Die Deutschen hat wieder einmal die Hysterie gepackt. Sie sind sehr, sehr in Sorge. Sie sehen sich dem Tod geweiht, zumindest scheint ihr Überleben mehr als zweifelhaft. Etwa wegen Überalterung und niedriger Geburtenraten, etwa wegen Massenzuwanderung aus Afrika und dem Nahen Osten? Nein, völlig falsch, all das ist keine Gefahr für das Fortbestehen der Deutschen ganz im Gegensatz zum bösen und hochgefährlichen Stickoxid. Die Deutschen sehen sich schon zu Hundertausenden, wenn nicht Millionen hinweggerafft von diesem bösen Gas, das scheinbar allein nur aus den Auspüffen der Dieselautos strömt, weswegen der Diesel verboten gehört, zumindest aber mit Fahrverboten belegt werden müsste, was wohl auf's selbe hinaus läuft. Just darüber wird am 27. Februar das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entscheiden.
Könnte man den Deutschen nicht zur Besonnenheit raten, ihnen versuchen zu erklären, wie es sich mit den Stickoxiden verhält? Man könnte, doch wird es wohl hoffnungslos sein. Denn wenn der Deutsche erstmal verinnerlicht hat, was ihm von oben einposaunt wurde, so ist er nicht mehr aus der Bahn zu werfen und tut, was ihm befohlen wurde. In diesem Fall besorgt zu sein und gegen den bösen Diesel zu Felde zu ziehen. Denn zu Felde ziehen, das macht der Deutsche immer noch gern. Mangels einer schlagkräftigen Armee, in der es nicht nur an fahrbereiten Fahrzeugen und flugbereiten Flugzeugen fehlt, sondern inzwischen auch an Unterhosen, zieht er notgedrungen in den Kampf für die richtigen (fast hätte ich geschrieben rechten) Überzeugungen.
Es ist schon erstaunlich, was an den Deutschen dabei so alles abprallt. Nehmen wir unser Thema Stickoxide und Diesel. Denn während der besorgte Deutsche meint, das mit dem Stickoxid werde immer schlimmer, es breite sich aus und überrolle ihn wie eine Lawine, ist genau das Gegenteil der Fall. Die Stickoxidbelastung in deutschen Städten ist in den letzten 25, 30 Jahren drastisch gesunken. In Berlin z. B., wurden 1989 noch über 70.000 Tonnen Stickoxide pro Jahr emittiert, fünf Jahre später nur noch 42.000 Tonnen und 2015 waren es weniger als 19.000 Tonnen. Kraftfahrzeuge trugen im Jahr 2015 dazu mit etwas über 7.000 Tonnen bei, das sind 37%, also deutlich weniger als die Hälfte.
Ist es angesichts des Umstandes, dass vor zwei, drei Jahrzehnten der Ausstoß von Stickoxiden noch doppelt und dreifach so hoch war wie heute, nicht erstaunlich, dass damals überhaupt Menschen leben konnten? Apropos erstaunlich: Erstaunlich ist auch, dass der Grenzwert für Stickoxide auf Straßen zwar bei 40 Mikrogramm je Kubikmeter Luft liegt, am Arbeitsplatz dürfen es aber mehr als 20 Mal so viel sein, nämlich 950. Der Arbeiter ist also nicht in Gefahr, wenn er bei 900 Mikrogramm Stickoxid je Kubikmeter Luft in der Werkhalle acht Stunden am Stück malocht, richtig gefährlich wird es erst, wenn er anschließend bei 50 Mikrogramm zwanzig Minuten mit dem Rad nach Hause fährt. Das ist, wie wenn für normale Kraftfahrer die 0,5-Promillegrenze für Alkohol gilt, für Berufskraftfahrer aber eine 10-Promillegrenze.
