Es ist das geschehen, was man früher oder später erwarten musste: Ein islamistisch motivierter Terroranschlag in Deutschland mit einem Dutzend Toten. Und danach geschieht genau das, was man auch erwarten musste. Medien und Politik werden – bis auf einige Ausnahmen – nicht müde zu warnen: Nicht vor terroristischen Bedrohungen, sondern vor der Reaktion darauf. Jetzt dürfe nur Zeit für Trauer und Betroffenheit sein, Fragen nach der Schuld für das Geschehen seien pietätlos.
Merkwürdigerweise scheint es aber nicht pietätlos, die Gelegenheit zu nutzen, mit der vermeintlichen Pietätlosigkeit der Kritiker der Merkelschen Politik gegen ebenjene Kritiker zu Felde zu ziehen und ihnen Hartherzigkeit vorzuwerfen ob des wie eine Naturkatastrophe über die Menschen hereingebrochenen Unheils. Dies wird geradezu zu einem Akt der Menschlichkeit stilisiert. Nun, das hätten sie gern: Unter dem Vorwand des Mitgefühls alle Diskussionen zu unterbinden über ein Geschehen, das eben keine Naturkatastrophe war.
Das, was offiziell goutiert wird, schwankt zwischen hilflos, grotesk und manchmal fast schon widerlich. Da singen Berliner und Flüchtlinge gemeinsam „We are the world“. Da zieht Frau Kamp-Karrenbauer gegen den Störenfried Seehofer zu Felde mit der Aussage: „Erst aufklären, dann sachlich diskutieren und erst am Ende, falls erforderlich, Gesetze ändern." Klingt gut, ist aber nichts anderes als der Wunsch nach einem Maulkorb für unerwünschte Fragen. Nun, Frau Kamp-Karrenbauer, gute Nachricht für Sie. Es bedarf keiner Gesetzesänderungen. Es würde schon reichen, hätte sich die Bundesregierung an bestehende Gesetze gehalten. So wie sie es von ihren Bürgern erwartet. Es hätte schon gerecht, hätte man nicht deutsche Grenzen für jeden geöffnet, ohne zu kontrollieren. Es hätte schon gereicht, Personen ohne Papiere nicht einreisen zu lassen. Es hätte schon gereicht, konsequent abzuschieben.
Die Regierung Merkel hat eben dies nicht getan. Die mindeste Folgerung aus diesem Versagen wäre zurückzutreten. Auf jeden Fall reicht es nicht, in der Gedächtniskirche Händchen zu halten und Betroffenheit zur Schau zu stellen. Da wird der „Arabische Frühling“ in Tunesien gefeiert, da können deutsche Touristen in das Land reisen, aber ein Tunesier kann auch nach abgelehntem Asylgesuch in Deutschland bleiben, ja er kann, obwohl er bereits straffällig geworden ist, sich frei bewegen und untertauchen. Dabei gibt es das Instrument der Abschiebehaft. Sie kann für 6 Monate verhängt und um maximal 12 Monate verlängert wären. Wann, wenn nicht bei einer Person, die als Gefährder eingestuft ist, sollte dies Anwendung finden? Das verstehe, wer will.
Derweil wird der Krieg an ganz anderen Fronten geführt. Je deutlicher das Staatsversagen und das Versagen auch des größten Teils der Medien zutage tritt, umso intensiver wird der Kampf gegen den Hass geführt. So wird Jan Böhmermann von Bento gefeiert, weil er seine Berliner Show, die mit Witzen über Bifis im Arsch und dem Abspielen von Rülpsgeräuschen begann, kurz nach der Information über den Anschlag sofort beendete und die Botschaft verbreitete „Und bitte glaubt nicht den Arschgeigen, die das jetzt schon für ihre politischen Zwecke instrumentalisieren wollen." Er selber hat damit natürlich nicht "instrumentalisiert", ist schon klar.
Da stößt Roland Nelles im Spiegel nicht nur ins gleiche Horn, ja mehr noch, er setzt die AfD mit Terroristen gleich, indem er behauptet: "Wer die Lage jetzt, wie die Zyniker von der AfD, ausnutzen will, um Menschen gegen Menschen aufzuhetzen, betreibt das Geschäft der Terroristen." Aber es geht noch mehr. Er stellt Berlin in eine Reihe mit Orlando, Nizza und ... natürlich Aleppo. Klar, auch Putin ist ein Terrorist. Weil er mit Assad gegen die Terroristen der Al-Nusra-Front gekämpft hat. Komisch, in dem Fall sind die wohl gute Terroristen, die Al-Nusra-Leute.
Ein besonderes Kunststück vollbrachte auch das ZDF-Morgenmagazin vom 22. Dezember. Hier wird doch wirklich der Bogen vom Berliner Anschlag zu den sozialen Netzen gezogen, Tenor: Hass im Netz ermöglicht erst Terror. Na, wenn das nicht ein guter Anlass ist, die Netze mal etwas schärfer zu überwachen.
Fazit. Der Terror ist in Deutschland endgültig angekommen. Die poltische Klasse und die Medien reagieren wie gewohnt; mit Phrasen. Uns geht es wirklich (zu) gut. Ein Trauerspiel.
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