Wenn zwei das Gleiche tun, bedeutet das noch lange nicht, dass es auch gleich bewertet wird. Nehmen wir unseren Kämpfer gegen den Hass im Netz. Bundesjustizminister Heiko Maas von der SPD. Was engagiert er sich nicht für seine Partei und für uns alle im Kampf gegen das Böse und Menschenverachtende im Netz. Keine Gesetzesverschärfung kann dafür zu gering sein, keine Strafe zu hart. Aber komisch, im Zuge der allgemeinen St. Martins-Euphorie hat nun wohl die SPD etwas die Orientierung verloren.
Rückblick: Anfang März findet in der SPD-Parteizentrale der Hackathon statt. Innerhalb von 24 Stunden programmierten Nerds ein Online-Spiel für den SPD-Wahlkampf. Der "Schulzzug" fährt in rasendem Tempo Richtung Kanzleramt. Was ihm in den Weg kommt, wird überfahren und weggefetzt. In den ersten Leveln sind dies Zäune oder Mauern, in den höheren Leveln geht es richtig zur Sache. Da tauchen Frauke Petry auf und Donald Trump oder Wladimir Putin und natürlich werden auch diese von Lokführer Martin und seinem Zug überfahren. Was für ein Spaß für die SPD.
Das fanden aber nicht alle so. Kritik kam selbst vom Koalitionspartner CDU. Die haben sich aber auch albern. Frauke Petry vom Zug überfahren zu lassen. Ist das schlimm? Wenn es denn für den guten Zweck ist? Und der heiligt ja bekanntlich die Mittel. Also, als Hass im Netz würde unser aller gestrenger Heiko das gewiss nicht verbuchen. Nun ja, die SPD hat das Spiel nun doch überarbeitet und Petry, Trump und Putin dürfen weiter am Leben bleiben. Mal ganz am Rande, man stelle sich vor, die AfD hätte ein Spiel...
Apropos Zug und am Leben bleiben. Vor ein paar Tagen wird ein Dresdener in einem S-Bahnhof der Stadt von einem Libyer und einem Marokkaner auf die Gleise gestoßen. Als er versucht, wieder auf den Bahnsteig zu gelangen, wird er mit Fußtritten von den beiden daran gehindert. Eine S-Bahn fährt ein. Der Lokführer leitet eine Notbremsung ein und der Zug kommt nur ein paar Meter vor dem Dresdener zu stehen. Gegen die beiden polizeibekannten Asylbewerber wird kein Haftbefehl erlassen. Die Staatsanwaltschaft sieht keine ausreichenden Haftgründe. Ermittelt wird nur wegen Körperverletzung und Eingriffs in den Bahnverkehr. Erst als sich allgemeines Unverständnis regt, sieht sich die Staatsanwaltschaft in Dresden genötigt, die beiden zu verhaften und nun auch wegen versuchten Totschlags zu ermitteln.
Da waren ihre Kollegen aus Dessau in Anhalt sehr viel vorbildlicher. Vor dem Landgericht in Dessau ist gerade der Prozess gegen zwei Dessauer zu Ende gegangen. Die beiden, ebenfalls polizeibekannt, hatten im letzten Jahr auf dem Bahnhof in Zerbst in stark alkoholisiertem Zustand einen Pakistani angegriffen und ihn auf die Gleise gestoßen. Auch er wurde nur knapp nicht vom Zug überfahren. Das Urteil: Einer der beiden Deutschen muss wegen versuchten Totschlags für sechseinhalb Jahre ins Gefängnis, der andere für vier Jahre. Die Staatsanwaltschaft hatte von Anfang an Anklage wegen versuchten Totschlags erhoben und diese später sogar auf versuchten Mord ausgeweitet und siebeneinhalb bzw. viereinhalb Jahre gefordert.
A.Savin (Wikimedia Commons · WikiPhotoSpace)