Ich kann mich nicht entsinnen, dass Texte von ihr in den Lesebüchern meiner Gymnasialzeit zu finden waren: Hilde Spiel (1911 - 1990). So hab ich nie eine Zeile von ihr gelesen, bis ich kürzlich im Antiquariat auf ihre „Erinnerungen 1911 – 1946“ (erschienen 1989) gestoßen bin. Der Titel „Die hellen und die finsteren Zeiten“ erinnert wohl nicht zufällig an die Memoiren von Bruno Kreisky (1911 – 1990) „Zwischen den Zeiten“, die den gleichen Zeitraum umfassen (erschienen 1986). Der direkte Vergleich gelingt nicht ohne ein Klischee zu bemühen: hier die sensible, bürgerliche Schriftstellerin, die nach dem Brand des deutschen Reichstages der SDAP beitritt, und die Zeitgeschichte in selbst erlebte Geschichten einbettet; ihr erster Roman erschien am Tag des Reichstagsbrandes (S. 98). Da der bürgerliche Politiker, der die Sozialdemokratie in früher Jugend für sich entdeckt und seiner Mission folgt, an der Geschichte der Arbeiterbewegung mitzuschreiben. Der größte Unterschied der beiden überzeugten Sozialdemokraten steckt jedoch in der emotionslosen Abkürzung SDAP für Sozialdemokratische Arbeiterpartei, die Spiel ständig, Kreisky nie verwendet.

An Bruno Kreisky erinnert sich Hilde Spiel nur in zwei Randbemerkungen. Nicht nebenbei, aber ohne Absicht setzt die Autorin einem ihrer Lehrer ein beeindruckendes Denkmal: Moritz Schlick (1882 – 1936). Ein Denkmal, das man mit Absicht setzt, ist schwer, aus Marmor oder zumindest aus Bronze. Das Denkmal Schlicks weht jedoch wie ein Windhauch durch das Buch ihrer Jugenderinnerungen. Es ist kein Klischee, wenn ich behaupte: dieses Denkmal zieht wie ein Geist durch sein Schloss!

Österreichische Nationalbibliothek commons.wikimedia.org/wiki/File:Schlick_sitting.jpg

Originalzitate - Hilde Spiel über Moritz Schlick - siehe thurnhoferCC

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