Die Heinzelmännchen sind gute Hausgeister. Sie verrichteten nachts, wenn die Bürger schlafen, deren Arbeit. Wenn man sie bei ihrer Arbeit beobachtet, verschwinden sie. Neben ihrer Kleinheit zeigen auch typische Attribute wie die Zipfelmütze und ihr Fleiß, dass die Heinzelmännchen zur Gruppe der Kobolde, Wichtel und Zwerge gehören.
Es scheint, dass die Deutschen diese beruhigende Idee auf ihre Bundeskanzlerin und ihr Kabinett übertragen haben. Ein fleißiges, demütiges und uneigennütziges Wichtelvölkchen, das die ganze Zeit an den Rädern dreht, die Sonne und den Mond auf- und untergehen läßt und den Bürgern ihren sicheren und verdienten Schlaf ermöglicht. Eine kindlich naive Vorstellung? Ach was, es funktioniert.
Anders ist die überwiegend applaudierende Reaktion der Bürger auf Merkels erklärter Bereitschaft, die schwere Bürde des Staatsamtes (O-Ton:"Es bedarf wohl meiner Talente" ) nochmals für (mindestens) ein halbes Jahrzehnt übernehmen zu wollen, nicht zu erklären. Die Ersten liegen allerdings auch bereits seit Wochen auf den Knien um sie dazu anzuflehen. "Wer soll es denn sonst machen ?", "Aber sie hat doch die meiste Erfahrung", "Aber es geht uns doch besser als vielen anderen" oder "Aber die Welt ist doch so kompliziert, gut das sie da ist" sind die goutierenden Reaktionen auf die neuerliche Selbstkrönung unserer (noch) ungekrönten "Wichtelkönigin".
Kritische Hinweise darauf, dass es ein 80 Millionen Volk mit vielen tausend (Berufs-)Politikern, Unternehmern und Intellektuellen nach mehr als einem Jahrzehnt Merkel noch immer nicht geschafft hat, Alternativen zu bieten, werden scharf abgestraft. Mir selbst wurde im Rahmen eines kritischen Facebook Dialogs (kritisch insoweit, als tradierte, devote und mein Bürgerliches Selbstverständnis provozierende Standardfloskeln hinterfragt wurden) vorgeworfen, "auch nur so ein Strolch" zu sein. Na ja, mir bleibt die Verwunderung darüber, dass die Beschwerden über unangemessenen Ton (der deutsche Justizminister ist aktuell ruhmreich bemüht) ebenfalls nur eine Richtung zu kennen scheinen. Das "Stehen auf der richtigen Seite" scheint auch insoweit Privilegien mit sich zu bringen.
Bettina Röhl hat es auf "Tichys Einblicke" unter "Merkel 4.0" anders auf den Punkt gebracht:
"Wählerschelte ist angebracht, denn es drängt sich der Eindruck auf, dass womöglich eine Mehrheit der Wahlberechtigten nur Gewohnheit „wählt“, also in Wahrheit nicht wählt und nur für `“bloß keine Veränderung“, „bloß nicht nachdenken wollen“, „bloß nicht mitdenken“ votiert. Es dürfte kein Zufall sein, dass die Bundesrepublik Deutschland – anders als andere westliche Demokratien – immer wieder ewige Regierungsherrschaften produziert."
Der Deutsche liebt seinen Grillplatz und solange ihm dieser nicht - wortwörtlich - weggesprengt wird (und er sich sein Fleisch noch leisten kann und vor allem darf), bleibt grundsätzliche Kritik nur feige Schmähung. Hinweise darauf, dass das Leben in Hobbitland gefährdet ist, sei es durch weltwirtschaftliche Verwerfungen, eine veränderte Zinspolitik der Notenbanken oder auch (nur) einen Verlust der innerstaatlichen Stabilität und (Werte-)Homogeniät werden ignoriert. Das Auenland ist den Wichteln groß genug. Immerhin bleibt Ihnen in jedem Fall noch die saubere Mülltrennung.
Der Bürger braucht nicht frei und selbstgestaltend zu sein. Es muß ihn nicht interessieren, was seine geliebten Heinzelmännchen tun - und vor allem warum. Er will nichts über Dinge wissen, die ihm ja nur den Schlaf rauben können. Ob er irgendwann einmal eine Rechnung für all den nächtlichen Service erhält, braucht ihn doch heute nicht zu interessieren. Ihm reicht seine Zipfelmütze und der Glaube an den Guten Willen und die übermenschlichen Kräfte seiner Heinzelmännchen. Also zieht er sich sein Mützchen noch ein bisschen tiefer über Augen und Ohren, dreht sich nochmals um und träumt vom nächsten Grillabend und hofft, dass der Wind nicht allzu heftig blasen möge. Gute Nacht. Oder auch: