"Wie wenn der weiße Hai kommt", klinge, so meint der Orchestermusiker in Patrick Süskinds Monodrama "Der Kontrabaß", das Vorspiel zur "Walküre". Diese Assoziation ist so neu nicht, auch Adorno verwies auf die Nähe der wagnerschen zu kommerzieller Musik. Ob dies der Grund ist, dass sich seine Opern immer noch so großer Beliebtheit erfreut, dass auch dieses Jahr wieder zahlreiche Prominente nach Bayreuth zu den Festspielen reisen? Oder ist es schlicht deswegen, weil's andere Promis auch tun und Ricarda Lang dort nicht fehlen darf, wo sich Claudia Roth und Markus Söder ebenfalls blicken lassen? Wollen sie sich einfach am Anblick dessen erfreuen, was Steuergelder zum Amüsement der herrschenden Klassen beitragen können? Oder ist es für sie nicht mehr als eine lästige Kulturpflichtübung wie für die Offiziere der Wehrmacht, die während des Pausemachens vom Völkermorden reihenweise einnickten?

Und damit bin ich bei dem Problem, das über Wagners Schnapsidee vom "Gesamtkunstwerk" oder seinen Irrglauben, Musik könne durch Leitmotive gleichsam erzählen, hinausgeht: Seinen elsässerisch gleißenden Antisemitismus, der dazu führte, das man seine Werke in Israel einfach nicht aufführen mag. Man begreift dort sehr gut, dass dieser Komponist, auf den Deutschland so stolz ist und war (lesen Sie mal ein Lexikon von 1900, da gilt er als Gipfel der Tonkunst), dass es den Wunsch nach der Verstetigung seines Wirkens begeistert bezahlte und immer noch erfüllt, das deutsche Menschheitsverbrechen ideologisch vorbereitet haben könnte.

Darauf weist auch das Bündnis "Festspieldämmerung" hin, das von linken Student*innen in Bayreuth initiiert wurde. Doch befremdet nicht nur, dass dieses Bündnis, so behauptet zumindest ein "Johannes Nepomuk" in der "jungen Welt", sich solidarisch mit Palästina erklärt habe ("Sekt trinken und Wagner hören, während in Gaza die Bomben fallen", sei Ausdruck einer "Doppelmoral" ), denn Wotans Schöpfer hätte, jede Wette, auf der Seite der Hamas gestanden, sondern mehr noch der Slogan "Klassenkampf statt Wagnerkult". Denn was ist der Festspielaufmarsch von Söder, Lang etc. anderes als Klassenkampf von oben in all seiner Scheußlichkeit? Wo gibt es die "Eure-Armut-kotzt-uns-ebenso-an-wie- eure-devote-Neugier"-Haltung der Besitzenden deutlicher - sieht man mal von Lindners Porschehochzeit auf Sylt ab - zu bewundern als in Bayreuth? Daher sollten die Festspiele weiterhin stattfinden, bis die "abortschüsselartigen Weltverhältnisse" (R. Wolf) abgeschafft sind. Mal sehen, was mit Wagners Mucke dann passiert.

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GansNetter

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berridraun

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Aron Sperber

Aron Sperber bewertete diesen Eintrag 29.07.2024 16:37:46

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