"Holen wir uns unser Österreich zurück!" Dieses FPÖ-Motto des BP-Kandidaten Walter Rosenkranz ist kein harmloses Bekenntnis eines "Musikers, Jägers und Mitglieds der freiheitlichen (sic!) Feuerwehr" (in dieser Reihenfolge aufgezählt von FParteiobmann Herbert Kickl), sondern eine gefährliche Drohung! Diese Parole impliziert:
Österreich ist ein Besitzstand der im Nationalrat vertretenen Parteien, und die FPÖ erhebt den Anspruch, sich diesen Besitz (nach dem Rauswurf aus der Regierung 2019) wieder zurück zu holen. "Holen wir uns unser Österreich" sagt nicht der BP-Kandidat als "Stimme des Volkes" sondern ein eingefleischtes, langjähriges, Mitglied der FPÖ, derzeit auf einem hochbezahlten Versorgungsposten als Volksanwalt. Dafür kassiert er seit drei Jahren ein Salär von 14.500 Euro, 160 Prozent eines Nationalratsabgeordneten pro Monat. Ein wirklich selbstloser Einsatz für das Volk, unter Verzicht von ein paar Tausendern pro Jahr, denn als FPÖ-Klubobman hatte Rosenkranz Anspruch auf 170 Prozent der Nationalräte.
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"Er ist ein Freiheitlicher mit Leib und Seele der überparteilich denkt", so Kickl über Rosenkranz. Was sich der BP-Kandidat so alles "überparteilich" denkt, wird wohl ewig sein Geheimnis bleiben, denn bislang hat er es den Wählern noch nicht verraten. Ganz ganz wichtig ist für den FP-Chef, der sich seinen BP-Kandidaten offenbar nach der Schablone des recht erfolgreichen Norbert Hofer ausgewählt hat, der Hinweis: "Rosenkranz verteidigt die Grund- und Freiheitsrechte bei seiner täglichen Arbeit in der Volksanwaltschaft, in einem ganz ganz tiefen, ganz ganz intensiven, ganz ganz direkten Kontakt mit den Bürgern. Das ist hautnahe Politik." Erste Medienberichte beweisen, dass das Label "Volksanwalt" ganz ganz toll angekommen ist.
Die Volksanwaltschaft als Ombudsrat zur Kontrolle der öffentlichen Verwaltung und zum Schutz der Menschenrechte ist grundsätzlich eine gute Einrichtung, die allen Menschen bei Problemen mit Behörden kostenlos zur Verfügung steht und jährlich darüber Berichte vorlegt, zuletzt am 4. Mai 2022.
"Die Volksanwaltschaft ist in Ausübung ihres Amtes unabhängig", schreibt die Verfassung vor (B-VG 148 a (6)). Im Verfassungsabschnitt "Volksanwaltschaft", der 1982 beschlossen wurde (BVG 148 a-j), haben die damaligen Parteien SPÖ, ÖVP und FPÖ aber auch schon festgeschrieben, dass niemals parteifreie Volksanwälte diese wichtige Aufgabe übernehmen werden, sondern ausschließlich Parteikader - wenn diese Verfassung nicht geändert wird in alle Ewigkeit!
Der Artikel B-VG 148 g (2) im Wortlaut: "Die Mitglieder der Volksanwaltschaft werden vom Nationalrat auf Grund eines Gesamtvorschlages des Hauptausschusses gewählt. Der Hauptausschuss erstellt seinen Gesamtvorschlag bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte seiner Mitglieder, wobei die drei mandatsstärksten Parteien des Nationalrates das Recht haben, je ein Mitglied für diesen Gesamtvorschlag namhaft zu machen. Bei Mandatsgleichheit gibt die Zahl der bei der letzten Nationalratswahl abgegebenen Stimmen den Ausschlag. Die Mitglieder der Volksanwaltschaft leisten vor Antritt ihres Amtes dem Bundespräsidenten die Angelobung." (Siehe: Artikel B-VG 148 a-j im Wortlaut.)
Neben dem blauen Langzeitfunktionär Rosenkranz haben zuletzt der tiefschwarze Werner Amon, der am 5. Juli 2022 als Landesrat nach Graz gewechselt ist, und der tiefrote Gewerkschafter Bernhard Achitz bewiesen, dass sich die Parteien mit der Volksanwaltschaft Pfründe geschaffen und gleich und in der Verfassung verankert haben, um sich die Republik aufzuteilen. Diesen Anspruch erheben die Parteien bei allen Staatsämtern bis hinunter zu den Bürgermeisterposten, in den Beamtenapparaten, und nicht zuletzt bei den Wirtschaftsbeteiligungen unserer Republik, für die jede Regierung seit 30 Jahren eine spezifische Konstruktion zur Versorgung eigener Parteimitglieder geschaffen hat (von der ÖIAG über ÖBIB zur ÖBAG). Wenn die FPÖ, die Partei der zu kurz gekommenen, sich nun "uns unser Österreich" zurückholen will, dann meint sie genau diese Posten und Pfründe, von denen sie nie genug bekommen kann, sobald sie irgendwo an den Hebel der Macht kommt.
Dies sind die zentralen Missstände unseres Landes, warum ich für eine grundlegende Reform und Neugestaltung unserer Verfassung plädiere. Als Bundespräsident, der für die Angelobung der Beamten zuständig ist, würde ich Postenschacher und Freunderlwirtschaft beenden. Alle, die sich so gern in eigener Unwissenheit suhlen und mich nun belehren werden, dass der BP diese Komptenzen gar nicht habe, darf ich das Buch von Adamovich u.a. "Der Österreichische Bundespräsident. Das unterschätzte Amt" empfehlen.
P.S. Als kleine Draufgabe hat Kickl auch gleich alle souveränen Menschen, die in den vergangenen zwei Jahren österreichweit in hunderten Demonstrationen ihren Willen kund getan haben, und von dutzenden unabhängigen Menschen organisiert wurden, für die FPÖ vereinnahmt. Laut Kickl war sein BP-Kandidat "auch Seite an Seite mit Hunderttausenden dabei, als wir auf der Straße eine Protestbewegung angeführt haben gegen die unverhältnismäßigen und totalitären Covid-Maßnahmen der Bundesregierung und er hat natürlich auch mitgeholfen den großen Erfolg zu erzielen, dass wir die Impfpflicht kippen konnten."