Stellen Sie auch gelegentlich fest, dass sich Dinge ändern? Gratulation, dann funktioniert Ihre Wahrnehmung offensichtlich noch und ihr Geist ist wach, statt einfach nur so vor sich hin zu dämmern. Stellen Sie sich z. B. vor, da ist ein guter Schulfreund, mit dem Sie sich über Jahre prima verstanden und voll und ganz auf einer Wellenlänge waren. Wenn Sie Glück haben, ist das auch nach Jahrzehnten noch so. Doch oft kommt genug kommt es vor, dass Sie feststellen, Ihr Freund hat sich verändert. Aus dem netten Kumpel, ist ein arroganter Affe geworden, dem vielleicht beruflicher Erfolg zu Kopf gestiegen ist. Und aus dem lockeren Typen, mit dem Sie manche Nacht durchzecht haben, ein spaßfreier Asket, der keinen Tropfen Alkohol mehr anrührt und sich zudem vegan ernährt. Gut, wenn Sie dann schnallen, dass da wohl etwas anders ist als früher.
In der Politik ist das scheinbar schwieriger. Nach den Landtagswahlen in Brandenburg und Sachsen gab es im Mitteldeutschen Rundfunk einen Eklat. Die Moderatorin Wiebke Binder hatte in einer Fernsehsendung des MDR zum Wahlausgang gegenüber dem sächsischen CDU-Politiker Wanderwitz geäußert, dass ja auch eine "bürgerliche Koalition" aus CDU und AfD möglich sei. Die Empörung war groß, man bemühte sich um Schadensbegrenzung. Wie konnte Binder die AfD nur als bürgerlich bezeichnen? Selbst Bundespräsident Steinmeier stellte - dies zeugt davon, dass er sich wirklich als überparteilicher Präsident aller Deutschen und nicht als Scharfmacher versteht - noch einmal klar, dass die AfD eine Nazipartei sei und alles andere als bürgerlich. Dennoch entdeckte auch Thilo Sarrazin, dass es eigentlich eine bürgerliche Mehrheit in Deutschland aus CDU/CSU, FDP und AfD gebe.
Tut mir leid, Herr Sarrazin und Frau Binder, hier muss ich Ihnen ganz wie der Bundespräsident und unsere Qualitätsmedien widersprechen. Es gibt keine bürgerliche Mehrheit in Deutschland, Sie haben es nur noch nicht gemerkt. Und damit bin ich wieder am Anfang meines kleinen Beitrages. Sowohl Sarrazin als auch Binder haben nicht gemerkt, dass sich "ihr Freund" CDU/CSU grundlegend verändert hat. Dabei hätte ich gerade Sarrazin für einen wachen Geist gehalten. Nun mal Klartext: Eine bürgerliche Mehrheit ist in Deutschland nicht möglich, aber nicht etwa weil die AfD nicht bürgerlich wäre. Das ist sie sehr wohl und zwar als letzte Partei in Deutschland, auf die dieses Attribut noch zutrifft. Das Problem ist - die CDU wie auch die CSU sind schon lange keine bürgerlichen Parteien mehr. Ihre "Bürgerlichkeit" ist nur mehr Folklore, nicht mehr und nicht weniger. Sarrazin, Binder und eine Vielzahl der Wähler haben dies nur noch nicht geschnallt. Liebe Leute, wacht auf, CDU/CSU sind nicht mehr das, als was Ihr sie vor 20 Jahren kennengelernt habt. Sie sind heute links, in fast nichts von SPD, Grünen und sogar der Linkspartei zu unterscheiden.
Beispiele gefällig? Schon 2011 hat Merkel die doppelte Energiewende vollzogen und den beschleunigten Ausstieg aus der Nutzung der Kernenergie beschlossen. Auch aus der Nutzung der Kohle wollen CDU/CSU bis spätestens 2038 aussteigen. Das ist glasklar grüne Politik. Merkel und weite Teile der CDU sind inzwischen zudem von einem - woher auch immer rührenden - Hass auf das eigene Land getrieben, der nur noch von der Antifa getoppt wird. Schon 2013 riss Merkel dem damaligen CDU-Generalsekretär Gröhe bei einer Wahlparty die Deutschlandfahne missbilligend aus der Hand. Inzwischen erträgt sie offensichtlich nicht einmal mehr das Abspielen der deutschen Nationalhymne ohne das Zittern zu bekommen. Nach den Landtagswahlen 1994 in Sachsen-Anhalt trauten sich nicht einmal SPD und Grüne mit der äußersten Linken, damals noch unter Partei des demokratischen Sozialismus (PDS) firmierend, eine Koalition einzugehen. Man bildete statt dessen eine Minderheitsregierung und ließ sich von der PDS tolerieren. Vor den Landtagswahlen im September 2019 in Brandenburg hat sogar die dortige CDU ihre Bereitschaft bekundet, nach den Wahlen auch mit den SED-Erben von der Linken eine Regierung zu bilden. Wenn man sogar mit den Kommunisten von der Linken mitgeht, die zurück zum Sozialismus wollen, welches Beweises bedarf es denn noch, dass die CDU nicht mehr bürgerlich ist?
Aber bitte, ein paar haben wir noch: Wie es der Wirtschaft geht, ist der CDU lange schon egal. In Zeiten, in denen Wirtschaft und Bürger trotz Steuereinnahmen in Rekordhöhe unter einer immensen Steuerbelastung ächzen, will die CDU um eine völlig irre Klimarettungspolitik zu finanzieren weiter kräftig Steuern und Abgaben erhöhen. Ist das bürgerlich? Nur 26 % der Parteimitglieder der CDU sind Frauen. Offensichtlich haben Frauen weniger Bock auf Politik. Trotzdem sollen 50% der Posten und Mandate in der CDU mit Frauen besetzt werden. Eine so irre Quotenpolitik, die letztlich Männer benachteiligt und undemokratisch ist, kennt man sonst nur vom links-grünen Parteien. Ist das bürgerlich? Während einerseits die deutsche Wirtschaft mit überbordender Bürokratie und kleinlichen Umweltvorschriften, einer schwachsinnigen Energiewende, die die Stromkosten auf Höchststände katapultiert, traktiert und damit immer weniger konkurrenzfähig gemacht wird, fallen der CDU, sollte das Kind dann wirklich drohen in den Brunnen zu fallen, nur planwirtschaftliche Verstaatlichungen ein. Ist das bürgerlich? Die Reihe der Aufzählungen ließe sich beliebig weiterführen, die Befürwortung einer ungezügelten Masseneinwanderung, der sich nun auch die CSU angeschlossen hat, ist hier noch gar nicht erwähnt.
Daher nun noch einmal zum Mitschreiben: Es gibt keine bürgerliche Mehrheit in Deutschland, da CDU/CSU nicht (mehr) bürgerlich sind. Da steht nur noch bürgerlich drauf, weil man aus diesem Spektrum Wählerstimmen fischen will. Die "Bürgerlichkeit" von CDU/CSU ist eine Mogelpackung. Je länger sich die Bürger dieses Landes davon blenden lassen, umso schneller steuern wir in den Abgrund und sage bitte später keiner, man habe es nicht wissen können.
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