Endlich ist die Hitzewelle vorbei. Endlich. Wer hat nicht die letzten Tage die Fenster weit aufgerissen und die kühle Regenluft hereingelassen? Ich habe endlich wieder durchgeschlafen und bin nicht in aller Herrgottsfrüh schweißgebadet nach einem Alptraum aufgewacht, bei dem ich in einer finnischen Sauna eingesperrt war.

Doch zu sehr dürfen wir uns nicht freuen, im Gegenteil: Wir sollten uns lieber an den Gedanken gewöhnen, zukünftig immer öfter solche Hitzewellen aushalten zu müssen. das wir die letzten zwei Wochen erlebt haben ist nichts, was einfach als statistischer Ausreißer in die Geschichte eingehen wird.

Wir haben erstmals am eigenen Leibe die Auswirkungen des Klimawandels gespürt.

Dieser Sommer war nur ein Vorgeschmack auf das, was uns die nächsten Jahre erwartet. Der Wiener Umweltmediziner Hans-Peter Hutter erklärte mir vor zwei Wochen: „In dreißig Jahren würden wir die Temperaturen der letzen Wochen als kühle Brise empfinden.“ Denn bis dahin wird es drei Mal so viele Hitzewellen in einem Jahr geben. Als Hitzewelle bezeichnen Wissenschaftler übrigens drei aufeinander folgendn Tagen, bei denen das Thermometer über 30 Grad anzeigt. Hutter arbeitete am österreichischenKlimaberichtmit, der düstere Prognose gibt: Bis zum Jahr 2100 soll die Durchschnittstemperatur im Alpenraum um vier Grad ansteigen. Das klingt am ersten Blick nicht sehr viel, doch wenn die Durchschnittstemperatur nur um ein Grad steigt, so schießt die Mortalitätsrate gleich um sechs Prozent in die Höhe. Denn der Kreislauf – insbesondere jener von älteren Personen mit Grunderkrankungen – ist bei so hohen Temperaturen besonders gefordert. In der Periode von 2035 bis 2065 soll der Klimawandel jährlich 1.000 Menschenleben in Österreich fordern. In extremen Jahren kann die Todesrate aber auch sechsmal so hoch sein.

Bereits jetzt sind die Folgen des Klimawandels in Österreich verheerend. Vergangene Woche machte ich mit Franz Windisch, dem Präsidenten der Wiener Landwirtschaftskammer in Oberlaa für einen PULS4-Beitrag einen Spaziergang. „Meines Wissens hat es noch nie so einen Sommer gegeben,“ sagte Windisch betrübt. Er zeigte mir Kartoffelfelder, auf denen der Kartoffelkäfer gewütet hat. Die Insekten sind nämlich die einzigen, die sich über die Hitzewelle freuen und sich rasant vermehren. Und dann waren da natürlich völlig verdorrte Felder und Weiden. Bei den Herbstsorten – das sind das sind Kartoffel, Mais, Zuckerrübe, Sonnenblume und Sojabohne – erwarten die Bauern einen Ernteausfall von über fünfzig Prozent. Manche überlegen schon, zukünftig völlig andere Pflanzen anzubauen, zum Beispiel Hirse. Diese Getreideart kommt ursprünglich aus Afrika und braucht nicht so viel Wasser. Wenn das so weiter geht, werden wir bald Kokospalmen statt Marillenbäumen sehen.

Und auch die Feuerwehr sieht sich langsam überfordert. 40 Prozent ihrer Einsätze sind bereits Reaktionen auf den Klimawandel, der uns im Sommer unzählige Waldbrände und dazwischen einige Hochwasser beschert. Albert Kern, Präsident des Österreichischen Bundesfeuerwehrverbandes, bat vergangene Woche in einer Pressekonferenz die Entscheidungsträger um Hilfe: „Die letzten Ereignisse zeigen, dass solche extremen Wetterereignisse zunehmen werden. Und um in Zukunft diese bewerkstelligen zu können, müssen wir nun eben vieles diskutieren.“ Die Feuerwehr fordert nun eine gesetzliche Regelung für das Freistellen von ehrenamtlichen Feuerwehrmännern von ihrer Arbeit, auch deren Arbeitgeber sollen zukünftig zumindest steuerlich entlastet werden.

In den vergangenen Wochen musste die Feuerwehr übrigens sogar Fischen das Leben retten. Denn wenn das Wasser in den Teichen zu warm wird, kann es nur noch schlecht Sauerstoff binden ­– die Fische ersticken dann quasi. Die Einsatzkräfte mussten Wasser in die Luft spritzen, damit es sich so mit Sauerstoff anreichern kann.

Was wir diesen Sommer erlebt haben, ist also nur ein kleiner Vorgeschmack von dem, was wir in Zukunft erleben werden.

Freuen wir also umso mehr über den Regen.

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fischundfleisch

fischundfleisch bewertete diesen Eintrag 14.12.2015 23:17:13

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