In der Rubrik "DAS FREIE WORT" publiziert die KRONE heute zum 100. Geburtstag von Hans Dichand einen Leserbrief: "Hans Dichand, Vater des österreichischen Journalismus. Vater des österreichischen Zeitungswesens. Vater des österreichischen Zeitungsformats. Vater für seine Redakteure wie Herrmann, Pándi, Weber,.stellvertretend für alle lobenswerten, beispielhaft objektiv recherchierenden „Krone“-Redakteure. Vater für viele Leserbriefschreiber. Danke! Danke! Danke!" Elmar Niederkofler, Baumkirchen – Eugendorf. (Fr, 29.1.2021)
Nur den letzten Teil dieser Eloge muss ich bei aller gebotenen Ehrfurcht richtig stellen: Er war nicht nur Vater, sondern in Personalunion Vater und Mutter vieler Leserbriefe, die offenbar seine Kopfgeburten waren. Es versteht sich, dass der 100. Geburtstag des Gründers von der Krone mit einem Sonderheft gefeiert wird.
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VOM VORHOF IN DEN HINTERHOF
Menschen mit Anstand spielen gern mit Understatement. Anstand ist erstens ein Zeichen dafür, dass man moralische Werte vertritt, aber noch mehr ein Beweis für Standes-Bewusstsein. Under-state-ment kann so in Kreisen des höchsten Standes zum Status-Symbol werden. Hans Dichand hat sich mit Intelligenz, Selbstbewusstsein, Talent, Fleiß und Ausdauer vom Barackenbewohner auf den Hochstand der Superreichen Österreichs katapultiert. Als „Zeitungszar“ wurde er oft tituliert, „Der letzte Zar“ war der Titel eines Nachrufs von Herbert Lackner im profil am 20.6.2010.
Hans Dichand wird nicht müde zu betonen, dass es ihm nie um Macht gegangen ist. Sein Wirkungsbereich sei der „Vorhof der Macht“ - so der Titel seiner Memoiren und ihr Leitmotiv. Das ist ebenso Understatement wie der Untertitel zur Autobiografie des Selfmade-Schillingmilliardärs: „Erinnerungen eines Journalisten“ (erschienen 1996).
Über den Versuch des Anwalts Dr. Rosenzweig, für den ÖGB den Krone-Gründern die Anteile abzuluchsen schreibt Dichand: „Einen solchen Gewaltakt mit dem Ziel eine große, politisch engagierte Tageszeitung mitten im Wahlkampf (1966) auszuschalten, hatte es in Österreich noch niemals gegeben. … Die ungesetzlichen Übergriffe gegen die ‚Kronen Zeitung‘ - nicht gegen ein Unternehmen, sondern gegen die Unabhängigkeit einer Zeitung – waren der spektakulärste Bruch verfassungsmäßig verbürgter Pressefreiheit in der Zweiten Republik“. Die Schlappe der SPÖ bei der Wahl 1966 sieht er als Folge dieses Übernahmeversuchs und der „allgemein kaltschnäuzigen Politik einiger mächtiger Funktionäre des SPÖ“.
DICHAND UND KREISKY
Dichand zitiert eine Rede von Kanzler Bruno Kreisky, die er vor Parteimitgliedern gehalten hat: „Hans Dichand wird jetzt übermütig, er will jetzt auch die Politik bestimmen. Ich warne euch, wenn das so weitergeht, dann wird in dem Land ein Mann bestimmen, wer die stärkste Partei wird.“ Und er zitiert Kreiskys Aussagen aus einem Interview mit dem Krone-Korrespondenten Hans Janitschek: „Hans Dichand ist ein großer Zeitungsmacher, vielleicht der größte der Nachkriegszeit. … Er wäre sicherlich ein guter Politiker geworden, aber da hat er immer nur vom ‚Vorhof der Macht‘ gesprochen, den er für sich in Anspruch nimmt. … Hans Dichand hat drei Zeitungen in Österreich groß gemacht – die ‚Kleine‘ in Graz und den ‚Kurier‘ und die ‚Krone in Wien. Das macht ihm so leicht keiner nach.“
In seinen Memoiren (3. Teil, 313f) schreibt Kreisky: „Die ‚Kronen-Zeitung‘ hat zur Wahlniederlage 1983 kräftig beigetragen. Wir sind durch die ‚Kronen-Zeitung‘ ein Opfer der bewußten Mißinterpretation unserer Zinsertragssteuer geworden: Sie wurde in eine Sparbuchsteuer umgeschwindelt. … Zilk, Dichand und Bacher, das ist ein Triumvirat, das die Medien beherrscht. Dazu kommen einige sie umgebende Krokodilvögel, die Mißbrauch mit den ihnen anvertrauten Millionen für Öffentlichkeitsarbeit treiben.“
DICHAND UND WALDHEIM
In einem eigenen Kapitel erklärt Dichand „Warum wir für Waldheim waren“. Die für seine Verhältnisse ziemlich pathetische Begründung: „Wir haben Partei ergriffen für Österreich und Waldheim, weil unser Land verleumdet worden ist, weil man Österreich als Nazi-Land bezeichnet hat.“ Waldheim und Dichand hatten ihre eigene Vergangenheit in der Wehrmacht, in der sie überlebt haben, was sie, wie alle anderen Überlebenden in ihrer Eigen-Wahrnehmung zu Helden gemacht hat. Diese seelische Verbindung erklärt wohl mehr als das Kapitel zur Rechtfertigung der Waldheim-Kampagne der Krone.
DICHAND UND FEYMANN
Die Krone als Vorhof der Macht ist der Ort, den jeder Leser, jedes Mitglied der Krone-Familie, betreten kann sooft er/sie/es in dieser Zeitung blättert. (Oder wenn er sich in einem Leserbrief an Vater Dichand wendet.)Im Vorhof wird die Stimmung gemacht oder zumindest sichtbar gemacht, welche die Mächtigen hinter ihren Mauern nicht überhören und übergehen können. Die Zeitung, die in ihren besten Jahren im Vorhof der Macht erfolgreich agierte (nicht nur kommerziell, sondern auch politisch in Opposition zu den Herrschenden wie in Zwentendorf und Hainburg) ist nun endgültig im Hinterhof der Macht angelangt.
Schon die Mauscheleien zwischen Kanzler Faymann und „Onkel Hans“ (news, 18.6.2009) waren Legende. Doch nun, da die Regierung zur Festigung der Corona-Herrschaft die Österreicher und Österreicherinnen mit Propaganda-Overkill überrollt, ist auch die Krone zum Hofberichterstatter aus dem Hinterhof der Macht geworden. Die Krone (so wie auch das Gratisblatt „Heute“, das zur Familie Dichand gehört) kassiert Jahr für Jahr Millionen-Beträge für Propaganda-Einschaltungen der Mächtigen (nicht erst seit dem Ausbruch der Corona-Herrschaft). Die ehrenwerte Forderung nach Abschaffung der Pressefreiheit (Hans Dichand) ist längst zur unverblümten Forderung nach immer mehr Geld aus dem Staatssäckel geworden (Eva Dichand). Siehe: Täglich HEUTE gegen ÖSTERREICH