Nun erklären uns die Parteien der Reihe nach, mit welcher Partei sie nach der Wahl garantiert keine Koalitionen bilden werden. Dies ist nicht nur überflüssig, es ist eine Missachtung des Volkes und fundamental undemokratisch. Denn jeder Politiker, der das Prädikat „demokratisch“ verdient, kann immer erst nach einer Wahl – nachdem das Volk entschieden hat und die neuen Mehrheitsverhältnisse klar sind – entscheiden, ob und mit wem er zusammenarbeiten soll!
Ist dann die Wahl geschlagen, so wird ein paar Monate die Frage medial breitgetreten, wer mit wem kann. Kein Journalist stellt die Frage, wer mit wem soll – nämlich aufgrund des Wahlergebnisses, nicht aufgrund der Befindlichkeiten und des subjektiven Wollens einzelner Apparatschiki unterschiedlicher Parteien.
Wann werden die Parteien endlich diesen Grundsatz verstehen: Die Parteien sollen VOR der Wahl entscheiden, was sie WOLLEN, und das ihren potenziellen Wählern kommunizieren. Nach der Wahl haben sie zu tun, was sie SOLLEN. Und das ergibt sich schlicht und ergreifend aus den Mehrheitsverhältnissen.
Und dann: sobald eine Regierung steht – buchstäblich in der Stunde – beginnen die Spekulationen der Medien darüber, wie lange sie halten wird. Und diese Spekulationen sind dann bis zu den regulären oder vorgezogenen Neuwahlen der Hauptinhalt der Medien, zumindest der Leitmedien, die als 4. Macht endgültig abgedankt haben. Der Hauptgrund ist nicht, dass sie ihre (verfassungsmäßig nie vorgesehene) Position als 4. Säule der Demokratie verloren hätten, also keine höhere Macht mehr sind, sondern ihre selbstverschuldete Unmündigkeit: die Leitmedien haben zugelassen, dass Spekulationserstattung die Berichterstattung weitgehend in den Hintergrund drängt.