Krieg, Wahrheit und Kollateralschäden

Unverändert gilt das Diktum des Senators Hiram Johnson aus dem Jahr 1914, wonach das erste Opfer des Krieges die Wahrheit ist.

Aber welcher der derzeit allzuvielen Kriege ist gemeint ? Es ist derjenige, den die Deutsche Bundesregierung derzeit mit der öffentlichen Meinung seiner eigenen Bevölkerung führt.

Die Atemlosigkeit dieser Tage läßt die unübersehbare Vielzahl der gezielten Un- und Halbwahrheiten und zahllosen Verschleierungsversuche fast vergessen: Die gezielte Desinformation des Bundesinnenministers über die Flüchtlingszahlen des laufenden Jahres, die zeitnah durch das BAMF berichtigt wurde, ohne dass an diese offenbar gezielte Lüge irgendwelche Konsequenzen angeknüpft wurden. Auch das genaue Reglement und die quantitativen Folgen des Türkei-Flüchtlingsdeals wurden und werden verschleiert. Derweil sorgt sich das Innenministerium nach eigenem Bekunden ernsthaft sich um Falschmeldungen im Internet, die ein immer größereres Ausmaß anzunehmen drohen.

Die jüngsten Ereignisse um die Einordnung der Türkei als Terrorunterstützer überraschen nicht wirklich. Hierfür gibt es seit langem hinreichende Belege. Die "Zeit" berichtete bereits im Februar des Jahres darüber, dass "die für Terrordelikte zuständige Staatsanwaltschaft in Istanbul den inhaftierten Journalisten Can Dündar und Erdem Gül "Spionage und einen Umsturzversuch gegen die Regierung" vorwirft, weil diese über Waffenlieferungen des türkischen Geheimdienstes an den IS berichteten, während Kobane noch kurz vor der Eroberung durch den IS stand. Weil dies aber nicht in den für das politische Überleben dieser Bundesregierung erforderlichen Flüchtlingspakt passte, wurden Rückfragen vermieden. Sie werden noch heute - nicht zuletzt von den Leitmedien - vermieden, wenn es nämlich um die Frage geht, wer eigentlich in Aleppo die "gemäßigten Rebellen" (klingt jedenfalls aber gut, irgenwie nach star-wars oder Freiheitskampf) sind, die mit Unterstüzung durch die Türkei gegen den Diktator Assad kämpfen? Sollte es sich hier etwa auch um Dschihadisten und IS Unterstützer handeln ?

Kann das sein? Und nun das: Die Bundesregierung hat also nicht nur bewußt die Augen davor verschlossen, dass es mit der Türkei ein Regime zum Torwächter seiner Außengrenzen gemacht hat, das den Terrorismus, gegen den man seine eigene Bevölkerung ja demonstrativ mit einem wunderbaren "9-Punkte-Plan" schützen möchte, aktiv unterstützt. NEIN, die Regierung (OK, das Außenministerium fragt vorsorglich erst mal nach) wusste das und paktiert dennoch vorsätzlich mit diesem Staat !

Der formale Beleg dafür, dass die Bundesregierung wissentlich mit einem weiteren Regime kooperiert (wie zuvor mit Saudi Arabien), das den IS Terrorismuns unterstützt, gelangte womöglich nur durch ein "Büroversehen" überhaupt ans Licht der geblendeten Öffentlichkeit.

Es gab Zeiten, in denen nachweisliche Lügen und entsprechende Verwicklungen nicht nur einen Innenminister, sondern auch einen Bundeskanzler den politischen Kopf gekostet hätte. Doch die Zeiten haben sich geändert: Der Zweck heiligt inzwischen alle Mittel, geschieht doch alles im Namen des Guten. Eine echte Opposition existiert in Zeiten der großen Koalition nicht. Und auch verbliebenen Restparteien dürfen die Regierungmitglieder nicht wirklich beschädigen, spekulieren diese doch auf eine Teilnahme in einer ggf. nach den Bundestagswahlen zu bildende neue Regierung - allein die AfD könnte hier Störfeuer verursachen.

Politische Konkurrenz in den eigenen Reihen muß Merkel ebenfalls nicht fürchten, wurde doch die echte Konkurrenz weitgehend exekutiert, Seehofer wird von den Leitmedien außerhalb Bayerns als eine Art Hampelmann desauvoiert und die geblendete Öffentlichkeit klatscht lachend Beifall. Der verbliebene Mittel- und Unterbau der CDU wird die Hand nicht (mehr) heben, könnte sie ihm doch postwendend abgeschlagen werden. Immerhin muß man doch auch die eigene wirtschaftliche Existenz im Auge behalten. Medienkontrolle findet nur eingeschränkt statt, sind doch alle noch immer für "Das Reich des Guten" (Zeit Online vom 20.08.2016) unterwegs und das Eingeständnis von Fehlern beschädigte die eigene Reputation. Läßt man es also besser. Und der Michel selbst sonnt sich zu einem beträchtlichen Teil immer noch im Gefühl, endliche einmal wirklich gut zu sein. Und döst selbstgefällig weiter.

Die Wahrheit ist insoweit gut vertretbarer Kollateralschaden. Das Reich der Guten kommt. "Wir schaffen das". Und es ist zum Kotzen.

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Margaretha G

Margaretha G bewertete diesen Eintrag 17.08.2016 18:34:25

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