Es ist noch nicht lange her, da demonstrierten im vornehmen Hamburger Stadtteil Blankenese die Bürger. Das kommt nicht alle Tage vor. Natürlich gingen sie nur auf die Straße, um das Fällen irgendwelcher Bäume zu verhindern. Es ging selbstverständlich nicht darum, das dort eine Flüchtlingsunterkunft errichtet werden sollte. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. So viel Einsatz für die Natur ist doch einfach rührend, oder?
Mit weniger Pietät könnte man auch sagen - die mögen Schwarze und Araber, nur nicht in ihrer Nähe. Dass so eine Wahrheit auszusprechen nicht ungefährlich ist, jedenfalls viel gefährlicher als der Protest im vornehmen Blankenese konnte am Wochenende Herr Gauland von der AfD erfahren. In einem Hintergrundgespräch bei der vormals seriösen FAZ tappte er in eine Falle. Was er genau gesagt hat, lässt sich nicht ermitteln, weil es eben kein autorisiertes Interview war. Wahrscheinlich hat er ja wirklich gesagt: "Ja, die Leute mögen einen schwarzen Fußballstar wie Boateng, nur sie mögen keine Schwarzen in ihrer Nachbarschaft." Was ist daran bitte rassistisch? Nichts, hätte es nur Herr Stegner oder Herr Maas gesagt. So aber hat sie zugeschnappt die Falle. Das passte. Nun konnte man der AfD endlich die Maske vom Gesicht reißen so kurz vor der EM. "Gauland beleidigt Boateng", "Hetzen mit Methode", "Die AfD ist deutschfeindlich", der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt. Was gegenüber Boateng geschmacklos ist, ist gegenüber Gauland nur recht und billig. Wenn nun also bei Twitter gepostet wird, er sei Rassist, eine braune Vollnuss, dann ist das nur gerechtfertigt und Ausdruck höchster Menschlichkeit, denn es trifft ja den Abschaum, sprich Gauland.
Wo sind wir nur hingekommen in Deutschland? Eine früher angesehene Zeitung wie die FAZ ist nicht mehr von einem Blatt wie dem Neuen Deutschland zu unterscheiden. Sie macht sich zum Handlanger der etablierten Parteien, indem sie eine Äußerung aus einem Hintergrundgespräch publiziert und damit die Grundregeln journalistischen Anstands verletzt. Eine Äußerung zudem, die keinesfalls eine Beleidung Boatengs ist, sondern nur die Zustände in Deutschland beschreibt, siehe Hamburg. FAZ und andere Medien blasen aber im Verein mit CDU, SPD, Grünen und anderen zur Jagd auf die AfD. Parteien und Medien im Schulterschluss, sowas gab es zuletzt in der DDR. Nur wenige rühmliche Ausnahmen gibt es wie z. B. die Rheinische Post, die in ihrem Kommentar zumindest anklingen lässt, was Gauland wohl wirklich meinte.
Das Erschreckende, hier geht es nicht mehr um Boateng, hier geht es nicht um Fremdenfeindlichkeit, sondern vor allem darum, eine unliebsame Partei, koste es, was es wolle, tot zu kriegen. Ein Empörungswelle wird losgetreten, deren Zutaten bewusstes Missverstehen und öffentliches Abwatschen sind, um unangenehme Diskussionen zu verhindern. Vielleicht geht die Taktik von FAZ, SPD, CDU und anderen auf und die Bürger wenden sich von der AfD ab. Die Probleme, die diese Partei thematisiert, erledigen sich damit jedoch nicht. Und Apropos Fußball-EM: Bei so viel Ekel vor jeder Nationalstaatlichkeit - warum treten bei der EM eigentlich noch Nationalteams wie Deutschland oder Frankreich an? Sollte da nicht besser Europa I gegen Europa V und Team Europa II gegen Europa IV spielen? Ist sicher nur eine Frage der Zeit. Auf jeden Fall: Sollte Deutschland die EM gewinnen, bitte nicht zu viel jubeln, man könnte sonst in den Verdacht kommen, ein Nationalist und AfD-Sympathisant zu sein.
https://www.youtube.com/watch?v=6SmgatJN3ZA