Bilanz der Expo 2015: Mit Übersättigung gegen den Welthunger

Ich wollte unbedingt noch die Weltausstellung in Mailand sehen, bevor der Spaß im November endgültig vorbei ist. Der amerikanische Außenminister hat sich wohl dasselbe gedacht – und so wurde mein Expo-Besuch mit einer Rede von John Kerry eingeleitet. Passend zum Thema der Expo „Feeding the Planet – Energy for Life" sprach er vom Klimawandel, dem Welthunger, den verschwendeten Ressourcen und davon, dass wir natürlich alle gemeinsam etwas dagegen unternehmen müssen. Er ging auch auf die Flüchtlingskrise in Europa ein und meinte, dass das erst der Anfang sei: Denn wenn wir die globale Erwärmung nicht bremsen, dann würden bald auch die Klimaflüchtlinge zu uns kommen.

Die üblichen Mahnungen halt. Mal sehen, ob dem nächsten Klimagipfel diesmal wirklich Taten folgen. Wer's glaubt ...

Die Kerry-Rede erwies sich tatsächlich als Leitmotiv für die gesamte Ausstellung: Es wurde auf Nachhaltigkeit und Umweltschutz gepocht, das Wort „Biodiversität" war überhaupt das wohl am meisten beanspruchte Wort der Ausstellung – der Schutz der Artenvielfalt. Doch bei genauem Hinsehen ist die Expo selbst ein Paradebeispiel für Verschwendung und Übersättigung.

Es ist eine Massenabfertigung von Menschenmassen, die zu tausenden durch die Pavillons geschleust werden. Bis zu 250.000 Menschen pro Tag. Menschenschlangen, wohin man blickt – ob vor dem Eingang, den Klos oder den Restaurants. Und freilich setzt hier die Gastro auf altbewährtes Plastikgeschirr. Von der Nachhaltigkeit wird hier vor allem geredet, gelebt wird sie nicht.Zwar werden hier einige interessante Projekte vorgestellt, die tatsächlich helfen könnten, die Zukunft einfach grüner zu gestalten. Im italienischen Pavillon werden etwa aktuelle Forschungsarbeiten präsentiert: Unterwassergemüseanbau, Tomatenanbau am Mars, Gewebegewinnung aus Orangenschlagen.

Auch Österreich zeigt in seinem erfolgreichen Pavillon (das Team gewann übrigens den Gestaltungswettbewerb) ein sehr interessante Idee: Fast die gesamte Fläche von 560 Quadratmetern ist mit heimischen Bäumen und Pflanzen bepflanzt worden. Durch ein ausgeklügeltes Raumkonzept ist hier die Temperatur um fünf Grad kühler. Der Stickstoff, den die Zuschauer ausatmen (1.600 Besucher pro Stunde!) wird sofort von den Pflanzen via Photosynthese in Sauerstoff umgewandelt. „Breathe Austria!" steht in großen Lettern am Eingang. Tatsächlich könnten solche Wäldchen in der Stadtplanung eingebunden werden und somit einige kühle Oasen in den immer heißer werdenden Sommern sein.

Doch bis auf wenige solcher Innovationen, stellt sich doch das Gefühl ein, dass hier vieles sehr oberflächlich behandelt wird. Richtig naiv mutet – der trotzdem sehr gelungene – Pavillion Zero an. Die UNO hat sich nämlich das Ziel vorgenommen, dass kein Mensch mehr an Hunger sterben soll. In Zeiten, in denen die Welt zusieht, während tausende Männer, Frauen und Kinder im Mittelmeer ertrinken, mutet diese Forderung leider lächerlich und träumerisch an.

Tatsächlich wäre es schön, wenn die Botschaft der Expo irgendwann in der unmittelbaren Realität ankommt. Wir werden sehen, was von der Weltausstellung nach dem November bleibt. Hoffentlich mehr, als gigantische Müllberge, die beim Abriss der Pavillions entstehen.

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Silvia Jelincic

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fischundfleisch

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