Es soll hier nicht um die Tat oder um die Personen gehen, sondern ausschließlich um die Verteidigung von Beate Zschäpe. Denn diese Verteidigung zeigt besonders in diesem Fall wie unterschiedlich Rechtsanwälte, hier insbesondere die Strafverteidiger sein können.
Rückblick: Die NSU (nationalsozialistischer Untergrund) war die erste rechtsextremistische Terrorgruppe, die Deutschland nach dem 2. WK heimsuchte. Zwischen 1999 bis 2007 ermordeten sie 9 Migranten, eine Polizistin, verübten 3 Sprengstoffanschläge und 15 Raubüberfälle. Es gab dabei neben den 10 Ermordeten noch unzählige Verletzte, davon einige schwer Verletzte und viele dauerhaft traumatisierte Menschen (Link 1). Die 2 Haupttäter wurden 2011 in einem ausgebrannten Wohnmobil gefunden. Sie hatten Selbstmord begangen. Beate Zschäpe war seit frühesten Jugendjahren mit den beiden Haupttätern eng befreundet. Ihre genaue Rolle soll bei dem Prozess beleuchtet und sie bestraft werden. Es wird von weiteren 100 – 200 Unterstützer der NSU ausgegangen. Einige von diesen galten jedoch als V-Leute des Verfassungsschutzes von 3 Bundesländern, wofür sie regelmäßig bezahlt wurden. Zumindest der Gehalt als V-Mann von einem der V-Leute wurde direkt für die Terrortaten verwendet. Die Rolle des Verfassungsschutzes der 4 Bundesländern Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Berlin und der Bundesverfassungsschutz war äußerst seltsam. So wurden etwa Akten vernichtet, kurz nachdem die NSU bekannt wurde. Das Versagen dieser Verfassungsschützer war derart vielfältig, dass deren 5 Leiter zurücktreten mussten. Einer von ihnen sorgte noch für zusätzliche Schlagzeilen, als sein persönliches Verhalten als Leiter des Verfassungsschutzes bekannt wurde. So soll er etwa in den Gängen der Büros Rad gefahren sein.
Der Prozessverlauf: Am 6. Mai 2013 wurde der Prozess gegen 5 Angeklagte, darunter Beate Zschäpe, eröffnet. Man ging anfänglich von einer Prozessdauer von 2 Jahren aus. Der Prozessverlauf verzögerte sich jedoch extrem, da Zeugen nicht kamen, sich krank meldeten, rechtlichen Beistand verlangten und in ihren Aussagen äußerst ungenau waren, wodurch sich diese Befragungen in die Länge zogen und auch mehrfach wiederholt werden mussten. Dazu kamen dutzende von Befangenheitsanträge gegen die Richter, aber auch bei den Nebenklägern gab es Ärger, weil sich welche darunter befanden, die von den Taten und deren Auswirkungen überhaupt nicht betroffen waren. Es gab 5 Beklagte, 95 Nebenkläger mit 60 Rechtsanwälten, 14 Verteidiger, 7 Staatsanwälte, einem Vorsitzenden und 4 Beisitzer (Richter).Insgesamt wurden 774 Ladungen ausgesprochen, 540 Zeugen und 56 Gutachter gehört, 248 Beweisanträge gestellt.
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Im Mai 2018 kommt es endlich zu den Schlussplädoyers. 5 Jahre nach Prozessbeginn, 3 Jahre länger als erwartet.
Beate Zschäpe, gesicherte und öffentlich bekannte Kenntnisse zu ihrer Verbindung zu den Taten: In den 90er nahm Zschäpe mit den Haupttätern an rechtsextremen Demos teil und meldete auch selber eine Demo an, die aber nicht stattfinden durfte. Auch erkennbar durch Fotos mit Hitlergruß und Teilnahme an rassistischen Taten kann Zschäpe eindeutig als rechtsextrem eingestuft werden. 1998 wurde in einer von Zschäpe gemietete Garage 4 Rohrbomben ohne Zünder gefunden. Nachdem daraufhin Haftbefehle erlassen wurden, tauchten die 2 Haupttäter zusammen mit Beate Zschäpe unter. Es ist erwiesen, dass Beate Zschäpe meist mit den beiden Haupttätern, während der Zeit des Terrors zusammen lebte. Da in diesen Wohnungen auch falsche Dokumente und Waffen lagerten und auch das Geld aus den Raubüberfällen zur Miete verwendet wurden, musste Zschäpe zumindest teilweise eine Mitwisserin gewesen sein. Zudem veröffentliche Zschäpe das Bekennervideo, dass erst nach dem Tod der beiden Haupttäter veröffentlicht wurde.
Zur Straffindung, soll der Prozess beleuchten, inwieweit Zschäpe die beiden Haupttäter bei den Taten unterstützte, wieviel sie wusste, oder ob sie sogar an den Taten persönlich beteiligt war.
