Eine Woche nach dem Amoklauf von Halle ist es Zeit für eine nüchterne Betrachtung der Tat. Also für das, was im Deutschland dieser Tage nicht möglich ist. Die Tat des Stephan B. ist die Tat eines Wahnsinnigen, in einem Land, in dem der Wahnsinn inzwischen Staatsräson ist. Wo könnte dies besser sichtbar werden als an dem Geschehen von Halle und den Reaktionen darauf.
Stephan B. ist ein Amokläufer, wie er im Buche steht. Er hat getan, was für Amokläufer typisch ist, ob in den USA, in Neuseeland, Norwegen, Frankreich oder wo auch immer. Und dennoch ist seine Tat anders, denn er beging sie in Deutschland und die jüdische Gemeinde von Halle war sein Ziel.
Vergleichen wir mit der Amokfahrt des Anis Amri vom Dezember 2016 in Berlin. Amri war ein bekennender Islamist. Er war als Gefährder bekannt. Dass er die Tat begehen konnte, zeugt vom Versagen der Behörden. Die Bilanz: 12 Tote und 55 Schwerverletzte. Die Reaktion der Politik und der Medien: Verhalten. Die Kanzlerin brauchte sehr lange, bis sie halbherzige Worte für die Opfer fand. Die Medien warnten, die Tat zu instrumentalisieren und zu verallgemeinern. Da war der Vorwurf, die AfD und "Rechts" missbrauchten den Terroranschlag für ihre Zwecke und das sei infam.
Ganz anders im Oktober 2019 in Halle. Die Kanzlerin reagiert sofort. Allgemeine Betroffenheit. Gedenkveranstaltung folgt auf Gedenkveranstaltung. Es ist von deutscher Verantwortung die Rede und davon, dass dies ein Zeichen wachsenden Antisemitismus in Deutschland sei und es fehlt nicht an Solidaritätsbekundungen gegenüber den jüdischen Gemeinden in Deutschland.
Die jüdische Gemeinde zu Halle, die Ziel des Anschlags war, hatte Glück. Der Täter konnte nicht wie geplant in die Synagoge vordringen. In einem Land, in dem grenzenlose Offenheit als Ideal gilt, scheiterte er an einer verschlossenen Tür. Opfer unter den Mitgliedern der jüdischen Gemeinde gab es daher glücklicherweise nicht. Außerhalb der Gemeinde allerdings schon, eine Frau aus Halle, die zufällig des Weges kam, ein junger Mann aus dem nahen Merseburg, beide wohl konfessionslos wie im Osten allgemein üblich. Doch wer die Medien verfolgt, kann leicht glauben, es habe nur ein Opfer gegeben, die Juden in Deutschland. Die Politik versichert den jüdischen Gemeinden ihre Solidarität, man werde alles tun, jüdisches Leben in Deutschland zu schützen, den Kampf gegen rechts verstärken usw. usf. Für die beiden, die ihr Leben an diesem Tag verloren, bleibt eher wenig. Sie erscheinen fast als Kollateralschaden. Auf die Spitze trieb dies der bayerische Ministerpräsident Söder, der beim Parteitag der Jungen Union in Saarbrücken erklärte: "Zum ersten Mal wieder in Deutschland wird ein Jude mit bewussten antisemitischen Motiven ermordet." Wenn es also keine jüdischen Opfer gibt, dann werden sie halt gemacht. Ist dies Zeichen für Desinformiertheit und Beschränktheit heutiger Politiker? Ist es der Wille, im Mainstream ungeachtet der Tatsachen ganz vorne schwimmen zu wollen? Auf jeden Fall ist es kennzeichnend dafür, wie heute in Deutschland Politik gemacht wird.
Antisemitismus gibt es in den USA und Russland, in Frankreich und Polen. In Deutschland gibt es leider auch Antisemiten. Nur in Deutschland ist im Gegensatz zu anderen Staaten Antisemitismus besonders verwerflich. Warum? Wegen der besonderen Verantwortung der Deutschen für ihre Geschichte. Aber kann man nicht nur für eigenes Tun verantwortlich sein? Die Deutschen, die im Jahr von Hitlers Machtantritt geboren wurden, waren am Ende der Naziherrschaft gerade einmal am Beginn der Pubertät. Sie können keine Schuld auf sich geladen haben. Heute sind sie 86 Jahre alt oder - sehr viel wahrscheinlicher - in den meisten Fällen bereits verstorben. Haben Deutsche, die lange nach dem Ende des Nationalsozialismus geboren wurden, eine besondere Schuld und Verantwortung, nur weil sie Deutsche sind? Wohnt ihnen das Böse innen, nur weil sie Deutsche sind? Eingedenk mancher Äußerungen aus der Politik, könnte man dies vermuten. Aber wird ein solches Denken, das einem Volk auf ewig Schuld zuspricht, das es mit negativen Attributen versieht, nicht allgemein als Rassismus bezeichnet? Produziert die Art und Weise des Umgangs mit der Tat von Halle nicht vielleicht gerade das, was man verhindern will?
