Wie könnte man den Zustand von Politik und Medien in Deutschland besser beschreiben? "Wenn es ausreicht, von sich selbst überzeugt zu sein, um erfolgreich inhaltsleeres Geschwätz oder bedeutungsschwangere Falschheiten verbreiten zu können, dann ist eine Verständigung unmöglich geworden...Schließlich entstehen Echoräume, in denen Einzelne oder Gruppen sich im Alleinbesitz der Wahrheit wähnen, während sie – taub für die Außenwelt – ihren eigenen Überzeugungen lauschen, die von den Wänden widerhallen...Die Bewohner der Echoräume orientieren sich an denen, die ihnen sagen, was sie hören wollen, nicht an denen, die ihnen sagen, was sie wissen sollten."
Hier ist alles beschrieben, woran Politik und Medien derzeit kranken. Sie leben in ihrer eigenen Welt. Wer je einer Merkelschen Rede gelauscht hat, bekommt eine Vorstellung davon, was inhaltsleeres Geschwätz ist. Wer gehört hat, dass der Euro und Griechenland gerettet, die Energiewende ein Segen und Flüchtlinge eine Bereicherung sind, die niemandem etwas kostet, der weiß, was bedeutungsschwangere Falschheiten sind. Wer je eine Talkshow der letzten Monate gesehen hat, wo einzelne Kritiker von Politik und Mainstream von der ModeratorIn und der sorgfältig ausgewählten Mehrheit der Mitdiskutanten niedergebrüllt wurden, der bekommt ein Bild davon wie Verständigung unmöglich wird. Wer die grandiosen Fehleinschätzungen von Politik, Meinungsmachern und Demoskopen nur allein im Hinblick auf das Brexit-Votum oder den Ausgang der Präsidentschaftswahlen in den USA registriert hat, dem wurde in aller Deutlichkeit vor Augen geführt, was die Folge davon ist, wenn man sich im Alleinbesitz der Wahrheit wähnt, taub für die Außenwelt ist und lediglich den eigenen Überzeugungen lauscht und nicht denen, die einem sagen, was man wissen sollte.
Insofern könnte man Bundespräsident Joachim Gauck und seiner Rede zum 60. Jahrestag der Gründung des Presserates aus vollstem Herzen zustimmen. Das Dumme ist nur, dass obiges Zitat zwar aus seiner Rede stammt, es aber nicht auf den Zustand von Politik und Medien bezogen ist, sondern - wie hätte man es auch anders erwarten können - auf das tumbe Volk, das Pack, die Dunkeldeutschen, die sich von Internet und sozialen Netzwerken verführen lassen, statt auf Presse und Fernsehen zu hören. Und so ist nun Gaucks Rede nur eines: unfreiwillig komisch. Sie ist beredtes Beispiel für die intellektuelle Beschränktheit etablierter Parteien und Medien und die völlige Unfähigkeit, Realitäten und eigene Fehler zu erkennen. Woran das System krankt, wird denen zugeschrieben, die den Finger in die Wunde legen.
Das schlimme ist, Gauck & Co machen noch nicht einmal den Versuch, zu verstehen, was so viele Menschen dazu bringt, sich von Politik und Medien abzuwenden. Statt dessen wird aus einer Hybris heraus, die ihres gleichen sucht, auf den vermeintlichen Plebs eingedroschen. So hat denn auch Gauck für alle Kritiker letztlich nur Verachtung über: "Kommunikationsflüchtlinge", "Parallelwelten", "digitale Stammtische", "gesellschaftliche Unterströmung". Wer aber aus einer Position des vermeintlich Überlegenen, meint, das Volk erziehen zu müssen und zwar auf ziemlich autoritäre Art, wird seinem eigenen Anspruch nicht gerecht. "Demokratische Gesellschaften brauchen den Austausch mündiger Bürger untereinander." Genau, Herr Bundespräsident, nur sollten die Repräsentanten dieser Demokratie ihre Untertanen auch wie mündige Bürger behandeln und Austausch ermöglichen und nicht behindern.
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