Kreativität in Kunst und Wissenschaft

Als Kurator organisiere ich 2021 fünf virtuelle Ausstellungen mit dem Ziel, Kunst als politisches Statement zu positionieren. Jede Ausstellung ist einem Thema gewidmet, zu dem der Kurator einen Essay vorgibt. Die aktuelle Ausstellung – online auf kunstsammler.at und im Print in der Kunstzeitschrift VERNISSAGE 352 – ist dem Thema „Wissen und Schaffen“ gewidmet. Es geht um die Frage, ob Wissenschaft und Kunst in Zeiten wie diesen noch frei schaffen können. Drei Künstlerinnen haben sich mit Kreativität in Kunst und Wissenschaft beschäftigt: Eva Meloun, Regina Merta, Elisabeth Schwandter.

Eva Meloun: Der deutsche Mathematiker und Astronom August Ferdinand Möbius (1790-1868) „entdeckte“ das Möbiusband und seine vielfältigen Funktionen. Wie es hergestellt wird ist leicht erklärbar. Das „Möbiusband“ oder die „Möbiusschleife“ ist ein Band, das durch eine Drehung um 180 Grad gedreht und zusammengefügt wird. Es kann z.B. zu einem Kreis, einer Achterschlinge oder zu einem Fünfeck geformt werden und hat im technischen und topographischen Bereich wichtige Funktionen.

Es ist ein Beispiel für den Wandel einer außen liegenden Fläche zu einer innen liegenden. Der Maler M. C. Escher hat in einer feinen schwarz /weiß Radierung eine Ameise über dieses Band laufen lassen, um diesen Vorgang zu illustrieren. Auf dieses, in sich drehende Band gehen viele technische Erfindungen zurück.

Immer wieder war es für Mathematiker eine Herausforderung, das Phänomen der Möbiusschleife mathematisch zu erfassen. All die geistigen Anstrengungen, das nächtelange Nachdenken, das Verwerfen ungenügender Ergebnisse, das unermüdliche Forschen und Grübeln führte lange zu keinem Ergebnis. Die mathematische Beschreibung konnte erst, fast hundert Jahre später, im Jahr 2007 durch E.L. Starostin und G.H.M. van der Heijden errechnet und publiziert werden.

Es gibt aber noch einen anderen Aspekt. Es ist das Phänomen der inneren und äußeren Welten und den unlösbaren Verbindungen dieser zwei sich bedingenden, Gestalt gebenden Prinzipien. Wir finden es in der Natur, im symbolischen und im mythischen Denken.

Die noch harte Frucht mit dem weichen Kern kann zur weichen äußeren Hülle für einen harten Kern werden – das Äußere wird zum Inneren. Das Innere definieren wir als das Bergende, das im Dunkel Verborgene, oder nur teilweise Sichtbare. Es ist Geheimnis und Rätsel, Fülle oder Leere. Vielleicht nur Unbestimmtes, Vages. Vielleicht Präzises oder Chaos. Anfang oder Ende, Werdendes oder Zerfallendes. Nichts macht so aufmerksam wie das Innere.

Das Äußere ist Hülle und Schutz oder beengendes Gefängnis. Es kann dem weichen, zerfließenden, zerbrechlichen oder zerbröckelnden Inneren formgebender Halt sein. Es kann das Gute und das Böse, wie auch das Helle und das Dunkle verbergen. In Höhlen und Ecken lauert das Unbekannte oder das unbestimmt Erwartete, der Schrecken, das Tote, aber auch das sich entwickelnde Lebendige. Soviel wir auch darüber nachdenken; Äußeres und Inneres haben unendlich viele Möglichkeiten sich in den Manifestationen ihrer Vielfältigkeit zu zeigen. Und es macht deutlich, dass ein AUSSEN immer ein INNEN bedingt. © Eva Meloun

Bild zur Ausstellung: Moebius-Fragment, Öl auf Leinwand, 100 x 100 cm

Eva Meloun, Moebius-Fragment www.kunstsammler.at

Regina Merta: Der Geistesblitz ist ein Geschenk, das nicht allen Menschen gegeben ist. Die Kreativität in Wissenschaft und Kunst ist entscheidend für die weitere Entwicklung unseres Daseins. Als Basis für die Menschheit wäre es besonders wichtig dies zu fördern und nicht zu untergraben.

Bild zur Ausstellung: Geistesblitz, Acryl auf Leinwand, 80 x 60 cm, 2021

Regina Merta, Geistesblitz www.kunstsammler.at

Elisabeth Schwandter: "Grau, teurer Freund, ist alle Theorie und Grün des Lebens gold'ner Baum" (Mephisto in Goethes Faust). Sollte es allerdings die Menschheit schaffen, trotz all dem vielen Wissen den Lebensbaum zum Verdorren zu bringen, kommen die intelligenten und anpassungsfähigen Ratten ins Spiel: sie werden uns überleben!

Der kleine Nager am Fuß des Lebensbaums erinnert auch an eine Strophe aus Reinhard Fendrichs Hit I am from Austria: "I kenn die Leut, I kenn die Ratten, die Dummheit, die zum Himmel schreit ......!" Wie wahr, in Zeiten von Corona.

Bild zur Ausstellung: Theorie und wahres Leben, Mischtechnik auf Leinwand, 100 x 50 cm

Elisabeth Schwandter, Theorie und wahres Leben www.kunstsammler.at

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Joe Leitner

Joe Leitner bewertete diesen Eintrag 13.05.2021 23:04:26

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