Bela F. Wolf
Eine hochgradig gesteigerte Wahrnehmung der Umwelt ist wahrscheinlich die größte Begabung hochsensibler Menschen und Hunde- und auch gleichzeitig ihr größter Schwachpunkt.
Eine erhöhte Wahrnehmung der Außenwelt und ihrer andauernd ungefiltert einströmenden Reize bedeuten Dauerstress für die Betroffenen.
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Im Klartext heißt das, der Körper produziert zuviel Cortisol. Unsere geliebten Hunde werden unentwegt und ohne Erholungsphase völlig überfordert, und zwar psychisch wie auch physisch.
Permanenter Leistungsdruck gepaart mit unerfüllbaren Erwartungen erzeugt immensen Stress
Stress wiederum schädigt das Immunsystem. Es bedeutet, die Immunabwehr sinkt und bietet dadurch die Grundlage für das Entstehen von Krankheiten. Ist das Tier andauernd massivem Stress ausgesetzt, wird es krank. Es ist egal, ob die Überforderung falsche Erziehung, nicht artgerechte Fütterung oder nicht artgerechte Haltungsbedingungen heißt, denn das Resultat bleibt leider gleich.
Bei Dauerüberlastung schütten die Nebennieren Cortisol aus, das Tier wird dadurch chronisch müde und kaum mehr belastbar, das Gehirn unzureichend mit Sauerstoff versorgt. Der Testosteronspiegel sinkt, was lustlos, kraftlos, und gleichgültig macht. Gleichzeitig gerät der Insulinspiegel aus dem Gleichgewicht und der Serotoninspiegel sinkt. Probleme mit der Bauchspeicheldrüse und mit dem Magen-Darm Trakt treten auf. Dies erklärt auch die Zunahme der steigenden Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse. Cortisol senkt Adrenalin und hemmt zusätzlich Synapsen im Gehirn- das wiederum senkt die Denkleistung im Gehirn deutlich ab.
Der Körper signalisiert dennoch durchhalten, obwohl er dringend eine Pause brauchen würde. Und nun tritt der Mensch auf den Plan, der den Hund zusätzlich noch mehr und noch ausdauernder unter Druck setzt, fordert und stresst.
Denn sehr viele Hundebesitzer denken, sie müssten ihr Tier unentwegt auslasten, sei es nun körperlich oder geistig. Was ein schwerer Fehler ist. Denn so schließt sich der Teufelskreis.
Noch mehr Training macht noch mehr krank, nicht gesund
Genau diese Methode der totalen Überforderung hochgradig gestresster, überforderter hochsensibler Hunde empfiehlt auch der großartigste Hundeflüsterer aller Zeiten, Mister M. aus Mexiko. Und was geschieht?
Nach dem Prinzip „Schlimmer geht bekanntlich immer“ geht es dem Hund durch die zusätzliche Überlastung noch viel schlechter als je zuvor. Der Körper produziert noch mehr Adrenalin, der Hund kommt überhaupt nicht mehr zur Ruhe und der ohnehin schon chronisch überreizte Körper fordert seinen Tribut.
Psychosomatische Krankheiten entstehen
Der Leidensweg des Hundes beginnt, da er nun von Trainer zu Flüsterer, von Heiler zu Tierkommunikator und von Tierarzt zu Tierklinik geschleppt wird und jeder der Beteiligten mindestens ein Duzend gute Ratschläge gibt, die leider alle samt den Gesundheitszustand des Hundes verschlechtern statt verbessern und irgendwann wird das Tier ernsthaft körperlich krank. Vielleicht werden sogar starke Beruhigungsmittel aus der Humanpsychiatrie verschrieben, die keinerlei Wirkung dafür immense Nebenwirkungen haben.
Nebenbei erwähnt: eine aktuelle Studie an Menschen bestätigt, dass eine schwere Kindheit geistig flexibel macht. Es gibt also nicht immer nur negative Spätfolgen, sondern „In manchen Lebenssituationen sind unter schwierigen Umständen aufgewachsene Menschen nämlich geistig flexibler.“(Veröffentlicht in"Journal of Personality and Social Psychology": "Cognitive adaptations to stressful environments: When childhood adversity enhances adult executive function" von Chiraag Mittal et al., Oktober 2015)
Mögliche negative Folgen einer harten Kindheit sind psychische Probleme wie Depression und Aggression, auffällige Verhaltensweisen, das Eingehen unvernünftiger Risiken sowie eine verminderte Gedächtnisleistung. Die Kernaussage lautete „In einer Welt, in der nichts sicher ist, sollte man besser nehmen, was man kriegt. So gesehen habe der schwierige Lebenshintergrund die Betroffenen nicht beeinträchtig, sondern einfach den Umständen entsprechend geprägt. Mit dem Gefühl der Verunsicherung liefen die Testpersonen mit schwerer Lebensgeschichte zur Höchstform auf und waren geistig extrem flexibel. Bei den anderen Probanden passierte genau das Gegenteil.“
Eine weitere Studie an Menschen testete das Bauchgefühl.
US-Forscher fanden dabei heraus, dass dieses Frühwarnsystem im Alter nachlässt. Zuständig für das Bauchgefühl ist die Aktivität in einer bestimmten Gehirnregion, die Insula anterior, und genau die wird bei älteren Menschen inaktiver.* "Bei den älteren Menschen ist das Frühwarnsignal der anterioren Insula schwächer; ihre Gehirne melden nicht im gleichen Maße wie bei jüngeren: Sei vorsichtig", erläutert Taylor. Auf der anderen Seite trägt diese Vertrauensseligkeit auch zum Wohlbefinden bei, da Senioren negative Gefühle weniger stark empfinden aber hingegen positive Informationen besser behalten als schlechte.
