Erstaunliche Dinge findet man in unseren Medien. Dinge, die einen sprachlos machen. Dinge, die erklären, warum das Wort von der Lügen- oder Lückenpresse die Runde macht. Dinge, angesichts derer man sich fragt, für wie blöd man eigentlich gehalten wird.
Schon heute früh im Morgenmagazin bin ich darüber gestolpert. Heute Abend bei den Heute-Nachrichten des ZDF gab es eine Neuauflage. Entlarvender geht es nicht.
Da findet sich ein Beitrag über Aleppo und den bösen Assad und die bösen Russen, die einfach die Stadt bombardieren und dort gegen die islamistischen Rebellen kämpfen. Was gar nicht geht, weil Zivilisten darunter leiden müssen. Über Sanktionen gegen Russland ist daher zu reden, für die es - leider - momentan keine Mehrheit gibt. So weit so gut.
Vor dem Beitrag über den Syrienkonflikt lief ein langer Bericht über den Vormarsch irakischer Truppen und ihrer Verbündeten auf die IS-Hochburg Mossul. Tenor: die Stadt muss und wird zurück erobert werden. Granatwerfer, Panzer und andere schwere Waffen sind im Einsatz. US-Kampfflugzeuge fliegen Luftunterstützung. Und es wird wohl Monate dauern, die Stadt zurückzuerobern. Und man erfährt nebenbei, dass in Mossul noch rund 1,5 Mio. Menschen leben. Und dass der IS Opfer unter der Zivilbevölkerung wohl für sich instrumentalisieren wird. Aha.
Was unterscheidet eigentlich den Kampf um Aleppo von dem gerade beginnenden um Mossul? Außer natürlich, dass die irakischen Truppen und die Amerikaner die Guten und die syrischen Truppen und die Russen die Bösen sind, weshalb auch die islamistischen Rebellen in Aleppo fast schon wieder die Guten sind, die islamistischen Rebellen in Mossul aber abgrundböse Terroristen.
Und wie stellt man sich bei uns und beim ZDF eigentlich die Zurückeroberung Mossuls vor? Haben wir da intelligente Waffen im Einsatz? Maschinengewehre, deren Kugel einen Bogen um Zivilisten machen? Bomben, die nicht zünden, sondern sich selbst entschärfen, wenn sie Kinder im Zielgebiet ausmachen? Granaten, die noch eine Runde drehen und warten bis nur ein paar böse IS-Kämpfer in der Nähe sind, bevor sie einschlagen?
Ich fürchte, dies wird man uns in den nächsten Wochen und Monaten irgendwie zu vermitteln suchen. Und ich fürchte, das glauben auch nicht wenige Leute. Dabei lehrt uns die Geschichte der Kriege dieser Welt, dass es anders ist. In jedem Krieg, bei jeder Zurückeroberung einer Stadt gibt es viele zivile Opfer. Das galt im Dreißigjährigen Krieg, das galt in den Weltkriegen, das galt natürlich im Vietnamkrieg und das gilt auch für den Drohnenkrieg.
Wem zivile Opfer ein zu hoher Preis für die Eroberung einer von islamistischen Kämpfern gehaltenen Stadt sind, muss auf alle Versuche zu ihrer militärischen Eroberung verzichten. Das gilt dann aber nicht nur für Aleppo, das gilt dann ebenso für Mossul. Zivile Opfer hier als Schande zu begreifen, dort aber als leider unvermeidliches Übel anzusehen ist der Gipfel der Unverfrorenheit und eine Beleidigung des Geistes. So man denn welchen besitzt, versteht sich.
Urheberrecht: kafeinkolik Opfer des Krieges in Syrien
