Wahlen in Griechenland und in Italien
Die Griechen haben sich gestern relativ eindeutig gegen die von der EU vorgeschriebenen Maßnahmen ausgesprochen. Sie haben einem Bündnis zugestimmt, das während des Wahlkampfes ganz offensichtlich EU-kritisch argumentiert hatte. Die Griechen fühlten sich angesprochen. Die Folgen der drastischen und drakonischen Sparmaßnahmen hat das griechische Volk und die griechische Wirtschaft – und damit auch den griechischen Staatshaushalt – stark gezeichnet.
Nach der Wahl hatte sich Tsipras pragmatischer gezeigt: kein Austritt aus der Euro-Zone. Die Bedingungen neu ausverhandeln, auch wenn ein Schuldenschnitt unmöglich scheint. Ihm ist klar, dass sich im Wahlkampf geäußerte Ideen auf der internationalen Bühne der EU-Politik nicht so einfach umsetzen lassen.
Eine andere Frage wirft die Wahl des italienischen Staatspräsidenten diese Woche auf. Napolitano tritt aufgrund seiner fast 90 Jahre von seinem Amt zurück. Das politische Symbol der italienischen Einheit, der Staatspräsident, wird neu gewählt. In geheimer Abstimmung.
Mario Draghi hat das Angebot einer Kandidatur bereits abgelehnt. Als Chef der EZB hat er für Italien bessere Einflussmöglichkeiten auf die Politik der EU denn als italienischer Staatspräsident. Dass der Euro derzeit durch seine Strategie der Anleihenkäufe sinkt, ist derzeit ein geringeres Problem, weil damit die Exportwirtschaft gestärkt wird.
Allerdings sind derzeit keine weiteren Kandidaten bekannt. Es steht zu befürchten, dass es eine Absprache zwischen Premier Matteo Renzi und Silvio Berlusconi geben wird. Die Meinung der EU über Berlusconi und seine Kandidaten ist bekannt. Laut EU-Parlamentspräsident Martin Schulz sind viele Probleme der EU und Italiens durch Berlusconis zehnjährige Regentschaft verschuldet. Schulz bescheinigt auch dem scheidenden Präsidenten Giorgio Napolitano größtes Engagement für die europäische Sache und lobte seine Leistungen während der Euro-Krise in einem Telefonat am 13. Jänner dieses Jahres. Ob ein gleichwertiger Kandidat gefunden werden kann, steht in den Sternen. Die neue bzw. weitere Ausrichtung Italiens, die nach wie vor von einer Budgetkrise in die nächste navigiert, wird auch für die Belastbarkeit der EU ein Frage von Bedeutung darstellen.