Was hat das mit unseren Hunden zu tun?
Es erklärt die Vertrauensseligkeit sehr alter Hunde, die bereits unendlich viele schlechte Erfahrungen mit Menschen machen mussten und dennoch immer noch bedingungslos Vertrauen fassen können. Sie blieben also geistig flexibler, dafür hat ihr Bauchgefühl etwas nachgelassen. Natürlich gibt es dafür keinerlei wissenschaftliche Beweise. Es gibt allerdings auch keine Gegenbeweise. Und solange möchte ich das hier als Erklärung gelten lassen.
Weil ich mich sehr oft gefragt habe, wie Hunde mit einer furchtbaren Vergangenheit immer wieder so bedingungslos und reinen Herzens genau jenen Vertrauen und Liebe schenken können, die doch zur Spezies derer gehören, die ihre ganze Pein verursacht haben. Was eigentlich ebenfalls wenig erstaunt, sind die Ergebnisse einer aktuellen Studie zum Thema Stress.
„Die Persönlichkeit der Halter beeinflusst, wie sie Beziehungen leben“, sagt die Verhaltensbiologin Iris Schöberl von der Uni Wien gegenüber science.ORF.at. „Und das beeinflusst wiederum das Verhalten der Hunde."** Mittels Speichelproben von Menschen und ihren Hunden und deren Untersuchung auf die Cortisol-Konzentration kam man zum Ergebnis, dass „die Persönlichkeit von Herrchen und Frauchen mit der Stressreaktion ihrer Hunde zusammenhängt. Hunde, deren Halter ausgeglichen und optimistisch sind, tun sich beim Stressabbau leichter. „Wenn jemand mit einer rosaroten Brille durchs Leben geht, dann färbt sich das auf den Hund ab“, sagt Schöberl. „Er spürt genau, wie wir drauf sind.“
Was bedeutet, dass Hunde gestresster und ängstlicher Halter ebenfalls nachweislich gestresst und ängstlich sind. Neu ist, dass das Geschlecht der Hundebesitzer sich auf das Stressmanagement der Hunde auswirkt. „Frauchen mit Rüden haben ein schlechteres Stressmanagement als mit weiblichen Tieren und als Männer mit ihren Hunden. Wer wenig Stress haben will, wähle bei Hunden das eigene Geschlecht.“
Und was empfiehlt die Wissenschaftlerin nun gegen Stress?
Iris Schöberl meint dazu: „Das A und O ist es, ihre Grundbedürfnisse zu kennen. Dazu gehört, dass erwachsene Tiere im Schnitt 17 bis 18 Stunden Ruhe, Rast und Schlaf pro Tag brauchen. Überfordern ist genauso schlecht wie unterfordern“
Hunde und Menschen haben ähnliche Persönlichkeitsstrukturen
"Das ist auch der Grund, warum uns Hunde besonders gut lesen können.“, so Dr.Schöberl.
Umgesetzt auf hochsensible Hunde mit hochsensiblen Haltern bedeuten diese Studienergebnisse wiederum, dass hochsensible Hunde die Unsicherheit und Aggression ihrer Halter übernehmen und im eigenen Verhalten spiegeln. Und das wiederum erklärt, warum es so viele ängstliche oder aggressive Tiere gibt- weil sie nämlich wie ihre Besitzer werden. Besteht das Gespann Hund Menschen hingegen aus hochsensiblen Individuen, wird es kaum Probleme geben.
Hochsensible Menschen führen keinen Krieg und ziehen nicht in Schlachten
Hochsensible Zweibeiner treten lieber den Rückzug an, selbst wenn sie dabei dumm oder feige dastehen. Da Hunde nicht einfach den Rückzug antreten können, wenn sie gerade mit einem Strick um den Hals an einem Menschen dranhängen, werden sie vielleicht mit Angst reagieren. Nichts anderes ist die vielgefürchtete Leinenaggression: Der Hund würde gerne ausweichen oder flüchten, kann aber nicht. Also wählt er aus Furcht die Konfrontation.
Und schon hat der Mensch einen vermeintlichen Problemhund, der dann mit allen möglichen Schikanen der Hundeerziehung darauf gedrillt wird, sich, in einer für ihn unangenehmen oder bedrohlichen Situation, alles gefallen zu lassen.
Denn Sie ahnen es bereits: Da muss er durch. Und Fuß! Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es zurück, sagt ein altes Sprichwort. Genauso ist es auch bei der Energie, die wir ausstrahlen. Hunde spüren, ob Ihre Menschen gut gelaunt oder depressiv sind. Sie leisten enorme Hilfestellung vor allem im Bereich psychischer Erkrankungen, denken Sie nur an die Therapiehunde in Altenheimen oder Hunde, die Burn-out Patienten ins Leben zurückführen.
„Hunde haben alle guten Eigenschaften des Menschen, ohne gleichzeitig ihre Fehler zu besitzen“ sagte schon Friedrich II., der Große. Nur wissen das viel zu wenig Zweibeiner zu schätzen.
Herzlichst Bela Wolf,
Tierarzt, Autor und Tiergesundheitsjournalist
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*"Neural and behavioral bases of age differences in perceptions of trust" erscheint zwischen 3. und 7. Dezember 2012 in den "Proceedings of the National Academy of Sciences"
**“Psychobiological Factors Affecting Cortisol Variability in Human-Dog Dyads”, PLOS ONE, 8.2.2017