Stephan B. war anders als Amri vor seiner Tat nicht auffällig geworden. Er hat sich im Stillen radikalisiert. Er war nicht ungebildet. Er hat Abitur gemacht, zwei Semerster studiert, doch dann ist er abgerutscht. Er war vom Hass auf Juden und vom Hass auf den Feminismus geprägt. Warum das so war, darüber kann nur spekuliert werden. Fest steht jedoch, dass in einem Volk, das sich auch mehr als 70 Jahre nach dem Ende des Nationalsozialismus nur über die negativen Seiten seiner Geschichte definiert, in dem vor Fußballweltmeisterschaften dazu aufgerufen wird, auf die Nationalfarben zu verzichten, in der die Kanzlerin auf Wahlpartys die deutsche Fahne entsorgt, aber "Deutschland verrecke" von Politikern goutiert wird, Gegenreaktionen geradezu programmiert sind.
Nicht jeder, vor allem nicht jeder junge Mann, findet sein höchstes Glück darin, Asche auf sein Haupt zu streuen. Und nicht jeder junge Mann kann einen ausufernden Feminismus für sich als Bereicherung empfinden. Wie steht es um die Zukunft junger Männer heute, die genau wissen, dass Frauenquoten ihnen die Karriere zunehmend schwieriger machen, gerade im akademischen Bereich? Und wem ist es zu erklären, dass Frauen sich zwar sehr viel weniger als Männer in Parteien engagieren, aber 50% der lukrativen Posten in Partei, Bundestag und Regierung für sich reklamieren? Wie ist es zu erklären, dass Frauen im Fußball ebensoviel Geld für sich einfordern wie ihre männlichen Kollegen, obwohl Frauenfußball ein Schattendasein führt? Dies könnte übrigens anders sein, wenn Frauen so zahlreich in die Stadien zu den Spielen ihrer Geschlechtsgenossinnen pilgerten, wie Männer in die Stadien der 1. Herren-Bundesliga.
Angesichts zunehmender Disparitäten in unserer Gesellschaft, angesichts zunehmender Ungerechtigkeiten und einer immer stärkeren Ideologiesierung des täglichen Lebens steht zu befürchten, dass Anschläge wie der von Halle eher häufiger werden. Die Politik tut jedenfalls alles, um dazu beizutragen. Haben die etablierten Parteien beim Anschlag vom Breitscheidplatz 2016 noch vor einer Instrumentalisierung gewarnt, betreiben sie gerade jetzt dieses Geschäft. Politiker der etablierten Parteien tun sich damit hervor, der AfD eine Mitschuld an dem Anschlag von Halle zu geben. Ja der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung Felix Klein ging sogar so weit Lügen zu verbreiten, indem er der AfD Antisemitismus vorwarf. Er machte dies daran fest, dass die AfD den Juden die Beschneidung und das Schächten von Tieren verbieten wolle. Nichts davon steht im Programm der AfD oder wird von ihr gefordert. Die Partei setzt sich nur dafür ein, dass Tiere vor dem Töten betäubt werden.
Machen wir uns nichts vor. Der Terror von Halle ist den Regierenden in Deutschland willkommener Anlass, um unter dem Deckmantel des "Kampfes gegen Rechts", persönliche Freiheiten weiter einzuschränken. Es gibt bereits Forderungen, die Überwachung des Internets zu verschärfen, härter durchzugreifen, den Meinungskorridor weiter einzuengen. In einer Zeit aber, in der jede Kritik an ungezügelter Einwanderung, das Benennen signifikant hoher Kriminalität unter Einwanderern, Kritik an einem immer weiter ausufernden Gender Mainstreaming oder Zweifel an der These vom allein menschengemachten Klimawandel bereits als "Meinungsverbrechen" behandelt werden, gerät die Freiheit wirklich in Gefahr, aber nicht von rechts, sondern von links. Wir sind auf dem besten Wege in eine neue Diktatur, keine nationalsozialistische, sondern eine sozialistische, was ohnehin nur zwei Seiten derselben Medaille sind. Insofern darf es nicht verwundern, dass eine wahnsinnige Politik wahnsinnige Amokläufer produziert.
Nachbemerkung: Kann man etwas gegen eine solche Entwicklung tun? Ich sage eindeutig: Nein. Offensichtlich liebt es die Menscheit alle paar Jahrzehnte irgendwelchen irren, realitätsfernen Ideologien zu huldigen. Erst wenn deren Scheitern an der bösen Realität in einem grandiosen Zusammenbruch offenkundig wird, gibt es einen schmerzlichen Neuanfang. So wird es auch dieses Mal sein. Dagegen anschreiben zu wollen, käme einem Kampf gegen Windmühlenflügel gleich. Daher bleibt nur eines, was derzeit sinnvoll ist: Der Rückzug ins private und das tägliche Bemühen, sich über den Wahnsinn dieser Welt nicht zu ärgern. Und sinnvolleres tun, als solche Beiträge zu schreiben, z. B. ein gutes Buch lesen (unpolitisch), mit dem Hund spazieren gehen, gut Essen (und trinken!) oder seinen Hobbys huldigen. Was ich künftig gelobe zu beherzigen.
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