Schon öfter habe ich das Phänomen kritisiert, dass Spekulationserstattung an die Stelle der Berichterstattung tritt. Verständlich ist das Phänomen bei Printmedien, die Vorlaufzeiten haben. Bis sie erscheinen, haben die Internetmedien alle Fakten schon berichtet. Deshalb die Spekulation darüber, wie es weitergehen könnte.
Dass jedoch der ORF, insbesondere eine Informationssendung wie die ZIB2 am 23. Juni, das Publikum eine halbe Stunde nur mit Spekulationen darüber belästigt, wie die EU-Abstimmung ausgehen KÖNNTE, ist der letzte Höhepunkt des an Tiefpunkten reichen Gebühren-Journalismus!
"Brexit" - Tag des Referendums | 02:56 Min.
Großbritannien und die EU | 02:42 Min.
ORF-Reporter zum möglichen "Brexit" | 07:39 Min.
Wirtschaftliche Folgen des "Brexit" | 02:36 Min.
Eichtinger, österreichischer Botschafter in London | 06:29 Min.
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Meldungsblock | 01:45 Min.
Ich hab noch nie soviel Gewäsch in einer sogenannten Nachrichtensendung gehört. Nicht nur, dass die hier gelieferten Inhalte eine Zumutung für jeden ORF-Gebührenzahler sind, der sein Hirn nicht abschaltet, sobald er den Fernseher einschaltet, nein, noch viel schlimmer ist, dass hier eine komplette hoch bezahlte (und wahrscheinlich hoch qualifizierte) Redaktion der Meinung ist, die Spekulationen darüber, was 12 Stunden später passieren wird, sind wichtiger, als alle Informationen darüber, was in den vergangen 12 Stunden passiert ist!
Nun, 12 Stunden später wissen wir: Börsencrash, Rücktritt Camerons usw. Was uns die ZIB2 12 Stunden vorher serviert hat, hat zum Verständnis dieser Fakten wirklich nichts beigetragen.
Am 20. Juni hat der ehemalige ORF-Journalist Walter Sonnleitner auf facebook folgenden Kommentar gepostet: "Die Berichterstattung des ORF ist einfach schon lange nicht mehr akzepteabel. Da wird gelogen und manipuliert was das Zeug hält. Wahrheit ist keine Größe mehr, die es zu berücksichtigen gibt. Schade. Ich habe noch dafür gekämpft."
Nochmals: die Manipulation beginnt nicht bei der Art und Weise der Aufbereitung von Inhalten, sondern bei der Auswahl und Entscheidung darüber, was Sache ist und was nicht, was demzufolge Information ist und was nicht.