Wir sind gewarnt worden. Von der Partei und den Blockparteien, von den Regierenden, also der Partei und den Blockparteien, und von den Medien in der DDR, also der Partei und den Blockparteien: Das Westfernsehen und das Westradio verbreiten nur Lügen. Denen kann man nicht trauen. Sie manipulieren und verdrehen Tatsachen. Die Wahrheit ist nur in den Zeitungen, dem Fernseh- und dem Radioprogramm der DDR zu finden. Das ist mehr als 26 Jahre her.

Heute werden wir wieder gewarnt. Von den etablierten Parteien, von den Regierenden, also den etablierten Parteien und von den etablierten Medien, also den etablierten Parteien: Im Internet bei Facebook & Co werden nur Lügen verbreitet. Denen kann man nicht trauen. Sie manipulieren und verdrehen. Da stecken Putin und die AfD und womöglich gar Satan dahinter. Die haben sogar die Wahl in den USA beeinflusst. Wie anders ist es zu erklären, das Hillary Clinton nicht von mindestens 90% der Bürger in den USA gewählt wurde? Die Wahrheit findet man nur in den etablierten Zeitungen und im Fernsehen oder Radio, am besten bei den Öffentlich-Rechtlichen.

So einfach ist also die Welt oder sollten wir besser sagen das Weltbild der wahrhaft Aufrechten. Der Kämpfer für die einzig wahre (selbst definierte) Demokratie und das wirkliche (flexibel nach eigenem Gusto auszulegende) Recht. Der Kämpfer gegen eine Zensur des Internets in China und der Türkei und für eine Zensur des Internets bei uns.

Wer also wissen will, wie die Etablierung totalitärer Regime, z. B. in Russland nach 1917 oder in Deutschland nach 1933 möglich wurde, die natürlich immer im Namen des Guten und im Namen des Kampfes gegen das Böse erfolgte, der muss nur aufmerksam durch die Gegenwart gehen.

So droht denn auch schon mal Volker Kauder, Fraktionsvorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, mit dem Ende der Freiheit, wenn im Netz weiter gelogen wird. Da kann einem Angst und Bange werden. Wer definiert denn, was Lüge ist? Herr Kauder? Da fällt mir auch was ein. 2005 versprach die SPD im Bundestagswahlkampf, es werde mit ihr keine Mehrwertsteuererhöhung geben. Die CDU wollte die Mehrwertsteuer um maximal 2% erhöhen. Ergebnis nach der Wahl: Die Mehrwertsteuer wurde um 3% erhöht. Mehrfach versprach Merkel vor Bundestagswahlen "Weniger Steuern, weniger Staat". Passiert ist nichts. Weder der Eingangs- noch der Spitzensteuersatz wurden seit 2005 gesenkt. Oder bleiben wir doch gleich bei Herrn Kauder. Auf die Kosten der Flüchtlingskrise im Tagesspiegel angesprochen, sagte er: "Niemandem wird etwas weggenommen, weil Flüchtlingen geholfen wird. Nirgendwo ist gekürzt worden." Aha. Wo kommen dann die 11.800 € her, die jeder Flüchtling pro Jahr kostet? Die Kosten für die Integration sind da nicht eingerechnet. Wie viele Flüchtlinge kamen im letzten Jahr zu uns? Rund 1 Million. Nun kann jeder rechnen. Sind die zig Milliarden vom Himmel gefallen? Hätten die nicht anders verwendet werden können? Hat Herr Kauder hier nicht gelogen?

Bedenklicher noch ist eine andere Entwicklung. Daran, dass Menschen, die die Politik der Regierenden und die unkritische Berichterstattung in den Medien kritisieren, pauschal als Nazis beschimpft werden, auch wenn sie nur Positionen vertreten, die vor 20 Jahren in der CDU noch Konsens waren, haben wir uns inzwischen gewöhnt. Auch dass Gewalt gegenüber AfD-Mitgliedern und AfD-Wahlkreisbüros stillschweigend toleriert wird, von Politik wie Medien ist inzwischen gängige Praxis.

Eine neue Stufe ist allerdings damit erreicht, dass die Politik offen Einfluss auf die öffentliche Diskussion nimmt und missliebige Veranstaltungen untersagt. So gerade geschehen in Magdeburg. Das dortige Theater, sicher unverdächtig ein Hort von Rechtsradikalen zu sein, hatte für Januar zu einer kritischen Diskussionsrunde geladen. Offensichtlich hat man dort die Lippenbekenntnisse der Politik zu einer sachlichen Auseinandersetzung mit Positionen, die nicht dem Mainstream entsprechen, ernst genommen. So hatte das Theater Götz Kubitschek, einen Publizisten und Kleinverleger und Mitbegründer der neurechten Denkfabrik Institut für Staatspolitik zu einer Diskussionsrunde mit dem sachsen-anhaltischen Innenminister Holger Stahlknecht eingeladen. Der hatte auch zugesagt.

Nun ist Kubitschek zwar ohne Zweifel erzkonservativ, aber alles andere als ein Nazi. Offensichtlich wirkt allein sein Name in Sachsen-Anhalt aber wie ein rotes Tuch. So hagelte es Kritik an der Veranstaltung. Stahlknecht verteidigte seine Teilnahme: "Die Menschen sind 89 auch auf die Straßen gegangen, damit die Theater frei entscheiden können, was bei ihnen läuft und auch diskutiert wird. Die CDU stellt sich argumentativ allen Debatten, das gehört zur Meinungsfreiheit." Da hat er aber die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Nicht nur, dass er auf Twitter übel beschimpft wurde, eigentlich wird doch sowas unter Hetze abgebucht, nein er rief auch seinen Chef auf den Plan. So verkündete Regierungssprecher Schuppe ultimativ, die Veranstaltung "wird in dieser Form nicht stattfinden." Basta. Nach dieser deutlichen Ansage der Partei- und Staatsführung von Sachsen-Anhalt sagte sowohl Stahlknecht seine Teilnahme wie auch das Theater Magdeburg die ganze Diskussionsrunde ab. Wo kämen wir denn hin, wenn jedes Theater glaubt, frei diskutieren zu können? Ein wahres Trauerspiel. Was sind wir doch für ein freies und demokratisches Land!

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