Beim politischen Aschermittwoch der sächsischen AfD hat André Poggenburg, AfD-Chef in Sachsen-Anhalt eine Rede gehalten, in der er Türken als "Kümmelhändler" und "Kameltreiber" bezeichnet hat. Grund waren Äußerungen der Türkischen Gemeinden in Deutschland gegen die Pläne von CDU/CSU und SPD, das Bundesinnenministerium mit dem dekorativen Zusatz "Heimatministerium" zu versehen. So sprachen die Türkischen Gemeinden den Deutschen das Recht auf ein "Heimatministerium" mit Hinweis auf die deutsche Geschichte ab und kritisierten, ein solches stehe dann für "Ausgrenzung und Spaltung". Eine ziemliche Unverschämtheit, dennoch - klug waren die Äußerungen Poggenburg gewiss nicht und man kann sich schon fragen, wem er damit in wessen Auftrag wohl nutzen wollte. Der AfD gewiss nicht, denn die Reaktion in den deutschen Medien folgte prompt: "Hetze", "Hassrede", "brauner Sumpf" "NPD-light", "Rassist" usw. usf. das übliche Repertoire halt. Und selbstverständlich ermittelt auch die Staatsanwaltschaft.
Nun sollten wir allerdings an dieser Stelle etwas in uns gehen und uns erinnern. Es ist noch nicht lange her, dass Malik Karabulut, damals Vorsitzender des türkischen Elternrats in Hamburg die Deutschen als "Köterrasse" bezeichnete. Das erscheint mir doch wesentlich unfeiner als "Kümmelhändler" oder "Kameltreiber". Grund für die Wut des Herrn Karabulut war eine Resolution des Deutschen Bundestages vom Juni 2016 mit der der türkische Völkermord an den Armeniern im Jahr 1915 mit rund 1,5 Millionen Toten verurteilt wurde. Doch das Beste kommt noch: Vor ziemlich genau einem Jahr befand die Hamburger Staatsanwaltschaft, dass an dem Wort "Köterrasse" zur Kennzeichnung der Deutschen nun reineweg gar nichts auszusetzen sei und stellte ein entsprechendes Verfahren ein. Deutsche können also selbstverständlich als "Köterrasse" bezeichnet werden. Nun, vor diesem Hintergrund darf man gespannt sein, zu welchem Ergebnis die Staatsanwaltschaft im Fall von Poggenburg kommt. Wetten werden angenommen...
Doch gehen wir weiter: Erinnert sich noch jemand an das Schmähgedicht des großen Komiker-Imitators Jan Böhmermann über den türkischen Präsidenten Erdogan, in welchem er diesem u. a. Sex mit Ziegen und Schafen nachsagt, ihn als "Präsidenten mit kleinem Schwanz" bezeichnet und vor allem als "schwul" beschimpft, was im Fall von Erdogan offensichtlich toleriert wird? Böhmermann wurde - völlige Talentfreiheit ist kein Hinderungsgrund - 2017 sowohl mit dem Grimme-Preis wie dem Deutschen Fernsehpreis geehrt, was wohl mehr über den Zustand des deutschen Medienbetriebs und die Qualität deutschen Fernsehens sagt als über Böhmermann.
Und weiter in den deutsch-türkischen Beziehungen. Just in diesen Tagen ist in der Türkei der Türke mit deutschem und türkischem Pass Deniz Yücel aus der Haft entlassen worden. Darüber freuen wir uns in Deutschland derzeit ein Loch in den Bauch. Es ist eben dieser Deniz Yücel, der vor ein paar Jahren über Deutschland schrieb "Der baldige Abgang der Deutschen aber ist Völkersterben von seiner schönsten Seite." Und es ist der Deniz Yücel, der Thilo Sarrazin den nächsten Schlaganfall wünschte. Legendär übrigens das Yücel-Zitat "Etwas Besseres als Deutschland findet sich allemal". Nun, in der Türkei hat er es offensichtlich nicht gefunden, denn nun ist er wieder zurück im bösen Deutschland, das er so hasst, wofür ihn die Deutschen wiederum lieben, weil sie sich offensichtlich selber hassen, die Meinungsmacher zumindest.
Das war er, der kleine Ausflug in die deutsch-türkischen Merkwürdigkeiten und die Merkwürdigkeiten der deutschen Politik und Medienlandschaft. Wer in diesem Land keine Widersprüche erkennt und dass da offensichtlich mit zweierlei Maßstäben gemessen wird, dem wünsche ich weiter einen geruhsamen Schlaf und träumen sie weiter schön - bis zum bösen Erwachen.
