Über die Ausweisung von 35 russischen Diplomaten aus den USA schreibt HEUTE heute: „US-Geheimdienste vermuten, dass russische Hacker mit Billigung des Kreml in das Computersystem der Partei von Hillary Clinton eingedrungen sind und interne Mails an die Öffentlichkeit gebracht haben.“ Ein zweiseitiger Hintergrundbericht in „Die Zeit“ hätte den Sachverhalt nicht besser ausdrücken können: Aufgrund einer reinen Vermutung macht man heutzutage Politik!
Nur der Schlusssatz des Artikels ist in dem Kontext absurd: „Das hat Clinton massiv geschadet.“ Ich unterstelle mal, dass der Redakteur dieses Artikels nur aus Platzgründen nicht korrekt formuliert hat. Korrekt wäre die Formulierung: „Das soll Clinton massiv geschadet haben“, denn aus einer reinen Vermutung eine Tatsachenbehauptung abzuleiten, ist nicht möglich, wenn das Denken Regeln der Logik unterliegt. Aber muss ein Journalist auch noch logisch denken? Nicht unbedingt, aber er/sie sollte zumindest die richtigen Fragen stellen. Im Fall des angeblichen Hacker-Angriffs wären das folgende Fragen:
- Welche Beweise gibt es für Hacker-Angriffe aus Russland?
- Falls es Beweise dafür gibt, welche Beweise gibt es für die Billigung oder gar Beauftragung durch Putin?
- Falls es Beweise für Hackerangriffe im Auftrag von Putin gibt, welche Beweise gibt es, dass die Inhalte von russischer Seite veröffentlicht wurden?
- Falls es Beweise für die Hackerangriffe im Auftrag von Putin und deren Veröffentlichung durch Russland gibt, welche Beweise gibt es, dass diese läppischen Infos einen Einfluss auf die Wähler in den USA hatten?
Bislang hab ich darüber keine Informationen in den Medien gefunden – ja noch nicht einmal diese Fragestellungen sind irgendwo aufgetaucht. Aber die zentrale Frage in dieser Causa will, kann oder darf niemand stellen: Warum sind ein dutzend amerikanischer Geheimdienste unfähig ein paar jämmerliche russische Hackerangriffe abzuwehren? Offenbar ist nicht nur der NSA damit beschäftigt, Tag und Nacht die E-Mails von Bundeskanzlerin Merkel auszuspionieren und auszuwerten. Details dazu siehe: Die CIA-Verschwörung.
Ergänzung 7.1.2017: "Die Geheimdienste CIA, FBI und NSA sehen es in dem am Freitag veröffentlichten Bericht als erwiesen an, dass der russische Präsident Wladimir Putin eine „Einflusskampagne“ angeordnet habe, um Trump zum Wahlsieg zu verhelfen. ... Mit „großer Sicherheit“ habe der russische Militärgeheimdienst die durch Cyberangriffe gegen die Demokratische Partei Hillary Clintons erhaltenen Informationen an die Enthüllungsplattform WikiLeaks weitergeleitet, heißt es in dem Bericht. Die von WikiLeaks veröffentlichten Dokumente hätten „keine offenkundigen Fälschungen“ enthalten.
Die russischen Operationen hätten sich auch auf mehrere Wahlkommissionen bezogen. Nicht betroffen gewesen seien dabei Systeme zur Stimmenauszählung, betonten die Geheimdienste. Man habe auch keine Einschätzung zu den konkreten Auswirkungen der russischen Aktivitäten auf den Wahlausgang vorgenommen", zitiert ORFonline die US-Geheimdienste.
Um den Schwachsinn, den der ORF hier wiedergibt, zusammenzufassen: Die US-Geheimdienste halten es für erwiesen, dass Putin auf den US-Wahlkampf Einfluss genommen hat, obwohl sie nicht einmal dazu imstande waren eine Einschätzung der Hackerangriffe auf den Wahlausgang vorzunehmen.
Immer wieder schön, wenn man an den Bildungsauftrag des ORF erinnert wird, der solche Berichte für "Journalismus" hält.