Gedanken: Darf man seinen eigenen Vater anzeigen? Muss man das sogar?

"Blut ist dicker als Wasser", heißt es. Auf schwedisch: "Blod är tjockare än vatten."

Oder auch: "Jede Familie hat ihre Geheimnisse". Eines dieser Geheimnisse wurde verraten und geht mir seitdem nicht mehr aus dem Kopf:

Denn darf man, soll man, muss man, wirklich den eigenen Vater anzeigen?

Kiki aus Hameln ist 15. Sie ist ein typischer Teenager, der manchmal Probleme in der Schule hat, gerne in Discos geht und sich ärgert, dass sie jünger wirkt, als sie ist. Da sie noch keinen Führerschein hat, ist sie auf den öffentlichen Nahverkehr angewiesen - oder hält einfach den Daumen raus.

So auch am 27.6.1978, als sie am Nachmittag zusammen mit einer Freundin eine Mitfahrgelegenheit zu einem Bekannten sucht. Die beiden fahren zusammen in einem Kleinlaster ins nächste Dorf, wo Christiane aussteigt, um nach einer weiteren MFG zu suchen. Ab hier verliert sich ihre Spur .

Erst einen Monat später wird ihre Leiche, missbraucht und mit zertrümmertem Schädel, im Schilf entdeckt.

Der Mord an Kiki sorgte für großes Aufsehen und wurde auch in Aktenzeichen XY ausgestrahlt, jedoch nie aufgeklärt - der Mörder schien wie vom Erdboden verschwunden. Bis...

1994 meldet sich eine junge Frau bei der schwedischen Polizei. Sie war 1978 als kleines Mädchen mit ihrem Vater, einem schwedischen LKW-Fahrer, in Deutschland unterwegs. Er hat Kiki mitgenommen und das kleine Mädchen musste mitansehen, was passiert ist. 16 Jahre hat sie das Geheimnis für sich behalten, dann hielt sie es nicht mehr aus. Ihr Vater wurde vor Gericht gestellt und zu einer minimalen Strafe verurteilt. Seitdem haben sie keinen Kontakt mehr.

Nun fragt man sich: Warum hat sie das getan? Den eigenen Vater sozusagen "ans Messer geliefert", nach so vielen Jahren? Hätte sie die Sache nicht einfach auf sich beruhen lassen sollen? Wem bringt das denn noch etwas?

Und warum hat sie es getan? Wollte sie nur ihr eigenes Gewissen beruhigen, dem Vater eins auswischen?

Tatsächlich gab die junge Frau eine Antwort darauf: "Ich wollte, dass Kikis Familie endlich erfährt, was mit ihrer Tochter/Schwester passiert ist. Ich bekam später einen Brief von Kikis Schwester und wusste dann, dass es das alles wert gewesen war."

Ich kann mir nicht ausmalen, was das kleine Mädchen mitgemacht hat. Aber dieser Fall hat mich zum Nachdenken gebracht: Gibt es Gerechtigkeit, Jahre später, wenn ein Fall doch noch geklärt und der Täter verurteilt wird? Oder wurde durch das späte Geständnis noch viel mehr zerstört, da der Fall mit allen Beteiligten durch die gesamte schwedische Presse ging?

Verzeihen Sie mir meine morbiden Gedanken. Aber gelegentlich muss man sich mit den Abgründen der menschlichen Natur beschäftigen und auch den charakterlichen Größen, um die Gesellschaft zu verstehen. Ich wünsche Ihnen trotzdem einen guten Abend.

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bianka.thon

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