Bela Wolf
Barfen, das Liebkind diverser Foren, beinhaltet das Füttern von rohem Fleisch, Innereien und fleischigen Knochen. Dazu berechnet der leichtgläubige Mensch noch penibel, wieviel Pipettenspitzen diverser Öle und sonstige unnötige Zusätze man dem (meist aufgetauten) Mampf beimischt.
Das Thema ist so haarsträubend, dass ich gar nicht genau weiß, an welcher Ecke des Wahnsinns ich beginnen soll. Zuerst die gefährlichen Knochen? Oder doch lieber die unnötigen Zusätze, die meist Durchfall verursachen? Oder gleich die teilweise giftigen Kräuter? Vielleicht lieber nochmal über die tödlichen Salmonellen in rohem Geflügelfleisch berichten? Oder über das ebenfalls tödliche Aujeszkyvirus, welches sich in rohem Schweinefleisch versteckt?
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Während ich mir gerade vorstelle, wie die Barf-Sektenanhänger nun in diversen Hundegruppen bereits in den Startlöchern scharren um Sätze unter diesen Blog zu posten wie „Dieser Tierarzt will doch nur sein Trockenfutter verkaufen!“ (nein, will er nicht, da er jetzt Autor ist, und lieber seine Bücher verkauft), oder „Aber meiner frisst das immer und seither glänzt sein Fell/ hat er keine Allergie!“, überwinde ich mich dennoch, weiterzuschreiben. Ich schreibe, um Hunde vor meist tödlichen Gefahren zu bewahren, die von Menschenhand gemacht werden. Ich schreibe nicht, um neue Freunde zu gewinnen.
Spätestens an dieser Stelle tritt jetzt bei den meisten hardcore Barf-fans der gute alte Wolf auf den Plan. „Der frisst doch seine Beute auch mit Haut und Haaren!!!“
Oder?
Nein, macht er nicht, so leid es mir auch tut.
Er ist weder Alpha, noch frisst er seine Beute mit Haut und Haaren. Er frisst auch nicht zuerst den Mageninhalt der Beute. Der Wolf frisst nämlich überhaupt keinen Inhalt vom Magen und auch den Magen selbst frisst er nicht. Shit happens. Und jetzt?
Der Wolf öffnet seine erlegte Beute nach Wolfsmanier, reißt ihr dann den Magen heraus, schleudert diesen weg und dort bleibt er liegen, der vielgerühmte Magen; irgendwo im Erdreich oder Gebüsch, mitsamt seinem Inhalt. Und zwar bis er verwest oder von Krähen (Coyoten, Füchsen, Geiern oder was auch immer daran gerade Freude hat) gefressen wird.
Wölfe, geschätzte Barf-Experten, fressen von der erlegten Beute den vorverdauten Darminhalt. Die Betonung liegt auf vorverdaut. Bevor etwas im Darm landet, geht es bekanntlich durch den Magen, wo die Magensäure darauf wartet, die abgeschluckte Nahrung zu bearbeiten. Der zersetzte Brei gelangt dann in den Darm, wo ihm brauchbare Nährstoffe entzogen und unverdauliche Stoffe wieder ausgeschieden werden. Unter unverdaulich aber belastend für den Darm fällt beispielsweise die beigemengte Rohkost. Sie erzeugt schmerzhafte Blähungen während sie den Darmtrakt durchwandert um dann, für den Organismus völlig unverwertbar, als Kothaufen auf dem Rasen zu landen. Und nein, Hunde brauchen das Rohzeug und Gemüse auch nicht, um Vitamin C zuzuführen. Denn unsere Hunde können in der Leber aus Glukose selbst Vitamin C synthetisieren. Sie müssen es also nicht zwangsläufig mit der Nahrung aufnehmen, um ihren Bedarf zu decken. (Nur Meerschweinchen müssen das.)
Dennoch halten die Alphawolffans aller Generationen verbissen am Glauben fest, der Hund, der zu seinem großen Pech leider vom Wolf abstammt, müsse nun täglich gierig rohes Fleisch hinunterwürgen, wobei sich die Geister bereits hier spalten, ob dies zur Zahnreinigung dient (wo er doch schlingt?) oder zur Darmreinigung (wo es doch die eigentliche Aufgabe des Darmes ist, selbst zu reinigen, und nicht gereinigt zu werden) oder beides.
Ganz abgesehen davon, dass der Hund kein Wolf ist und auch, im Gegensatz zum Wolf, ein Enzym entwickelt hat, mit dem er Stärke verdauen kann. Also Nudeln. Brot. Auch Semmeln.
Und jetzt?
Auch dieser Artikel wird die Situation für die armen Hunde, die überteuerte rohe Fleischabfallreste aufgetischt bekommen, nicht verbessern. Fleisch, welches meist tiefgefroren in Plastik verpackt und dann stundenlang vor sich hingammelnd nicht fachgerecht aufgetaut wird, während sich Bakterienkolonien generationenübergreifend darin tummeln und sich minütlich millionenfach vermehren. Weil Fanatiker leider absolut beratungsresistent sind und deshalb gar nicht bis hier weiterlesen werden.
Komisch, dass so viele Hunde davon krank werden. Eine Vergiftung mit E. Coli ist nicht lustig, das können Sie mir glauben. Meist erfordert sie eine Antibiotikagabe. Oft entsteht eine Sepsis daraus. Gerne beim Kollegen nachzulesen. Und auch ihm wird man nicht glauben wollen.
Aber zurück zu den Knochen. Die neben der Salmonellose und E. Coli- Vergiftung für mich gleich auf Platz zwei der Barf-Gefahren landen.
Weil Knochen überhaupt nichts im Hundefutter verloren haben. Gar nichts. Weder zum Fressen, noch zum Zähneputzen, noch zum Bespassen des Hundes.
Ersteres führt zum gefährlichen "Knochenkot", der unschön mit einer äußerst schmerzhaften, teuren Darmoperation endet oder meist schon vorab tödlich in Form eines Darmverschlusses ausgeht.
Das Bild erklärt sehr schön die harten Fakten:
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Oder gefällt Ihnen dieses besser?
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Der Link übrigens auch.
Oder bevorzugen Sie ein Röntgenbild?
Hier bitte:
Kleintierklinik Egelsbach
Aber trotz all der belegten Tatsachen wird der Zweifler niemals bekehrbar sein. "Bis jetzt ist ja nix passiert!"
Na, dann!
Zweiteres führt zur Not-OP. Wenn der Markknochen sich über den Unterkiefer und /oder die Zunge stülpt und dann in Vollnarkose abgesägt werden muss.
Alles in allem kein Vergnügen für den Vierbeiner, wenn Sie mich fragen.
Take care.
Herzlichst Bela Wolf,
Tierarzt, Autor und Tiergesundheitsjournalist