Doris Koinig

Haben Sie das Hundemodell "Staubsauger" zuhause? Eines, das schneller als Sie "Nein!" schreien können, alles auffrißt, was so herumliegt? Oder nennen Sie den zielstrebigen Terminator Ihr Eigen, der sofort ganz genau erforscht, was da eigentlich drin ist in der langweiligen Plüschverpackung, die Sie ihm liebevoll überreicht haben? Wenn Sie nun mit Ja antworten, sollten Sie die folgenden Zeilen ganz besonders aufmerksam durchlesen. Im Zweifelsfall kann es das Leben Ihres Hundes retten.

Typ 1, der Staubsauger, schluckt alles, was seinen Weg kreuzt. Falls er die Welpen- und Flegeljahre überlebt, hat er schlichtweg Glück. Er frisst von Verpackungshüllen bis zu giftiger Schokolade oder hochhängenden Meisenknödel einfach alles, was nicht angenagelt ist. Er schafft es, einen unzerstörbaren Kong abzuschlucken und faustgroße Steine in den Magen zu inhalieren; Socken sind geradezu ein Kinderspiel für ihn. Bei ihm müssen Küchenkästen stets sicher verschlossen und eine Etage höher gelegt werden, Brot-und Gebäck in Schränken verwahrt, Werkzeug und Kinderspielzeug verschlossen gesichert sein, sonst kommt es unweigerlich zum Drama. Vielleicht nicht gleich. Aber irgendwann ganz sicher. Denn einmal kommt der Tag, wo ein verschlucktes Teil im Magen oder spätestens im Darm stecken bleibt und weder vor noch zurück kann. Diabolisch daran ist, dass Sie es wahrscheinlich gar nicht bemerken. Stunden oder Tage nach dem Verschlucken entstehen dann erste Anzeichen für einen drohenden, lebensgefährlichen Darmverschluss: der Hund zeigt Apathie und allgemeines Unwohlsein, sein Leib ist aufgetrieben. Dann stehen Erbrechen, Bauchschmerzen, Verstopfung, laute Darmgeräusche, die irgendwann völlig verstummen, auf dem Plan und ganz zum Schluß folgt Erbrechen von stinkendem, kotartigem Material. Da ist es meistens schon zu spät für eine Not-OP.

Bei der lebensrettenden Operation wandern oft ganze Gummispielzeuge oder Teile davon, Glasmurmeln, Münzen, Zinnsoldaten, Kastanien, Steine, Knöpfe, Faxkabel, Haarballen (Bezoare), Wurstpellen, Geweihstücke, Knochensplitter und dergleichen mehr ans Licht der OP-Lampe. (Eine Hundeversicherung ist anzuraten, da Darmoperationen in der Regel kostenintensiv sind.)

Typ 2, der Terminator, ist von einem ganz anderen Kaliber. Ihn interessiert nicht das Abschlucken, er ist der Entdecker. In sekundenschnelle zerlegt er reizende Plüschäffchen mit Herzchen, Öhrchen und Qietschteil. Meist wird das Etikett fachgerecht mit den Zähnen abgetrennt und dann das Qietschteil gesucht, gefunden und ausgespuckt, oft aber auch abgeschluckt. Viel gefährlicher ist der Füllstoff, diese weiße unverdauliche Füllwatte, die sich bei Zerreißen des Spielzeugs in der Mundhöhle des Vierbeiners festhakt und die er sogar verzeifelt auszuspucken versucht. Allein, es geht nicht. Dann trinkt er Wasser. Und die Füllwolle findet unabänderlich und schnell ihren Weg Richtung Magen um diesen gnadenlos zu verstopfen. Schafft sie es, selten, aber doch, vom Magen in den Darm weiterzuwandern, bleibt sie schließlich spätestens dort stecken und verschließt ihn. Füllwatte ist für Hunde tödlich. Sie findet sich in fast jedem Hundspielzeug. Füllwatte unterscheidet sich von der Gefährlichkeit her überhaupt nicht von der momentan leider sehr modernen Fütterung von Fellteilen, ganzen Beutetieren oder Hufen, und Geweihen.

Verschluß ist Verschluß!

Ebenso verhält es sich mit Plastikspielzeug. Klar, Hunde lieben diese Gummiteile. Sie kauen eine Zeit lang (so zwanzig Sekunden..) darauf herum, bis es nicht mehr quietscht oder langweilig wird und dann wird das Gummispielzeug demontiert. Wenn Sie jemals einem Hund dabei zugesehen haben, konnten Sie vielleicht feststellen, dass es auf den ersten Blick so scheint, als würde der Hund sein Plastikspielzeug nur in kleinste Einheiten zerlegen, um diese dann sofort wieder auszuspucken. Der Schein trügt, leider! Ich selbst habe so einen Terminator zuhause. Ich dachte, wenn ich ihm gewissenhaft dabei zusehe, kann ja nichts geschehen, denn mein Hund ist nicht am Verschlucken der Beute interessiert, sondern nur am Schreddern. Wie falsch ich lag, wurde mir erst bewußt, als mein Hund nach erfolgreicher Zerstörung einer geliebten Gummiente (und ich schwöre, ich ließ ihn dabei keine Sekunde aus den Augen, er spuckte jedes einzelne abgebissenen Gummiteilchen vor mir aus!) in den Garten eilte, Gras frass und sich in einem Schwall erbrach wie nie zuvor. (Sollten Sie den Film "50 erste Dates" kennen, denken Sie bitte an die Szene, wo sich das kranke Walroß auf die Pflegerin übergibt. So übergab sich auch mein Hund. Zum Glück nicht auf mich.) Ich stürzte in den Garten und fand eine Handvoll millimetergroßer Gummiteile der zerkleinerten Gummiente in dem Erbrochenen. Der Schreck war groß, besonders, weil ich geschworen hätte, dass mein Hund niemals beim Zerteilen von Quietschspielzeug etwas davon abschlucken würde. Nun weiß ich es besser. Hätte sehr böse enden können. Noch nie habe ich mich über Erbrochenes mehr gefreut als damals im Garten.

