"Sollte der Präsident trotz Amtsbonus deutlich unter 60 Prozent Zustimmung bleiben, wird das seine Autorität nicht stärken. Heinz Fischer kam bei der Wiederwahl auf 79,33 Prozent", so die Kurier-Chefredateurin Martina Salomon. Ihr Gesinnungsgenosse von den weltberühmten "Vorarlberger Nachrichten" hätte anstelle einer Wahl lieber gleich einen "Notariatsakt" gehabt, um VdB in die zweite Periode einzuführen.
Kurier, kurier.at
Die jüngste Umfrage, die der Kurier in Auftrag gegeben hat, brachte folgendes Ergebnis: VdB 58%, Rosenkranz 16%, Tassilo Wallentin 9%, Dominik Wlazny 8%, Gerald Grosz 5%, Michael Brunner 3%, Heinrich Staudinger 1%. "Gar nicht arschnapp" werde das Ergebnis ausfallen, so der Kurier.
In dem Punkt kann ich zustimmen, das Wahlergebnis wird nämlich ein Erdrutsch für VdB, und zwar ein deutlicher Rutsch unter die 50-Prozent-Grenze. Hier meine Prognose.
Die Ausgangslage:
- Bei seiner Wiederwahl erlangte BP Heinz Fischer (SPÖ) 79,33% (2,5 Millionen Stimmen). Er hatte zwei Gegenkandidaten: Barbara Rosenkranz (FPÖ) 15,24% und Rudolf Gehring (CPÖ) 5,43%. Die Wahlbeteiligung lag bei 53,6% !! 3.404.646 Österreicher gaben ihre Stimme ab, davon waren 242.682 ungültig.
- Beim ersten Durchgang der Wahl 2016 erlangte VdB 21,34% bzw 913.218 der gültigen Stimmen.
- Bei der Wiederholung des 2. Durchgangs errang VdB 53,79% bzw 2,47 Millionen gültige Stimmen.
- Die Wahlbeteiligung beim letzten Durchgang lag bei 74,21%, die Anzahl der gültigen Stimmen lag bei 4.597.553.
Die Prämisse:
- Die Wahlbeteiligung 2022 wird unter der Wahl 2016, aber über der Wahl 2010 liegen. Schätzung: es wird 4 Millionen gültige Stimmen geben.
Der Ersatzkaiser:
- Das ureigene Potenzial von VdB liegt bei 1 Million. Von seinen Wählern 2016 werden viele abfallen, aber viele eingefleischten Anhänger der neosgrünen SPÖVP werden wieder ihren Verbündeten VdB wählen. Diese Verfechter und Profiteure der Einheitspartei sind nicht mehr als eine Million, davon die Schnittmenge mit den verbliebenen ureigenen VdB-Wählern ergibt in Summe 1,5 Millionen. Viele der Erstwähler, die bei der Schlusswahl 2016 ein entscheidendes Schärflein zum Endergebnis beigetragen haben, werden auch diesmal wieder von den systemabhängigen Lehrern in Richtung VdB gelenkt werden. Doch diesmal geht die Rechnung nicht auf, denn es gibt deutlich attraktivere Angebote für Jugendliche. Im Segment der Pensionisten, insbesondere der +/- 80er, wird die Mehrheit für ihren Altersgenossen stimmen. Das ist psychologisch nahe liegend. Dazu kommen Österreicher, die immer noch den ORF als wichtigste Informationsquelle nutzen und dessen Berichterstattung für "objektiv" halten. Nicht zuletzt der "Präsidentenbonus" und 2,1 Millionen Euro Werbebudget, davon 1,5 Millionen von den Grünen.
(Über Wahlkampfbudgets der Kandidaten siehe oe24)
- Allerdings sind da noch die Menschen, die infolge von Corona, Inflation und Willkürherrschaft auf die Regierung sauer sind und ihren Unmut an VdB auslassen werden. Damit rutscht VdB unter die 50-Prozent-Schwelle auf 49 Prozent.
Die Herausforderer:
- Michael Brunner: nach dem Wahlflop in Tirol, wo die MFG den Einzug in den Landtag verfehlt hat, und dem Austritt des Bundesgeschäftsführers Gerhard Pöttler eine Woche vor der BP-Wahl ist das Strohfeuer der MFG so gut wie erloschen. Der Anwalt Brunner, der sich in der Wahl als "Anwalt des Volkes" ausgegeben hat, aber offenbar bei seiner Entscheidung zur Kandidatur nicht einmal mit dem eigenen Partei-Volk geredet hat, wird dank seiner konsequenten Anti-Corona-Haltung immer noch auf 3 Prozent kommen.
- Gerald Grosz: Als Medienprofi matcht sich Grosz mit Wallentin, als Rhetorik-Rocker mit Pogo und als ex-FPÖ-Mitglied (im Geiste immer noch tief der FPÖ verhaftet) mit Rosenkranz. Das Klientel, das Grosz von diesen Mitbewerbern abzieht, wird nicht mehr sein, als das Klientel, das diese Mitbewerber von ihm abziehen. Ein Nullsummenspiel. Bleibt die Wirkkraft der Fellner-Medien und seiner SM-Aktivitäten, die bei weitem nicht mit der Reichweite der Dichand-Medien (Krone, Krone-Hit, Heute) mithalten können. Grosz wird daher hinter Wallentin aber vor Wlazny landen, im Ergebnis: 6,5 Prozent.
