Ich hatte Abstinenz geschworen. Doch dann, gestern früh, in einem schwachen Moment hab ich es wieder getan. Ich habe das regierungsamtliche Fernsehen geschaut, genauer gesagt das ZDF-Morgenmagazin. Es waren aber nur 5 Minuten, denn länger konnte man es nicht aushalten. Vielleicht hab ich ja auch nur einen ungünstigen Moment erwischt und bin gerade wieder in so einem Umerziehungsbeitrag gelandet. Wobei ich mir nicht sicher bin, ob es dort überhaupt noch 5 Minuten Sendezeit gibt, wo man uns nicht agitieren, zu besseren Menschen machen, die Welt erklären und über das, den, die Bösen aufklären oder das Gute verherrlichen will.
Ich hatte den Fernseher kaum an, als ich mit Bildern von Unmengen im Ozean treibenden Plastikmülls konfrontiert wurde. Bei meinen Reisen zu den verschiedensten Küsten ist mir der zwar noch nicht begegnet, ich leugne aber nicht, dass es ihn gibt und dass er ein echtes Problem ist, gegen das etwas unternommen werden sollte.
Nun sind wir Deutschen Weltmeister darin, jedes Problem dieser Welt zu unserem zu machen. Und das öffentlich-rechtliche Besserungsfernsehen ist da besonders eifrig. So auch das ZDF-Morgenmagazin. Auf die Bilder des im Ozean schwimmenden Plastikmülls, folgte nämlich das Bekenntnis einer ZDF-Redakteurin, auch sie verwende zu viele Plastikverpackungen. Sie tat das mit einer Miene, als hätte sie gerade einen Mord gestanden. Dann folgte noch ein Vor-Ort-Termin in der Wohnung der Frevelerin. Und tatsächlich, in ihrem Kühlschrank fanden sich abgepackte Wurst, Joghurt und Frischkäse in Plastikbechern und mancherlei andere schlimme plastikverpackte Dinge.
Über die weiteren Sequenzen des kleinen Beitrages kann ich nicht berichten, weil ich an dieser Stelle den Fernseher ausgeschaltet habe, weil ich einfach nicht die Kraft hatte, diesen Schwachsinn weiter zu ertragen. Ich vermute, es folgten mehrere Aufrufe, doch Plastikverpackungen zu reduzieren und vieles eben lose oder in Papier verpackt zu kaufen (wird damit aber nicht der Abholzung der Wälder Vorschub geleistet?)
Was ich aus den wenigen Minuten dieses Beitrages gelernt habe, ist, dass die Leute vom Dualen System offensichtlich nachdem sie meine Gelbe Tonne entleert haben, damit nicht in die Recyclinganlage fahren, sondern schnurstracks an die Nordsee und das Zeug ins Meer kippen. Denn ansonsten würde sich mir nicht erschließen, warum der Verzicht auf Plastikverpackungen in Deutschland einen Beitrag zur Reduzierung des Plastikmülls in den Weltmeeren leisten sollte.
Es ist immer das gleiche Muster, auch wenn wir Deutschen gar nicht Verursacher eines Problems sind, so fühlen wir uns doch bemüßigt, es durch allerlei Aktivitäten und seien sie noch so schwachsinnig zu lösen.
Wenn z. B. wie 2011 in Japan nach einem sehr starken Erdbeben mit anschließendem Tsunami ein Kernkraftwerk havariert, schalten wir alle deutschen Kernkraftwerke ab, auch wenn es hier bei uns gar keine schweren Erdbeben und auch keine Tsunamis gibt. Und natürlich werden wir ganz im Alleingang die weltweiten CO2-Emmissionen senken, indem wir unsere Kohlekraftwerke abschalten und dann die Gaskraftwerke und natürlich den Verbrennungsmotor für Autos verbieten.
Jetzt warte ich nur noch darauf, dass wegen Smog in Peking in Berlin Fahrverbote für PKW ausgesprochen werden und nach einer Havarie in einer Kongolesischen Chemiefabrik alle deutschen Chemiewerke mit sofortiger Wirkung ihre Betriebserlaubnis verlieren. Denn eines ist ganz wichtig, wir Deutschen gehen mit gutem Beispiel voran und kein Problem dieser Welt wäre zu groß - oder nach Belieben auch zu klein - als das wir es von Deutschland aus nicht lösen könnten. Bis auf unsre eigenen selbstverständlich, denn die erkennen wir nicht einmal.