Das eigentliche Thema; Die Verteidigung von Beate Zschäpe:
Wenn ein Angeklagter beschuldigt wird, eine Straftat einer bestimmten Schwere begangen zu haben, dann ist eine Verteidigung zwingend notwendig. Wählt der Angeklagte keinen eigenen Anwalt aus, wird ihm vom Gericht ein Pflichtverteidiger zur Seite gestellt (§§140, 141 Stpo). Wolfgang Heer verteidigte Zschäpe von Anfang an (06.05.2012). Wegen des Umfangs wurden ihm dann mitte des ersten Jahres noch Wolfgang Stahl und Anja Sturm zur Seite gestellt. Alle drei gelten als erfahrene Anwälte, die auch schon für große Konzerne in Wirtschaftsstrafsachen arbeiteten, wofür nur die besten Anwälte genommen werden.
Im Juli 2015 kam auf Bitte Zschäpes der junge und unerfahrene Anwalt Mathias Grasel und im Dezember desselben Jahres dessen Kanzleikollege Hermann Borchert, der einen umstrittenen tschechischen Titel besitzt, hinzu (Link). Wie später bekannt wurde, lernte Zschäpe wohl schon rund 1 Jahr davor diese beiden Anwälte kennen (Link). Dieses Vorgehen des „Kennenlernens“ von Angeklagten in der Untersuchungshaft und letztenendes das „Abjagen“ von Mandanten ist sehr umstritten und führte schon von Strafverteidigern in ihren Blogs zu ziemlich drastischen Äußerungen und Titulierungen.
Die 3 Altanwälte wurden von Zschäpe gemieden und nicht mehr beachtet und waren dadurch nicht mehr in der Lage, korrekt zu verteidigen. Deswegen hatten sie öfters einen Entpflichtungsantrag gestellt. Diesem Antrag hatte sich Beate Zschäpe angeschlossen. Das Gericht wies das jedoch immer zurück, um den Prozess nicht zu gefährden (Link).
Das Vorgehen der 3 Altverteidiger ist klar. Da die Beweise nur für minderschwere Vergehen reichen (Unterstützung und Hilfe, aber noch nicht einmal das Wissen oder gar die Mittäterschaft wurden bislang bewiesen), beschränken sie sich auf die Entkräftung negativer Äußerungen über ihre Mandantin. Ihrer Mandantin verordnen sie dagegen schweigen, weil jede zusätzliche Äußerung negativ gewertet werden kann. Eine fehlende Aussage darf dagegen nicht negativ bewertet werden.
Das Vorgehen der beiden neuen Anwälte folgt dagegen keiner einheitlichen Linie, es ähnelt eher einem herumstochern in einem Heuhaufen. Das wird an 3 Beispielen deutlich:
- Die Aussage Zschäpes: Gegen den Willen der 3 Altanwälte sagte Zschäpe aus. Sie ließ diese Aussage von ihren neuen Anwälten verlesen und Fragen ließ sie schriftlich von ihren Neuanwälten beantworten. Diese Aussage war jedoch derart oberflächlich, dass keine Gefahr bestand, dass sie sich selbst in Gefahr bringt. Da muss man sich jedoch fragen, wozu dann diese Aussage? Wenn die Richter zu einem anderen Ergebnis kommen, dann kann diese Aussage eher strafverschärfend wirken.
- Das psychiatrische Gutachten (Link): Spricht in der Quintessenz von der vollständigen Schuldfähigkeit Zschäpes in der ganzen Zeit über. Und auch nach einer Verurteilung würde sie ihr Verhalten nicht ändern, was zu einer Sicherheitsverwahrung führen würde. Die Altanwälte sind gegen das Gutachten Sturm gelaufen und hatten ein methodenkritisches Gutachten eingeholt. Dessen Verfasser erschien jedoch nicht zu der Verhandlung, wodurch eine Konfrontation ausblieb. Der Neuanwalt Borchert fing erst am Ende der Befragung des Gutachters an, selbst Fragen zu stellen. Dabei las er diese Fragen jedoch nur von einem Zettel ab und wirkte schlecht informiert. Eine ernst zu nehmende Auseinandersetzung mit diesem für Zschäpe sehr wichtigen Gutachten blieb aus.
- Im Schlussplädoyer stellten die Neuverteidiger Zschäpes den Antrag, ihre Mandantin zu max. 10 Jahre Haft ohne Sicherheitsverwahrung zu verurteilen. Aber nur wegen der inzwischen bewiesenen Raubüberfälle und wegen der Explosion der letzten Wohnung der NSU. Die Beteiligung an den Morden wurde weiter bestritten. Wie kann es sein, dass die eigenen Verteidiger Haft beantragen? Das kommt einem Vertrauensbruch sehr nahe. Das war vollkommen unnötig und macht keinerlei Sinn. Entscheidend ist ohnehin nur, was das Gericht urteilt. Andererseits sind mehrere wahrscheinlich recht fähige Strafverteiger anderer Ansicht (Link, Kommentare)
Es konnte wohl noch nie eine derartige Diskrepanz zwischen verschiedenen Strafverteidigern beobachtet werden, wie in diesem Fall. Die Verteidiger des Vertrauens von Zschäpe werden sehr wahrscheinlich für ein deutlich schlechteres Urteil und somit zu einer deutlich längeren Haftdauer verantwortlich sein.
Unjuristisch gesehen, werde ich das natürlich begrüßen. Extremisten können ruhig dauerhaft weggesperrt werden. Das Urteil werde ich noch nachreichen.