In Hannover hat ein Staffordshire Terrier angeblich seine beiden Besitzer totgebissen.
Mehr brauchte es nicht, nur diese eine Schlagzeile, um die Wellen in sämtlichen Medien hochgehen zu lassen.
Endlich wieder der Beweis: Kampfhunde sind Killer!
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Danke!
Welch ein gefundenes Fressen für die Zeitungen, welch eine willkommene Einladung für Hundehasser und solche, die es immer schon werden wollten.
Der Hund wurde jahrelang nachweislich in einem Stahlzwinger eingesperrt gehalten.
Nachbarn wollen jetzt gesehen haben, wie der Besitzer auf der Straße nicht mit dem Hund fertig wurde. Im Nachhinein haben dann ohnehin immer alle schon gewusst: Da hat doch was nicht gestimmt!
Und in der Tat: Da hat gewaltig was nicht gestimmt.
Hunde in Boxen in der Wohnung weggesperrt zu halten, ist alles andere als artgerecht. Es ist Tierquälerei.
Und was genau haben denn die geschätzten Nachbarn gesehen? Vielleicht Dinge, die ich auch täglich sehe, wenn ich die Augen aufmache auf den Straßen und Gassen der Stadt?
Menschen, die ihre nicht ausgelasteten, völlig panischen oder an einem Würgeband zerrenden Hunde vor oder hinter sich herschleppen, ohne Auslauf, ohne Kontakt zu Artgenossen, sie anschreien, beschimpfen und treten? Schnell mal wo hinkacken lassen und grad noch die Blase ausleeren ein Mal am Tag, und dann wieder hinein in den Metallzwinger mit dem Mistvieh? Das haben sie gesehen, ja?
Genau so gut hätten sie auch mich vor ein paar Jahren auf der Straße beobachten können, als ich so aussah, als "würde ich mit meinem Hund nicht fertig werden".
Der Hund zog an der Leine (na was für ein Vergehen!), und flegelte andere Hunde an. Nein, der wollte ganz sicher nicht spielen!
Meiner hat das auch alles gemacht, als ich ihn damals aus dem Heim geholt habe, und er will auch heute mit den meisten anderen Hunden nicht spielen.
Ist er deshalb ein Killer?
Nein, denn erstens ist er kein Listenhund, sondern eine bunte Wolfsmischung, was ihn aber in den Augen mancher Menschen genauso schlecht dastehen oder gleich zum bösen Wolf mutieren lässt. (Kuck, der schaut schon so böse und hat so spitze Ohren!)
Außerdem hat er noch nie gebissen, weder Hunde noch Menschen, und zwar schon deshalb nicht, weil ich anderen Hunden ausweiche und lieber in entlegenen Gegenden spazieren gehe. Mittlerweile ist das kein Problem mehr. Dank meiner Obsorge und Liebe wurde aus einem schwer mißhandelten Tier wieder ein normaler Hund, der Sozialkontakte (in Maßen und mit vorheriger Absprache anderer Hundehalter) zulassen kann, ohne gleich an die Decke zu gehen wie früher. Bin ich mir nicht sicher, weiche ich lieber aus.
Im Gegensatz zu meinem Hund hatte der "Killerhund" aus Hannover hingegen leider von Geburt an Pech. Pech, in einer Staff-Haut geboren zu werden, Pech, bei einem Menschen zu landen, der besser niemals ein Tier halten dürfte.
Keiner kümmerte sich um die Bedürfnisse des Hundes. Nachbarn schauten offensichtlich weg.
Die Obduktionsergebnisse der wunderbaren verstorbenen Menschen, die ihren geliebten Hund in einer Stahlbox die ganze Zeit seines armseligen Hundelebens gefangen hielten, werden zeigen, ob es tatsächlich der Hund war.
Man kann übrigens auch einen Golden Retriever zur blutrünstigen Bestie machen, wenn man ihn lang genug attackiert, misshandelt und quält.
Herzlichst, Bela Wolf
Tierarzt, Journalist und Autor