- Walter Rosenkranz: Im Vergleich zu Norbert Hofer anno 2016 wirkt Rosenkranz im Wahlkampf blass. Sein Konter auf die Nazi-Nähe, die unsere Journaille jedem FP-Spitzenkandidaten andichtet, war äußerst schwach. Ein Werbebudget von bislang 2,2 Millionen Euro, Gratsiswerbung im ORF und die Mobilisierungskraft der FPÖ werden aber reichen, dass Rosenkranz die 25-Prozent-Marke knackt.
- Heinrich Staudinger: der Unternehmer, der bewiesen hat, dass er dem System Paroli bieten kann (Kampf gegen die Finanzindustrie und damit Initialzündung für die Einführung eines Crowd-Funding-Gesetzes in Österreich) hat sich als schwächster Wahlkämpfer in der Runde der Herausforderer bestätigt. Sein später Start und die persönliche Unterstützung von VdB bei der Wahl 2016 machen ihn bei vielen seiner Fans unglaubwürdig. Mit seiner Zeitung "Brennstoff" erreicht er seit 2005 bei einer Auflage von 90.000 rund 200.000 Abonnenten vier mal jährlich. Brennstoffleser, einige Waldviertler Fans und jene, die "nix Besseres" im Angebot der Kandidaten gefunden haben, ergibt ein Potenzial von 120.000 Stimmen, ex aquo mit Brunner 3 Prozent.
- Tassilo Wallentin: Der Kandidat der Krone tritt als Anwalt gegen Brunner an und als Kandidat der "Krone" gegen den Kandidaten jenes Schmierblatts, das mit jeder Ausgabe den Namen unserer Republik besudelt. Die finanzielle Power, das Netzwerk und die Auflage der "Krone"sind deutlich umfangreicher und stärker, als jene des Konkurrenten. Auch wenn die "Krone" ihren Tassilo bekannt gemacht hat (2 Millionen Leser der Sonntagskrone, wo der "Journalist" seit zehn Jahren seine Kolumnen veröffentlicht), so lässt sie ihn kurz vor der Hofburg doch im Regen stehen. Damit ist Wallentin ein Einzelkämpfer geblieben. Ergebnis: 8 Prozent.
- Dominik Wlazny: Der politisch dümmste Kandidat aller Zeiten (was nicht ausschließt, dass er fähig war, sich medizinisches Wissen anzueignen) wird von vielen seiner Fans, die Marco Pogo auf dem Stimmzettel suchen, nicht gefunden werden. Dass Pogo/Wlazny vom "Standard" zum politischen Innovator schön geschrieben wurde, wird ihm bei der Wahl nicht viel helfen. Standard-Leser sind VdB-Wähler. So wird Pogo mehr Stimmen an Grosz verlieren als Grosz an Pogo. Sein Potenzial - Hardrock-Fans und Freibier-Fans - liegt nicht über 50.000. Dazu kommt aber seine "Öffentlichkeitswirksamkeit", die der ORF erfunden und gepusht hat. Ergebnis: 5,5 Prozent.
Diese Prognose ist natürlich - so wie jede Prognose der Meinungsforscher - reines Wunschdenken. Als Rationalist brauche ich für so eine Prognose im Unterschied zu den Empiristen in den Medien und Politbüros allerdings keine aufwändige Umfrage. Jede Meinungsumfrage wird schon allein durch die Fragestellung und die Auswahl der Stichprobe in die eine oder andere Richtung gelenkt. (Vergleiche Umfragen von Fellners oe24 und profil/Kurier/Heute (Alle Umfragen siehe kontrast.at )
Dass jedes Ergebnis einer Umfrage (ebenso wie jeder Studie) von den Wünschen des Auftraggebers abhängt, ist mittlerweile hinlänglich bekannt. Prinzipiell versuchen Meinungsumfragen die Zukunft vorher zu sagen. Diese Versuche sind zum Scheitern verurteilt, denn jede Gesellschaft besteht aus komplexen, teilweise chaotischen, teilweise geregelten, immer aber von vielen Seiten manipulierten Systemen. Solche Systeme in Systemen sind grundsätzlich nicht exakt vorhersagbar. Bestenfalls kann eine relativ schwammige Aussage getroffen werden wie: "die Masse der Menschen ist träge". Für diese Aussage gibt es aber im Unterschied zur Physik keine Formel, mit der man das Trägheitsmoment der "Masse Mensch" exakt berechnen könnte.
Meine Prognosen basieren auf einer relativ hohen Wahlbeteiligung. Sollte die Anzahl der gültigen Stimmen wie 2010 auf 3 Millionen sinken, dann würde das VdB begünstigen. Dann dürfen die Medien mit ihrer massiven VdB-Propaganda unisono mit der neosgrüne SPÖVP Einheitspartei über ihren Scheinsieg jubeln. Dann könnte VdB schon im ersten Durchgang mit knapp über 1,5 Millionen Wählern die "absolute" Mehrheit knacken. Die tatsächliche Mehrheit von rund 3 Millionen Nichtwählern würden die Medien dann umgehend unter den Teppich kehren und aktiv dafür sorgen, dass darüber niemand spricht, geschweige denn diskutiert, welche Bedeutung so ein Wahlverhalten für die Demokratie hat. Wer immer diese Wahl gewinnt, eine hat schon gewonnen: die Post AG. Wer immer die Wahl verliert, eine verliert immer: die träge Masse.