Zurzeit „wohne“ ich für einen guten Monat auf einem Segelboot – ich bin Crewmitglied auf der Überführung des Katamarans „Vaya Con Dios“ #rundWesteuropa von Ibiza nach Holland. Schon vorher habe ich viel Zeit auf Segelbooten verbracht, bin unter anderem per Anhalter mit verschiedenen Booten über den Atlantik bis nach Brasilien gereist.
Segelboote sind grundsätzlich von Wind und Wellen abhängig – deswegen kann man nie vorhersagen, was als nächstes passiert. Für mich gehört diese Unvorhersehbarkeit zu den tollsten Gefühlen an Bord. Der nächste Moment kann großartig sein, begeisternd und faszinierend, aber auch beängstigend, anstrengend oder bedrohlich.
Um euch einen kleinen Eindruck zu geben, wie sich das Leben an Bord anfühlen kann, erzähle ich euch hier von 10 Erlebnissen, die ich schon direkt nach dem Wachwerden in meiner Koje gehabt habe:
- Die Sonne scheint rötlich über den Horizont und es duftet verführerisch aus der Kombüse: Einer meiner Mitsegler hat Pfannkuchen gemacht!
- Die vorige Wachschicht hat Ringe unter den Augen, friert und dank dichten Nebels beträgt die Sichtweite weniger als eine Bootslänge – an richtiges Segeln ist nicht zu denken!
- Beim Aufwachen höre ich Getrampel gepaart mit Begeisterungsrufen über mir an Deck: Eine Delfinschule begleitet uns am Bug!
-„ALLE MANN AN DECK!“ höre ich Stunden bevor ich eigentlich aufwachen wollte. Das Boot hat eine ungewollte Halse hingelegt, der Segelbaum ist gebrochen und ich frage mich, ob die Reise überhaupt weiter geht oder ob der Rettungshubschrauber kommen muss.
- Ich bin seit zehn Minuten auf meiner Wachschicht, nippe vorsichtig an meinem Kaffee und direkt neben dem Bug treibt mitten auf dem Atlantik ein Kühlschrank an unserem Schiff vorbei
- Die Nacht über herrschte noch kaum Wind, der auch noch von der Seite kam, so dass das Tuckern des Motors ständiger Begleiter war. Jetzt frischt der Wind auf und kommt genau von querab: Ich kann die Segel hissen und den Motor ausschalten – Ruhe und richtiges Segeln ist angesagt!
- Nachdem ich seit vier Tagen außer unserem Boot kein einziges Anzeichen menschliches Leben dröhnt bei strahlendem Sonnenschein in der Nähe des Äquators plötzlich die Stimme eines offensichtlich angetrunkenen Kapitäns aus dem Funkgerät: „I'm singing in the rain!“.
- Die Toilette läuft bei meiner Morgentoilette über, überschwemmt das Bad und mein erster Auftrag an diesem Tag lautet, die Fäkalienpumpe auseinanderzunehmen und zu reparieren.
- Mein Kapitän weckt mich mit der Frage, ob ich mich mit Hydraulik auskenne. Hintergrund: Das Ruder ist ausgefallen und auf dem Weg nach Südamerika treiben wir gerade mit einem Knoten Geschwindigkeit Richtung Afrika. Mit Hydraulik kenne ich mich nicht aus.
- Mich weckt die sich überschlagende Stimme eines Mitsegler: „Land in Sicht!“. Nach 16 Tagen auf dem Ozean ohne jeden Blick auf's Festland taucht am Horizont die Küste Brasiliens auf. Zum Frühstückskaffee gibt es eine Zigarre.
War jemand von euch schon mal segeln? Oder träumt ihr davon?Ich freue mich auf eure Kommentare!