Nun selbstverständlich erklären uns unsere Oberlehrer und Erziehungspersonen von den Medien und dem Bundesumweltamt, dass man das alles gar nicht vergleichen kann, weil in Werkhallen, Lagern und welchen Arbeitsplätzen auch immer nur kernige, total gesunde Supermänner (und -frauen) arbeiten, die das alles abkönnen (Ist das nicht eigentlich voll Nazi, dieses Bild vom gestählten deutschen Arbeitsmann, der dem Stickoxid trotzt). Auf den Straßen wimmelt es dagegen scheinbar nur so von Kränkelnden, Schwachen und Alten, die zudem offensichtlich bevorzugt stundenlang zum Inhalieren von Stickoxiden an den verkehrsreichsten Straßen der deutschen Städte ausharren. Was für ein Unsinn. Selbst wenn sie dort einen ganzen Tag säßen, sie würden es in dieser Zeit kaum schaffen auch nur so viel Stickoxid zu atmen, wie beim Rauchen einer einzigen Zigarette entsteht. Die Stickoxidbelastung steigt nämlich meist nur stundenweise über den Grenzwert von 40 Mikrogramm. Pro Minute atmet der Mensch ca. 8 Liter Luft ein, d. h. für einen Kubikmeter benötigt es mehr als zwei Stunden. Eine Zigarette dagegen ist in 5 Minuten geraucht und enthält in ihrem Rauch bis zu 600 Mikrogramm Stickoxid.
Man kann sich im Internet darüber informieren, dass die Stickoxid-Werte in den Ländern Europas ganz ähnlich den unseren sind. Über Fahrverbote und die Abschaffung des Diesels diskutieren aber nur die Deutschen so vehement. Wenn man die Werte der Stationen anschaut, kann man auch sehen, dass Grenzwerte nur direkt an vielbefahrenen Straßen überschritten werden. Ein Straßenzug weiter sind sie schon wieder im Normbereich. Selbst an vielbefahrenen Straßen erreichen sie aber nie auch nur ansatzweise die Werte, die für Arbeitsplätze zulässig sind. Abgesehen davon haben Untersuchungen ergeben, dass sich erst bei Werten von über 1.800 Mikrogramm Stickoxid je Kubikmeter Luft Veränderungen bei Lungenfunktionsparametern zeigten.
Absurd scheinbar auch, dass der Kampf gegen das Stickoxid praktisch ausschließlich ein Kampf gegen den Diesel ist. Ohnehin stammt weniger als die Hälfte des städtischen Stickoxids vom Verkehr. Es entsteht bei Verbrennungsprozessen in Heizungen, in der Industrie, bei natürlichen Verrottungsvorgängen und z. B. auch durch elektrische Entladungen bei einem Gewitter. Da auf unseren Straßen nicht nur Dieselfahrzeuge unterwegs sind, sondern auch Benziner, die zwar in geringerem Umfang so doch auch Stickoxide produzieren, reduziert sich der Anteil des Diesels als Verursacher auf ca. 30%. Warum wird dann nur gegen ihn zu Felde gezogen?
Nun, die Antwort ist einfach. Er ist der ernsthafteste Konkurrent der lobgepriesenen E-Mobilität. Seine Umweltbilanz ist nicht schlechter als die eines Elektroautos. Wo aber der ernsthafte politische Wille besteht Elektroautos in den Markt zu drücken, koste es, was es wolle, müssen Konkurrenten auf Teufel komm raus totgemacht werden. Dies steckt hinter dem Kampf gegen das Stickoxid und damit den Diesel. Angstmachen gehört dabei zum Geschäft. In diese Rubrik fallen z. B. die Meldungen über angeblich Zehntausende Tote jedes Jahr in Europa nur durch Stickoxide. Zu behaupten, dass Herzinfarkte oder Lungenleiden darauf zurückzuführen seien, dass der Stickoxid-Wert der Straßen, die gelegentlich überquert wurden, hin und wieder über 40 Mikrogramm gelegen habe, ist Humbug und unwissenschaftlich. Es wird dabei der Einfluss einer ungesunden Lebensweise, Rauchen, Trinken, kein Sport, Übergewicht völlig außen vor gelassen. Bei einem Tod z. B. durch Herzinfarkt kommen viele Faktoren zum Tragen, hier Stickoxide isoliert als Verursacher auszumachen ist abenteuerlich. Dann könnte man auch sagen: Die Currywurst mit Pommes und Majo sowie die drei Pils, die Horst am 26. Mai 2003 an Rosis Imbissbude vertilgt hat, sind ursächlich für seinen Herztod zwölf Jahre später.
Aber das alles ist Reden gegen den Wind. Die Deutschen werden nicht zu bremsen sein, in ihrem Welterrettungsfeldzug für das Gute und gegen den Diesel, der sich jedoch nicht allein gegen den Diesel, sondern letztlich gegen sie selbst richtet. Aber das merken unsere Feldherren und -frauen wenn überhaupt erst, wenn nicht nur der Diesel das Zeitliche gesegnet hat, sondern auch die deutsche Wirtschaft sowie Deutschland insgesamt.
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