Kennen Sie das?
Sie wurden von einer Facebook Bekanntschaft kommentarlos zu einer x-beliebigen Hundegruppe hinzugefügt. Man hat Sie vorher nicht um Erlaubnis gefragt. Plötzlich finden Sie sich in einer Gruppe wieder, in der Sie nie sein wollten und der Sie freiwillig auch niemals beigetreten wären. Eine Hundegruppe. Ein Vierbeiner-Forum vielleicht. Dort, wo sich der durchschnittliche Hundehalter mit anderen vermeintlich durchschnittlichen Hundehaltern auszutauschen beliebt und wo man, wenn man nicht gruppenkonform oder mindestens derselben Meinung wie der Gruppen-Administrator ist, sofort strafweise entfernt wird. Ich habe das selbst erlebt.
Ungefragt hinzugefügt zu so einer reizenden Gruppe scheinbar verzweifelter gelangweilter Hausfrauen, die über ihre ebenso verzweifelten Methoden in Punkto Hundeerziehung, Hundefütterung und Hundegesundheit miteinander tagelang und seitenweise referierten, mussten meine Augen lesen, was das Gehirn so gar nicht glauben wollte.
Die Damen rieten beispielsweise zur Vermittlung von einem zur Adoption stehenden Hund nur in sachkundige Hände, die „den Hund, (der ohnehin schon sämtliche Hundeschulprüfungen die es nur geben kann abgelegt hat), hart arbeiten und fordern müssten, sonst…“ Sonst was? Sonst ginge es ihm vielleicht endlich gut und er käme zur Ruhe? Ich wurde glücklicherweise durch diesen Kommentar kommentarlos entfernt. Das jedoch waren noch die Besinnlichen.
Die anderen Kaliber, die mein Tierarztherz schaudern ließen, rieten zu viel schlimmeren Dingen.
Erst neulich erfuhr ich folgendes aus einer Hundegruppe. Die Halterin eines unkastrierten Labradorrüden empfahl den anwesenden Damen der Gruppe folgende Maßnahme, welche sie auch immer "anwendet", sobald ihr Rüde das leiseste Interesse an läufigen Hündinnen zeigt. Dann nämlich schnappt sie den armen Tropf, stellt ihn in die Badewanne und duscht ihn dort eiskalt ab. Auch gerne mehrmals. Bis er die Lust an läufigen Hündinnen verliert.
Lieber Gott!
Alle, die nicht dieser Meinung waren, wurden gemaßregelt und ausnahmslos aus dieser Gruppe der Vollpfosten entfernt.
Eine Tierquälerei der Sonderklasse, nur weil die Frau nicht kapiert, dass es sich um einen angeborenen Trieb der Fortpflanzung handelt, den man weder „wegduschen“ noch „abtrainieren“ kann? Sind solche Leute noch als zurechnungsfähig einzustufen? Ich denke nicht. Solchen Menschen gehört ausnahmslos sofort der Hund weggenommen.
Und dann fragen Sie mich, liebe Leserin, geschätzter Leser, warum es unseren Hunden psychisch und physisch immer schlechter geht? Warum haben wir durchwegs kränkelnde, traumatisierte und hysterische Hunde, die einem scheinbaren Trainer/ Tierpsychologen/ Heiler etc. vorgestellt werden müssen, der die Sache noch um ein Eckhaus schlimmer macht? Vielleicht weil es gar keine normalen Hundehalter mehr gibt, so wie es aussieht?
Vielleicht, weil es nur noch haufenweise Extremisten gibt, die da wären Extrem-Barfer, Extrem-Veganer, Extrem-Trockenfütterer, Extrem-Millanistas und Extrem-Klicker? Unmittelbar gefolgt von Extrem-Engelsflüsterern, Extrem-Heilern, Extrem- Naturheilkundebesessenen, Extrem-Antibiotikagegnern und Extrem –Besserwissern, denen es kein Hund und auch kein Tierarzt der Welt rechtmachen kann und die ihr Wissen aus dem Internet/ der Hundegruppe/ dem Fernsehen/ vom Hundeflüsterer/ von sonst woher überall ungefragt verbreiten wie ein unaufhaltsames hochansteckendes unheilbares Virus?
Warum?
Wo sind die normalen Menschen geblieben, die mit dem gesunden Hausverstand?
Ganz ehrlich, ich weiß darauf keine Antwort. Leidtragend sind allein die Tiere. Hunde, die dann beispielsweise mit irgendeiner Aromatherapie gequält werden, um sie ruhigzustellen. Oder in enge Druckwesten gestopft werden, da der Druck angeblich den Stress nimmt. Eh klar, ich würde auch ganz ruhig werden, wenn man mich in eine Ganzkörperkompresse steckt. Weil ich dann nämlich keine Luft mehr bekommen würde. Schon deshalb wäre ich ganz ruhig, um mit der restlichen Luft die mir zum Atmen bliebe zu überleben, ganz ruhig, irgendwo in einer starren Haltung. Tiere, die man von Quacksalber zu Heiler oder von Trainer zu Flüsterer schleppt und ihnen nie Ruhe gibt.
Empfehlenswert wäre da ausschließlich ein Besitzerwechsel für solche armen Hunde. Und eine Therapie für den Besitzer, nicht für den Hund.
Aber machen sie das mal wem klar…
Das Positive in der Geschichte ist, dass man jederzeit seinen Weg ändern kann. Treten Sie aus solchen Hundegruppen aus, glauben Sie nie, was Sie irgendwo irgendwann lesen. Klären Sie diese Menschen auf. Auch wenn es keinen Spaß macht. Den Hunden macht es noch viel weniger Spaß, solchen Menschen ausgeliefert zu sein. Hinterfragen Sie, zweifeln Sie.
Holen Sie eine fachliche Meinung ein.
Herzlichst Bela Wolf,
Tierarzt, Autor und Tiergesundheitsjournalist