt man diese Behauptung so oft es geht und weiß sich damit sogar in Gesellschaft des derzeitigen "Heimatministers".

3.These: Selbstvergewisserung fragiler Ichs. Jede Erzählung über Fremde ist immer auch und vor allem eine Erzählung über das "Eigene", das eben nicht so ist - nicht gewalttätig, nicht "patriarchalisch geprägt", nicht "tribalistisch" oder wie auch immer die entsprechenden Begriffe lauten. Das stärkt gerade diejenigen Menschen, die ihre eigene Existenz als krisenhaft empfinden und sich nun erleichtert bestätigen: "Immerhin bin ich kein Moslem."

4.These: Sublimation des Hasses. Weil ihnen der Mut und die Mittel fehlen, ihren Hass in die Tat umzusetzen, machen sie ihren Vernichtungsphantasien eben auf diese Weise Luft: "19. August 2019 at 19:32 Wenn Köln im Meer versinkt, mache ich ne Flasche Champagner auf. Kölle allaaf, zu den Fischen mit euch Idioten!" (gerade auf pi-news und noch eines der harmloseren Beispiele). Könnte man für harmlos halten, ist es aber nicht. Je normaler der rechte Hass in der Öffentlichkeit wird, um so leichter wird es für fragile Ichs, sich an der UFA zu beteiligen.

5.These: Hoffnung auf Anerkennung. Wenn es einer wie der Don Alphonso hinter die paywall von welt.de geschafft hat, könnte mir es dann nicht auch gelingen? Wer träumt nicht davon, vom Troll zum Blogger aufzusteigen und irgendwie benötigt die UFA ja viele fleißige Schreibhändchen, die Memes und fake-news weiterverbreiten, oder?

Gegen die UFA hilft wohl allein, ihren Arbeitern deutlich zu machen, dass sie nicht allein sind auf der Welt: Anti-UFA bleibt Handarbeit an der Tastatur.

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corpusdelictum

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