Ja, der Frauentag. Dass er naht, merkt man schon Tage zuvor. Unweigerlich werden wir mit Meldungen überhäuft über das schwere Schicksal, das Frauen heute noch immer zu tragen haben, zum Beispiel hinsichtlich des Verdienstes. So erhalten – nicht verdienen, da sollte mann genau formulieren – so erhalten Frauen in Deutschland sage und schreibe im Schnitt fast 22% weniger Lohn als Männer. Eine schreiende Ungerechtigkeit. Dagegen sollte mann etwas unternehmen. Das habe auch ich mir gedacht und beschlossen, dieses Übel bei der Wurzel zu packen.
Erster Schritt, der Sache auf den Grund gehen. Irgendwo muss ja die Ursache für die Benachteiligung der Frauen zu finden sein. Und irgendwo muss es dazu etwas Handfestes geben, etwas Schriftliches, etwas wo zu lesen steht: „Frauen bekommen bei uns grundsätzlich nur 80% des Lohnes ihrer männlichen Kollegen.“ Also habe ich mir siegessicher mal die Tarifverträge vorgenommen, um dieses Komplott gegenüber den Frauen schonungslos aufzudecken und endlich Ross und Reiter beim Namen zu nennen.
Nun, das Ergebnis war leider ziemlich ernüchternd. Weder im öffentlichen Dienst, noch bei Tarifverträgen verschiedener Branchen, nirgendwo habe ich spezielle Frauentarifverträge oder Passagen gefunden, in denen die geringere Entlohnung von Frauen geregelt ist. Fast könnte man meinen, Personen, die die selbe Tätigkeit ausüben – egal ob Männlein oder Weiblein - verdienen dasselbe.
Hier fing ich zum ersten Mal an zu zweifeln, ob es mir so schnell gelingen würde, eine Lanze für die Frauen zu brechen und sie aus ihrer unverschuldeten Knecht- oder sollte ich besser sagen Magdschaft zu befreien. Dabei hatte ich mich schon von den Mädels umjubelt und auf Händen getragen gesehen, als Retter aller ausgebeuteten Frauen. Eine angenehme Vorstellung. Leider ist mir hier unser Bundesjustizminister noch deutlich voraus. Das ist ein echter Frauenversteher, alle Achtung!
Also noch mal eingetaucht in die Materie. Tja und beim genaueren Lesen – das findet man natürlich nicht in den plakativen Schlagzeilen – stellt sich heraus, dass der Lohnunterschied auf magere 7% sinkt, wenn Ursachen wie Berufswahl oder Teilzeitarbeit berücksichtigt werden. Woran die verbleibenden 7% festzumachen sind, wird allerdings nicht so recht dargestellt. Ist es womöglich nur der subjektive Eindruck, dass die Kollegin XYZ doch eigentlich einen Hunderter im Monat mehr verdient hätte?
Doch widmen wir uns den 15% Unterschied, die aus Berufswahl und Teilzeitarbeit resultieren. Denn hier habe ich endlich einen Ansatz gefunden. Mann soll ja zuerst bei sich selber anfangen. Ich bin vollzeitbeschäftigt. Meine Frau arbeitet Teilzeit, 30 Stunden die Woche und zudem in einem Beruf, wo leider generell weniger verdient wird. Wenn meine bessere Hälfte nun auf 40 Stunden gehen würde und dazu noch ein paar Überstunden macht und ich im Gegenzug meine wöchentliche Arbeitszeit auf 20 Stunden reduziere, ist zumindest im Kleinen, ist zumindest bei den Toblers, fast alles im Lot. Gut, wir hätten dann insgesamt weniger Einkommen, aber Gerechtigkeit wäre bei uns endlich hergestellt. Und bei 20 Stunden Arbeit in der Woche bliebe mir auch mehr Zeit für Haus und Garten. Eine recht angenehme Vorstellung.
Aber auch der Nachwuchs muss im Sinne der Geschlechtergerechtigkeit erzogen werden. Meine Tochter sollte daher ihr Heilpädagogik-Studium endlich schmeißen - da gibt es später nicht viel zu verdienen - und auf Informatik umsatteln, meinetwegen auch Maschinenbau. Im Gegenzug könnte der Filius statt Mechatroniker besser Friseur werden. Dann wäre auch bei künftigen Generationen dafür gesorgt, dass frau nicht länger benachteiligt wird.
Ich habe gestern beim Abendessen meine Vorstellungen gegenüber der Familie mal dargelegt. Nun, wie soll ich sagen: Ich werde wohl noch etwas Überzeugungsarbeit leisten müssen. Mein Sohn fragte mich, ob ich ihn für schwul halte – ich bitte diese Entgleisung zu entschuldigen. In unserer Familie wird Homosexualität natürlich akzeptiert. Meine Tochter behauptete, ich müsse getrunken haben und meine Frau sagte gar nichts, sondern sah mich nur mit einem Blick an, den ich hier nicht weiter beschreiben will.
Bei dieser Gelegenheit fiel mir auch wieder ein, dass sie immer betont, sie habe die Nase voll von ihrem Job und wolle auf keinen Fall bis 67 arbeiten. Ich soll aber schon, wegen des Haushaltseinkommens. Ja, es ist recht schwierig mit der Geschlechtergerechtigkeit.
Aber womöglich regelt die Schwesig das ganze ja zur allgemeinen Zufriedenheit. Sie soll schließlich ein Gesetz zur Lohngerechtigkeit in Vorbereitung haben. Vielleicht ist dort festgelegt, dass die teilzeitbeschäftigte Frau ebenso viel Lohn bekommen muss wie ihr Vollzeit arbeitender männlicher Kollege. Und dass die Friseuse genauso viel verdienen muss wie der Arbeiter auf dem Bau oder der sowenig wie die Friseuse, was auf's Gleiche rauskommt. Dann wäre endlich Gerechtigkeit beim Lohn hergestellt. Oder?