Ostern naht. Die Katholiken feiern die Auferstehung des Herrn Jesus Christus aus Nazareth mit dem Verzehr von Lämmernem; die Orthodoxen zelebrieren ebenfalls mit Opferlammschmaus und bei den Juden reicht man gerne tote Lämmchen zum Passahfest. (Muslime fallen da gar nicht besonders auf, die schächten und braten ohnehin das ganze Jahr über Lamm.)

Der gemeinsame Nenner?

Tieropfer, die keiner braucht.

Die einen töten das Lamm mit Bolzenschuss, die anderen fesseln und knebeln es und schneiden ihm dann die zarte Kehle durch.

Es ist keine Kunst, ein Lamm hinzurichten; es ist klein, ein Tierkind noch, und es kann sich überhaupt nicht wehren. Auch erwachsene Schafe können sich nicht wehren; die von Natur aus friedlichen Tiere werden von Menschenhand umgesetzt und verharren so bis zu ihrem Tod.

Diese Information hat auch Otto Normalverbraucher mittlerweile erreicht und der erlegt gelegentlich seinen Lammbraten gerne selbst, indem er im eigenen Garten Schafe hält, die dann, auf wundersame Weise, jährlich in der hauseigenen Garage verschwinden. Im eigenen Heim für den eigenen Herd illegal zu schlachten ist kein Einzelfall in Deutschland. In Vorpommern gehört das irgendwie schon seit Jahren zum guten Ton.

Im schönen Österreich schächtet man auch ab und zu Schafe im Gemeindebau, bis sich Nachbarn wegen Lärmbelästigung beschweren oder das Blut ins Stiegenhaus rinnt.

Gelegentlich metzelt man sie irgendwo auf einer Wiese illegal hin. Oder auch auf einem Bauernhof. Oder sonstwo, wo es eben Schafe gibt.

Wird der eine oder andere Fall dann aufgedeckt, gehen die Wogen hoch. Weil Tradition, egal welche, muss immer hochgehalten werden! Gerne kommen dann ein paar öde, träge, meist völlig unpassende Vergleiche. Von Schweinen, die auch nicht gerne sterben, aber dennoch müssen. Oder von Kälbern, die nicht freiwillig Kalbsbraten wurden. Keine Frage, kein einziges Tier stirbt schmerzlos und freiwillig. Kein Huhn, kein Pferd. Sie alle leben genauso gerne wie wir.

Hier geht es aber um Tieropfer, nicht um Vergleiche, die Vegetarier und Veganer gerne anstellen. Und hier geht es auch nicht um das Fleischessen an sich. Nur um das Hinrichten im Namen einer Gottheit, unter dem Deckmantel einer Tradition.

Welcher Gott, der gut und gerecht ist, würde verlangen, dass sein eigener Sohn am Kreuz verrecken soll?

Welcher Gott würde tatsächlich Menschenopfer und Tieropfer einfordern?

Welcher Gott verlangt ein bestialisches Hinrichtungsritual mit einem heiligen Messer?

Was für ein Humbug, was für eine kranke Tradition; jahrhundertelang aufrecht erhalten, um sie immer wieder von Generation zu Generation weiterzugeben, bloß, weil es immer schon so war!

Das weiße Fell reiner Lammkinder wird jährlich an Ostern rot vom Blut. Aus Lämmern könnten Schafe werden, die allesamt sehr gerne an die 20 Jahre alt würden.

Weiß, die Farbe der Reinheit. Symbol für Frommheit und Opfergabe, um die Sünden der Menschen aufzuheben. Was für ein irrer Gedanke! Was für eine heilige Scheisse! Vergossenes Blut durch vergossenes Blut einer anderen Spezies zu sühnen, das ist wie Scharia, nur mit Tieren.

Lammmütter müssen dabei zusehen, wie man ihnen ihre Kinder entreißt, die man vorher noch schnell brutal und ohne Narkose kastriert (damit das Fleisch zart bleibt!), sie mit riesigen Ohrmarken versieht und dann am Hinterbein in einen LKW zerrt, um sie zum Schlachthof zu bringen.

Für den Osterschmaus.

Tierkinder essen?

Haben wir nicht genug anderes Fleisch?

Türmt sich nicht überall tonnenweise totes Rind, Schwein, Huhn und Pute in den Supermarktregalen?

Klar, die erwachsenen Tiere sterben auch nicht gerne und die meisten hatten es ihr Leben lang nicht fein. Die meisten von ihnen waren lebenslänglich angekettet, ausgebeutet, eingesperrt und wurden nach diesem kurzen, erbärmlichen Leben auch noch quer durch die Welt gekarrt. In einem dreckigen, viel zu heißen, viel zu kalten, viel zu engen LKW, um zum Schluß stolpernd und fallend über die Laderampe hinuntergeprügelt und in den Schlachthof hineingetrieben zu werden. Das ist bekannt.

Aber warum müssen es, nur um der Tradition Willen, auch noch die Tierkinder sein?

Darüber sollten wir kurz nachdenken, bevor uns der Kaufrausch packt, (die Umsätze für Ostergeschenke sind übrigens höher als die für Weihnachtsgeschenke), und wir unnötigen, dafür teuren technischen Schrott kaufen. Statt Zeit zu schenken.

Wie wär‘s denn heuer mit Lammfasten?

Kein Mensch braucht Computerfasten oder ähnlichen Kram. Kein Kind braucht tonnenweise Spielzeug, das sich oft bis zur Zimmerdecke türmt. Internetfasten, Fernsehfasten und Zuckerfasten ist was für gelangweilte Zweibeiner, die ohnehin schon alles doppelt und dreifach haben und denen normales Fasten zu schwierig, zu kommerziell oder zu wenig trendig ist.

40 Tage vor Ostern beginnt sie also, die christliche Fastenzeit, und viele sind grad mittendrin. Kein Gott (den es nachweislich nicht gibt, aber da schreit keiner: Studie! Link! Beweis!) hat etwas vom Fasten, vom Verzicht der Menschen, egal, welche Gottheit, egal, welche Religion.

Kein Gott hat etwas von Tieropfern!

Keine Schuld, die der Mensch auf sich geladen hat, wird dadurch vergeben, auch wenn das recht praktisch und einladend klingt. Es gibt keine Absolution eines Verbrechens durch ein Tieropfer; durch gar kein Opfer. Was man getan hat, hat man getan und dann muss man auch dafür geradestehen.

Tieropfer sind Traditionen für Menschen, die geistig noch im Mittelalter leben.

Offensichtlich unbekannterweise sagte oben genannter Herr Jesus Christus zu seinem Bekannten Herrn Simon Petrus nach der mutmaßlichen Auferstehung: „Pasce agnos meos!“, was so viel heißt wie „Weide meine Lämmer!“.

Weide meine Lämmer, nicht opfere meine Lämmer!

Aus diesem christlichen Grund, liebe Leserinnen, geschätzte Leser, essen Sie doch lieber mehr Schokolade und weniger Fleisch. Das beruhigt erstens die Nerven und senkt zusätzlich den hohen Blutdruck. Obendrein gibt es dafür auch einen wissenschaftlichen Beweis, im Gegensatz zur kollektiven Schuldvergebung und zum ausständigen Gottesbeweis.

Amen.

Herzlichst Bela Wolf

Tierarzt, Journalist und Autor

https://tierarztwolfblog.wordpress.com/

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