Hat der Hund plötzlich starke Schmerzen und kann nicht mehr aufstehen, sucht man den Tierarzt auf. Dieser untersucht den Hund, macht vielleicht ein Röntgenbild und dann kommt meistens das: „Ihr Hund bekommt jetzt eine Spritze (oder mehrere) gegen die Schmerzen.“ Oder auch das: „Geben Sie diese Tabletten gegen die Schmerzen täglich ein.“
Eine Spritze gegen die Schmerzen? Oder ein paar Tabletten? Und was ist da eigentlich drin? Bestenfalls befindet sich ein entzündungshemmendes, schmerzstillendes Mittel in der Spritze, welches meist zur Gruppe der nichtsteroidalen Antiphlogistika gehört wie Metacam, Rheumocam oder Rimadyl. Schlimmstenfalls ist es das beliebte Cortison.
Gerade sehr modern gegen Schmerzen aller Art beim Hund ist auch die Gabe von Pregabalin, einem Medikament aus der Humanmedizin. https://de.wikipedia.org/wiki/Pregabalin
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Dieses verabreicht man jetzt in vielen Tierkliniken und Veterinärmedizinischen Universitäten den Hunden. Meistens bleiben die Schmerzen trotzdem bestehen. Die Hunde sind hochgradig benommen, extrem müde und kaum ansprechbar. Pregabalin gehört zur Gruppe der Antikonvulsiva, es wurde 2004 zur Behandlung von neuropathischen Schmerzen, Epileptischen Anfällen sowie Angststörung bei Menschen zugelassen. Schwangeren und Kindern wird davon abgeraten, da es keine Studien gibt. Tierversuche zeigten, dass der Fötus geschädigt wird.
Und nun als Standardtherapie beim Hund?
Häufige Nebenwirkungen beim Menschen wie „Schwindel, Müdigkeit, Benommenheit, nachlassende Aufmerksamkeit, Trunkenheitsgefühl, verschwommenes Sehen, Gleichgewichtsstörungen, Erbrechen und Gewichtszunahme“ gefolgt von „gelegentlichen Nebenwirkungen wie Muskelzucken, Muskelkrämpfe, Herzrhythmusstörungen, Kraftlosigkeit und Stürze“ sind der Preis für Pregabalin. „Selten treten Schluckbeschwerden, hoher Blutzucker, Muskelschäden, Nierenversagen, Brustschmerzen und Veränderungen der Sicht auf. Weitere Nebenwirkungen mit unbestimmter Häufigkeit sind Herzmuskelschwäche (Herzinsuffizienz), Flüssigkeit in der Lunge, Verlust des Bewusstseins, Krampfanfälle sowie Überempfindlichkeits- und allergische Reaktionen.“ Nebenwirkungen, die mit Sicherheit auch beim Hund keine kleine Pause einlegen.
Cortison wiederum ist die billige Droge gegen eine ganze Palette von Krankheiten. Tut wo was weh, juckt es dauernd oder steht das Tier schon halb im Jenseits kommt Cortison zum Einsatz. Auch dann, wenn es die Lage verschlimmert statt verbessert. Der Hund hat starken Durchfall? Dagegen hilft Cortison. Der Hund hat chronische Schmerzen? Cortison! Ohrenentzündung? Sie wissen schon: natürlich Cortison. Der Hund hat einen unheilbaren, inoperablen Tumor in Leber und Milz: Cortison! Entzündungen von Bauchspeicheldrüse, Nieren, Herz und Gelenken zählen zu den Einsatzgebieten genau wie Virusinfektionen, Ekzeme oder Allergien.
Cortison steckt in Tabletten und Spritzen. Allen gemeinsam ist eine Senkung der Abwehrkräfte des tierischen Körpers. Besonders gefährlich ist eine Cortisonspritze, wenn der Hund beispielsweise an Leishmaniose leidet, da dadurch sofort der nächste Krankheitsschub ausgelöst wird. Cortison macht Impfungen völlig unwirksam (auch wenn es Tage vorher verabreicht wurde!), man kann es nach Langzeitgabe nur ausschleichend absetzen und im schlimmsten Fall entsteht Morbus Cushing (eine Unterfunktion oder sogar ein völliges Versagen der Nebennierenrinden). Ist der Hund auch noch Diabetiker, kann der Blutzuckerspiegel durch eine Cortisoninjektion völlig durcheinander geraten.
Cortison kann bei Tieren schon nach einer einmaligen Gabe Diabetes auslösen. Bekannte Nebenwirkungen sind Wassereinlagerungen, ein gestörter Calcium-Phosphor-Haushalt sowie Knochenerweichungen (erhöhte Bruchgefahr), pergamentpapierartige Haut, stumpfes Haarkleid, ein pathologisch gesteigertes Durstgefühl und eine damit verbundene vermehrte Harnausscheidung. Der Appetit wird angeregt, die Tiere fressen plötzlich wieder sehr gut und die Besitzer denken, den Tieren geht es wieder besser. Obwohl es ihnen eigentlich schlechter geht. Der Blutdruck steigt. Die Blutfette steigen auch. Unruhe oder völlige Apathie, starkes Hecheln, Durchfall und Übelkeit sind mit im Programm. Spielen bei einer Ohrenentzündung Hefepilze mit, bekommen diese durch Cortison komplett freie Bahn und überwuchern die Entzündung ohne gleichzeitige Antibiotikagabe völlig. Man gibt Cortison auch nach einer "Impfreaktion", was die Impfung natürlich sofort wirkungslos macht.
Man sollte Cortison beim Hund eigentlich nur zu einem Zweck verwenden, nämlich um im Fall eines Insektenstichs (Anaphylaktischer Schock!) in der Maulhöhle das Zuschwellen der Atemwege zu verhindern.
Das reicht doch eigentlich aus, um immer nachzufragen: „Was genau ist in der Spritze, die mein Hund bekommt? Was genau sind das für Tabletten, die ich eingeben soll?“
Eine Spritze "gegen Schmerzen" ist heutzutage nicht mehr ungefährlich, Tabletten "gegen Schmerzen" auch nicht. Es stehen wirklich ausreichend Medikamente, die speziell für Hunde entwickelt wurden, zur Verfügung. Starke Schmerzen brauchen oft eine hohe Dosis und eine mehrtägige Gabe von Schmerzmedikamenten, bis eine Besserung eintritt. Es ist nicht nötig, den Hund als Versuchskaninchen zu missbrauchen, nur weil es grad modern oder billig ist.
In diesem Sinne: Take care!
Herzlichst Bela Wolf,
Tierarzt, Autor und Tiergesundheitsjournalist
https://tierarztwolfblog.wordpress.com
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