Pixabay Husky
So mancher Hundehalter denkt, dass Hundeerfahrung und Wissen direkt proportional zur Anzahl der Hunde, die man je hatte und doppelt proportional zur Anzahl der Jahre, in denen man diese Hunde hatte, ansteigen.
Es ist keine Schande, so zu denken. Ich dachte das ja auch.
Ich dachte es um so mehr, als ich durch meinen täglichen Beruf als Tierarzt jede Menge Hundekontakt und Umgang mit schwierigen bis sehr schwierigen Patienten (und deren noch viel schwierigeren Besitzern) hatte und mich dadurch als durchaus befähigt sah, mit fast jedem Hund, der meinen Weg kreuzte, irgendwie klar zu kommen.
Diese Meinung änderte sich schlagartig als mein vierter Hund bei mir einzog.
Es war am 13. Jänner 2012, die Nacht war sternenklar und sehr kalt, die Straßen versalzen, die Freude groß. Mein Neuer reiste mit dem Bus an. Mit einem Bus, den auch sehr viele andere fellige Freunde in dreckigen Boxen mit ihm teilen mussten. Er kam aus Ungarn, der Bus und der Hund. Einem Land, wo man nicht sehr zimperlich mit Hunden umgeht.
Ich wusste nicht, was mich erwartete, ich kannte meinen neuen Hund nur von einem kurzen Video und ein paar Fotos.
Irgendjemand überreichte mir eine Leine und ich stand da, mit meinem neuen zukünftigen besten Freund und mit jeder Menge Hundeerfahrung im Handgepäck, die ich genauso gut im nächsten Container hätte versenken können. Sie war nichts wert.
Nun haben wir sechs Jahre miteinander verbracht, der Hund und ich. Sechs lange Jahre, die nicht immer einfach waren.
Es gibt Hunde, die schickt einem der Himmel.
Sie kommen, um Wunden zu heilen und das menschliche Leben durch ihre bloße Anwesenheit jede einzelne Sekunde zu verschönern.
Diese Hunde sind bezaubernd und freundlich, strahlen Humor und Zuversicht aus, halten sich immer dicht an unserer Seite auf und tun alles, um uns Menschen zu gefallen. Es sind Hunde, die man mit dem kleinen Finger an der ohnehin völlig unnötigen Leine führt, die sich weder in Wasserpfützen wälzen noch jemals irgendetwas zerstören. Sie vertragen sich mit allen anderen Hunden oder gehen Streitereien einfach aus dem Weg. Ortswechsel und tierärztliche Behandlungen lassen sie ohne mit der Wimper zu zucken über sich ergehen und sie finden ihren Lebensinhalt, indem sie dem geliebten Menschen nie von der Pelle weichen. Sie sind auch pflegeleicht was Futter und Auslauf betrifft, jagen nicht, fressen kein Aas und sind kleine, hundegewordene Engel mit Fell. Sie fressen gerne und vertragen alles, sind so gut wie nie krank und jede Stunde, die man in ihrer Umgebung verbringt, schenkt einem pures Glück und reinste Harmonie.
Das sind die Seelenhunde, die einem Menschen geschickt werden um ihm über eine sehr schwere Zeit, einen menschlichen oder tierischen Verlust vielleicht, eine schlimme Krankheit oder ein anderes Trauma hinwegzuhelfen; um dem Menschen das Leben sprichwörtlich zu erhellen und seinem Leben neuen Sinn zu schenken, Verzweiflung und Kummer auszulöschen und die Sonne wieder scheinen zu lassen wo vorher nur Mordors Schatten lag.
Und dann gibt es die anderen Hunde.
Die, die selbst durch die Hölle gingen und nun nicht mehr in der Lage sind, Harmonie und Frieden zu verströmen, weil sie ihr eigenes Schicksal zuerst überwinden müssen. Die, die selbst nur aus Angst, Kummer und Furcht bestehen.
Diese anderen Hunde kommen, um uns zu prüfen. Sie bringen uns an unsere Grenzen, loten uns innerlich aus wie ein 500 Watt Strahler einen finsteren Wald und finden jedes Gespenst, hinter jedem Baum, hinter jedem noch so verdorrten Strauch.
Sie sind die wahren Meister, die uns lehren, dass das Leben in ihrer Gegenwart eine Prüfung ist, eine Herausforderung, ein Balanceakt und eine tägliche Hürde.
Wer diese Hunde aber versteht, der versteht sich selbst.
Ich möchte nun unser verflixtes siebtes Jahr mit Ihnen, liebe Leserinnen, werte Leser, teilen und lade Sie herzlich ein, unsere Geschichte wöchentlich zu verfolgen.
Bis zum nächsten Mal!
Herzlichst Bela Wolf
Tierarzt, Autor, Journalist