Ganz abgesehen davon ist Gummispielzeug für Hunde giftig. In allen von Konsumentenschützern getesteten Produkten wurden polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) gefunden. "Diese Verbindungen können Krebs auslösen", erläuterten die Konsumentenschützer.

Fazit: Kein Erzeugnis war frei von Giftstoffen! "Das sei auch deshalb problematisch, weil die Quietschknochen, Gummitiere und Bälle oft wie "normales" Spielzeug aussehen und häufig im Kinderzimmer landen." Und da rede ich noch gar nicht von den giftigen Kauknochen aus China...

Fremdkörper aus Gummi, Stoff oder Plastik-"Büffelhaut" können Tierärzte vor große Herausforderungen stellen. Besonders, wenn der Besitzer nicht gesehen hat, ob etwas verschluckt wurde. Dann wird es knifflig. Ist der Fremdkörper im Bauch nicht tastbar oder auf dem Röntgenbild nicht ersichtlich (z.B. Socken, Plastik oder Füllwolle, bei Katzen auch sehr gerne Schnüre und Garn), kann man nur eine Verdachtsdiagnose nach einem Kontraströntgen oder einer Ultraschalluntersuchung stellen. Erbricht ein Tier über längere Zeit und kann ein Fremdkörper klinisch nicht vollständig ausgeschlossen werden, ist manchmal eine Probelaparotomie (chirurgische Eröffnung der Bauchhöhle) zur definitiven Diagnosestellung notwendig.

Das müsste nicht sein. Falls es doch mal passiert, empfiehlt es sich, stets die Notrufnummer einer guten Tierklinik, die 365 Tage im Jahr 24 Stunden erreichbar ist, parat zu haben. Im Fall einer lebensbedrohenden Magendrehung kann dies das Leben Ihres Hundes retten, da jede Sekunde zählt.

Auch große Holzstücke oder Steine sind weder Hundespielzeug noch ungefährlich. Holz kann splittern oder ganz im Gaumen steckenbleiben und sehr böse Verletzungen oder Abszesse der Maulhöhle hervorrufen, die eine operative Versorgung erfordern. Steine sind verschluckbar und machen obendrein die Zähne Ihres Hundes kaputt.

Nun können Sie mit Recht sagen: "Was jetzt! Womit soll er denn dann spielen, wo doch alles so PFUI! ist?".

Verständlich.

Aber da ganz besonders die sensiblen oder hochsensiblen unter den Hunden auf Zerr- und Zerstörspiele mit Überforderung oder Überreaktionen ihres Nervensystems reagieren und dadurch nur noch hektischer, überdrehter oder hyperaktiv werden, sollte man das Spielverhalten seines Hundes gründlich überdenken.

Müssen es wirklich immer die rauen Spiele sein? Muss es immer das laute Gummiquietschteil sein, welches den Nachbarn zur Weißglut treibt? Warum nicht mal den Hund in seiner natürlichen Veranlagung fördern, statt fordern, und ein "Such die Beute"-Spiel im Wohnzimmer oder Garten veranstalten?

Dazu versteckt man kleine Keksi, Käsewürfel oder Leckereien und läßt den Hund danach suchen. Anfangs kann man Hilfestellung geben, indem man mit dem Finger auf das Versteck zeigt und sagt "Such die Beute" oder was auch immer für Worte man bevorzugt. Man sieht richtig, wie der Hund aufblüht vor Freude, wenn er etwas Feines gefunden hat und dafür auch noch gelobt wird.

Es muss also nicht immer ein giftiges, gefährliches aber dafür teures Spielzeug aus dem Laden sein, um seinen besten Freund bei Laune zu halten.

Was Hunde wirklich gesund und glücklich macht, ist die uneingeschränkte Aufmerksamkeit ihrer Zweibeiner. Wenn Hundehalter in Hundezonen oder auf Spaziergängen nicht in ihr Mobiltelefon oder ihr Laptop starren, sondern sich liebevoll um ihr Tier kümmern und gemeinsam achtsam etwas unternehmen, das würde Hunde froh machen. Es ist nicht das teure Püppchen, das nebenbei noch die Gesundheit schädigt und auch nicht das exquisite Halsband aus dem Schickimicki-Laden mit den Glitzersteinen, das Hunde erfreut.

Was Hunde wirklich wollen? Gemeinsam mit ihren geliebten Menschen eine feine Zeit haben. Ohne Kommandos, ohne Stress.

So sollte es sein.

"Jemand hat mir mal gesagt, die Zeit würde uns wie ein Raubtier ein Leben lang verfolgen. Ich möchte viel lieber glauben, dass die Zeit unser Gefährte ist, der uns auf unserer Reise begleitet und uns daran erinnert, jeden Moment zu genießen, denn er wird nicht wiederkommen. Was wir hinterlassen ist nicht so wichtig wie die Art, wie wir gelebt haben. Denn letztlich sind wir alle nur sterblich." (Jean-Luc Picard)

Herzlichst Bela Wolf,

Tierarzt, Autor und Tiergesundheitsjournalist

https://tierarztwolfblog.wordpress.com

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Claudia Goepel

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