Sarkissova gegen Petzner, das war ein zärtliches Techtelmechtel gegen das, was sich nun im rechten und unteren Teil unserer schönen Republik abspielt. Martin Sellner ud HC Strache spielen die Hauptrollen und zunächst scheint klar zu sein, wer die Haupt- und wer die Nebenrolle hat. Hauptdarsteller ist HC Strache, Vizekanzler. Er richtet Sellner aus, dass es keine Gemeinsamkeiten der FPÖ mit ihm und seinen Identitären geben kann und dass er mit einem Mann, der eins Hakenkreuze auf Synagogen geklebt hat, nicht zu tun haben will. Nebendarsteller Sellner kontert (via Twitter) seinem politischen Idol, und das kann man durchaus pointiert sehen:
"Vor Tische las man's anders: Verehrter Herr Wehsport-Wikingjugend-Honsik-Abendlandverteidiger."
Das sitzt. Ein Tweet des Salzburger IB-Sprechers, Edwin Hintsteiner, ist noch eine Spur schärfer:
"Strache ist der verfaulende Rest dessen, was einmal die Hoffnung aller österreichischen Patrioten war. Strache ist widerlich!"
Mittlerweile haben die Identitären diese und ähnliche Tweets gelöscht.
Strache lässt "Jugendsünden"-Ausrede nur bei sich gelten
Worauf Sellner - nicht ganz zu Unrecht - anspielt: Strache wirft Sellner etwas vor, das er in seinem Fall gegenüber Kritikern als "Jugendsünde" zu verbuchen ersucht. Mit anderen Worten: Strache übersieht noch-chalant seine eigenen Umtriebe im Nazisumpf. Diese Kapitel zu Straches Geschichte sind in der Süddeutschen Zeitung recht schön nachzulesen. Ob das alles ist, das wissen vermutlich nur clandestine Kreise, um die damaligen Kameraden im Unterholz, mit denen Strache einst das Töten im Nahkampf übte.
Dieses Milieu ist das Milieu der Identitären - wenngleich letztere weniger plump auftreten. Es gibt unzählige Überschneidungen zwischen der ehamaligen Neonaziszene, Teilen der FPÖ und den Identitären. Die Schnittmenge sind oftmals die Burschenschafter. Strache war in den letzten 15 Jahren ihr Mann. Jetzt spuckt Strache sie - auf Druck von Kurz, Kronenzeitung und Öffentlichkeit - aus wie eine Zwetschke, in der man beim Kauen einen Wurm entdeckt.
Wenn einer untreu wird: dann kracht es
Die Identitären sind angefressen und zahlreiche Burschenschafter sind angefressen. Von Straches Wehsport- und Wikingjugend-Abenteuern sind eine Handvoll Fotos bekannt. Die Fotos sind nicht vorteilhaft für Strache, aber sie alleine reichen nicht für ein Ende der politischen Karriere. Wovon wir ausgehen können: in den Giftschränken der Burschen, vermutlich besser geschützt als die Liederbücher in den Kellern, gibt es noch ein paar Fotos oder andere Dokumente zu Straches "Jugend", die Kurz, der Kronenzeitung und der Öffentlichkeit gar nicht gefallen würden. Bislang gab es keinen Grund, Strache damit zu schaden. Die "Smoking Gun" wurde aufbewahrt, für den Fall, dass einer untreu werden sollte. Und das ist jetzt der Fall. Strache wurde untreu gegenüber den Identitären, vielen Burschenschaftern und gegenüber Sellner. Es wird noch vor den EU-Wahlen krachen.
Update am 9. April 12 Uhr 30. Sellner orakelt soeben auf Twitter:
"Wir könnten auch mitspielen, unsererseits leaken, diffamieren und Versprechen brechen. Die Koalition würde wanken. Aber wir tun das nicht. Warum? Uns ist der Beifall der Liberalen egal. Uns geht es um das große Ganze. Und wir wollen noch in den Spiegel schauen können."