Was Menschen Möpsen antun: Die erlaubte Qual der Hunde

Reden wir mal über Möpse! Die meisten Hundeliebhaber werden ganz wuschig, wenn es um Möpse geht. Auf Facebook bekommt man die meisten Likes, wenn man Fotos dieser niedlichen, kleinen Hunde postet. Man findet Mopsbilder auf Bettzeug, Taschen und Schlafanzügen, ganz egal, wo sie auftauchen, regnet es sofort die obligaten Herzen und alle machen Kardashianlippen, um „Oh wie süß!“ zu seufzen.

Klar sind sie niedlich.

Aber um welchen Preis?

Möpse finden deshalb so großen Gefallen, weil sie das Kindchenschema bedienen. Ihre riesigen Kulleraugen, ihre runden Köpfchen und die platten Nasen erfüllen genau die Vorgabe niedlicher, kindlicher Proportionen, die auch bei Menschenkindern oder Jungtieren als Schlüsselreiz wirken und so das Brutpflegeverhalten auslösen. Das erklärt die Herzen.

Nicht erklärbar ist die Zucht dieser Hunde, die unter den Begriff „Qualzucht“ fällt.

Noch weniger erklärbar ist der Hype um eine Rasse, die so dermaßen überzüchtet wurde, dass diese Hunde kein normales Hundeleben mehr führen können.

Unter dem Deckmantel der Nachfrage schuf man Möpse mit großen hervorquellenden Augen, die oft Hornhautverletzungen nach sich ziehen und bei großer Aufregung aus der Augenhöhle fallen können. Die Mopsaugen müssen regelmäßig gesäubert und von Sekret befreit werden, da es sonst zu Hornhautentzündungen oder schlimmstenfalls sogar zu Hornhautgeschwüren kommen kann.

Möpse leiden oft an Demodikose, einer parasitären Hauterkrankung, die durch einen Immundefekt gerne an weitere Mops-Generationen weitergegeben wird und schwere Hautstörungen verursacht. Aber auch ohne Demodexmilben entzünden sich die Hautfalten oft.

Mit im genetischen Defekt-Programm ist die sehr schmerzhafte Hüftdysplasie (HD).

Am schlimmsten jedoch ist das „Brachycephal Syndrom“, welches nicht nur den Mops, sondern alle sogenannten „Kurznasenhunderassen“ betrifft.

Es bedeutet, dass die Nasenlöcher zu eng, die Nasenmuscheln abnormal gestaltet, das Gaumensegel zu lang, der Kehlkopf zu klein und der Durchmesser der Luftröhre viel zu gering ist. Wodurch der Kehlkopf kollabieren kann.

Der Hund röchelt und schnarcht (Menschen finden das mitunter sogar recht niedlich), bekommt bei erhöhter Außentemperatur (schon ab 14 Grad!) oder geringer Belastung kaum mehr Luft, zeigt Erstickungsanfälle mit hochgradiger Atemnot und fällt um. In schwereren Fällen können die Hunde schon beim Spazieren gehen, beim Spielen, Autofahren und jeder Art geringfügiger Aufregung tot umfallen.

Möpse haben absichtlich durch den "Rassestandard" verkrüppelte Beinchen und sind im Alter meist verfettet, da sie sich zu wenig bewegen.

Dies liegt nicht am Mops.

Der Mops würde sich gerne bewegen.

Allein, er kann nicht.

Er kann deshalb nicht, weil er keine Luft bekommt, bei jedem schnellen Schritt (und auch in Ruhe) nach Luft ringt und zu ersticken droht. (Irgendwo weiter unten werden Sie, geschätzte Leserin, werter Leser, ganz sicher Kommentare von Mopsbesitzern lesen können, die da lauten "Aber meiner rennt sogar neben dem Pferd her!" oder "Mein Mops schnarcht, weil er sich so wohl fühlt!" Dies ist dadurch erklärbar, dass die meisten Menschen nur Dinge sehen, die sie auch sehen möchten.)

Aber irgendwann, nachdem der Mops das zehnte Mal kollabiert ist während oder nachdem er zu schnell gelaufen ist, gibt er auf und bewegt sich einfach wenig bis gar nicht mehr. Meist bekommt er energiereiches Trockenfutter zu fressen, da die Futtermittelindustrie sofort „mopsgerechte“ Bissen schuf. Was die Verfettung fortschreiten lässt.

Der Mops ist nicht allein.

Sein Leid teilt er mit der Französischen Bulldogge und anderen Leidgenossen. Im Namen eines Rassestandards, der immer wahnwitziger wird, züchtet man Schäferhunde, deren Hinterläufe den Boden streifen, als wären sie gerade von einem Traktor überrollt worden, man "produziert" Bulldoggen mit Atemproblemen, Golden Retriever mit Schilddrüsen-, Herz-, Augen- und Magen-Darmproblemen, Berner Sennenhunde mit triefenden Tränensäcken, ins Auge wachsenden Wimpern und schwerer HD sowie diverse Minirassen, die ohne menschliche Hilfe, also mittels Kaiserschnitt, nie das Licht der Welt erblicken könnten.

Und das ist nur die Kurzfassung. Mehr dazu finden Sie hier: http://hundemagazin.ch/qualzucht-rassenrein-zum-krueppel-gezuechtet/

Was mich allerdings wirklich erschüttert, ist die Uneinsichtigkeit der Menschen, der Hundeliebhaber, der Mopsfreunde.

Kollege Dr. Ralph Rückert stellte kürzlich folgenden Beitrag auf Facebook online. Er schrieb, dass die Französische Bulldogge, die eben in seiner Praxis aus der Narkose erwachte, „ihren Tubus liebt. Dass diese Hunde bei vollem Bewusstsein das Gefühl genießen, zum ersten Mal in ihrem Leben mühelos (eben durch den Tubus) atmen zu können.“ Er erntete dafür dumme Kommentare und Beschimpfungen ohne Ende von French Bulldogg- Haltern, die offensichtlich nicht verstehen wollen oder können, was sie ihren Hunden angetan haben.

Hier geht es zum ganzen Beitrag von Dr. Rückert:

https://www.facebook.com/KleintierpraxisRueckert/photos/a.225169657588032.40521.224407390997592/1041514509286872/?type=3&theater

Ganz genauso geht es auch den Möpsen.

Was muss geschehen, damit sich etwas ändert?

Die österreichische Populationsgenetikerin Dr. Irene Sommerfeld-Stur von der VMU Wien setzt sich seit Jahren gegen Qualzucht bei Hunden ein.

„Es gibt da keinen Alleinschuldigen. Züchter, Zuchtverbände, Richter auf Ausstellungen und auch die Käufer spielen ihre Rolle. Die Richter nehmen die Probleme der Tiere häufig nicht wahr, und die Käufer kaufen die Tiere, einfach weil sie niedlich sind. Betroffene Züchter und Verbände ignorieren, dass es Probleme mit ihren Rassen gibt, oder bagatellisieren sie.“, so Frau Prof. Stur im Interview „Gründe für Qualzucht: Züchterstolz, Prestige und Emotionen“, welches Sie unter diesem Link nachlesen können:

http://www.noz.de/deutschlandwelt/vermischtes/artikel/11739/grunde-fur-qualzucht-zuchterstolz-prestige-und-emotionen

Im Klartext heißt das: Die Nachfrage regelt den Markt.

Die Nachfrage sind Sie.

Herzlichst Bela Wolf,

Tierarzt, Autor und Tiergesundheitsjournalist

https://tierarztwolfblog.wordpress.com

Pixabay/skeeze

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