Ist der der marokkanische Sahara-Konflikt mit dem Fall des Südsudans aus der Sicht der Trump-Regierung vergleichbar?

Bei der Vorstellung der Afrika-Strategie der Trump-Regierung Mitte Dezember 2018 in Washington DC, beschuldigte der amerikanische Sicherheitsberater der USA, John Bolton, den UNO-Sicherheitsrat zu Recht, weil er den Konflikt in der marokkanischen Sahara nicht beendet hatte.

Die Vereinten Nationen als Ganzes und insbesondere der Sicherheitsrat müssen ihren Ansatz zur Konfliktlösung neu überdenken. Es scheint, dass das Hauptziel der UNO seit vielen Jahrzehnten nicht mehr zur Lösung von Konflikten oder zu dauerhaften politischen Lösungen geworden ist, sondern sie lediglich unter Kontrolle zu bringen, ohne Aussichten auf eine Beendigung zu haben.

Dies gilt sowohl für den Sahara-Konflikt als auch für viele andere Konflikte. Wenn wir die Geschichte der UNO betrachten, erkennen wir an, dass es gelungen ist, nur wenigen Konflikten Frieden einzubringen.

Das Hauptproblem, das den Sicherheitsrat lahmgelegt hat, ist seine Zusammensetzung und die unvereinbaren Positionen seiner Mitglieder, insbesondere der ständigen Mitglieder. In jedem Konflikt auf der Tagesordnung des Sicherheitsrats neigen die P5-Mitglieder dazu, ihren Verbündeten zur Seite zu stehen, anstatt eine gemeinsame Basis und Kompromisse herauszufinden, die Konflikte beenden könnten.

In den letzten Jahren wurde dies im syrischen Bürgerkrieg gezeigt. Während der Abzug von Bashar Al-Assad und die weit verbreitete Empörung über den Einsatz chemischer Waffen gegen Zivilisten quasi einstimmig befürwortet wurden, haben sich Russland und China gegen acht Resolutionen gegen den Abzug des syrischen Präsidenten oder gegen die Verurteilung des Einsatzes chemischer Waffen ausgesprochen.

Dies gilt in geringerem Maße für die Frage der marokkanischen Sahara. Da jedes der P5-Staaten seine bilateralen Beziehungen und Interessen mit Marokko und Algerien bei der Prüfung seiner Konfliktpositionen berücksichtigt, war es bislang schwer, eine gemeinsame Basis für eine politische Lösung auf einvernehmlichem Wege zu erzielen.

Zu allem Überfluss gibt es ein konzeptionelles Problem, das die Hände der UNO lähmt und verhindert, dass sie sich vorwärts bewegt. Wenn man das Vorgehen der Vereinten Nationen gegen Konflikte auf ihrer Tagesordnung analysiert, scheint es, als sei dieses globale Gremium auf die gleichen Ansätze fixiert wie in den 1960er und 1970er Jahren.

Das Hauptproblem der Vereinten Nationen besteht darin, dass sie keine Kreativität bzw. keine Bereitschaft aufbringen, nach Alternativen zu suchen, wenn sich die Ansätze, die sie versucht haben, als unproduktiv ausgewiesen haben.

Dies ist der Fall der marokkanischen Sahara. Die UNO hält an der gleichen Auslegung der Selbstbestimmung aus den frühen Jahren der Entkolonialisierung in den 1960er Jahren fest.

Obwohl die Vereinten Nationen in den letzten 27 Jahren diesen Ansatz nicht auf den Sahara-Konflikt angewandt haben, haben sie immer noch nicht erkannt, wie dringend es sei, von diesem sakrosankten Konzept abzurücken und nach einer realistischeren Alternative zu suchen.

Während die Autonomie zu den drei Optionen der Selbstbestimmung gehört, neigt die UNO dazu, eher die Selbstbestimmung als der Unabhängigkeit einer sezessionistischen Entität oder einer separatistischen Bewegung notwendigerweise den Vorzug zu verleihen.

Es ist höchste Zeit, dass die UNO von ihrer Fixierung auf die Selbstbestimmung fortschreitet und sich damit abfindet, dass sie die heutigen Ansätze der 1960er und 1970er Jahre nicht auf die heutigen Konflikte anwenden kann.

Die Vereinten Nationen können die Parteien nicht ständig dazu auffordern, auf eine für beide Seiten akzeptable Lösung hinzuarbeiten, während sie die Option der Selbstbestimmung auf dem Tisch beibehalten. Die Vereinten Nationen sind sich bewusst, dass Marokko sich nicht von seiner Position distanzieren wird und dass die Unabhängigkeit keine Option sei. Diese Position wurde von seiner Majestät dem König Mohammed VI. und von der marokkanischen Regierung mehrfach wiederholt.

Die Vereinten Nationen müssen kreativer und realistischer sein und eine Lösung ausarbeiten, die die Erwartungen aller Parteien zufriedenstellt und gleichzeitig die Stabilität und das geopolitische Gleichgewicht in der Region aufrechterhält.

Vergleicht man die Sprache der letzten beiden Resolutionen des Sicherheitsrats mit den vorangegangenen Resolutionen, scheint sich die UNO in diese Richtung zu bewegen.

Zum ersten Mal seit dem Beginn des politischen Prozesses im Jahr 2007 hat der Sicherheitsrat die Parteien dazu aufgefordert, auf eine "realistische, praktikable und dauerhafte politische Lösung der Sahara-Frage hinzuarbeiten, die auf Kompromissen und auf der Bedeutung der Angleichung der Staaten des Westens als strategische Ausrichtung der MINURSO und der Vereinten Nationen auf dieses Ziel beruht. "

Die übliche Aufforderung an die Parteien, "Realismus und Kompromiss" aufzuweisen, mit der Betonung der Notwendigkeit, eine "realistische" Lösung zu erzielen, zu ersetzen, ist bedeutsam und spiegelt die Einforderung Marokkos wider, dass die Vereinten Nationen auf eine gangbare Lösung hinzuarbeiten haben.

Neben dem deutlichen Sprachwechsel scheint der Sicherheitsrat den wiederholten Anforderungen Marokkos, Algerien vollständig in den politischen Prozess mit einzubeziehen, offener gegenübergestellt zu sein. Zum ersten Mal seit Beginn des politischen Prozesses schließt die im Oktober 2018 verabschiedete Resolution 2440 des Sicherheitsrats Algerien in den Konflikt mit ein.

Die in den letzten zwei Jahren erzielten Fortschritte könnten jedoch durch den langjährigen Standpunkt des US-Sicherheitsberaters John Bolton zum Konflikt ungeschehen gemacht werden. Der amerikanische Beamte ist dafür bekannt, dass er die Vereinten Nationen nicht hochschätzte und ein Referendum als ein Weg zur Beendigung des Sahara-Konflikts favorisierte.

In seinen Memoiren von 2007 machte er seine Ansichten deutlich. Es scheint, dass ein Referendum seit Beginn des politischen Prozesses im Jahr 2007 nicht auf dem Tisch stand. Die Tatsache, dass Bolton es am 13. Dezember 2018 in seiner Rede an die Heritage Foundation (Heritage-Stiftung) erwähnt hat, ist für Marokko besorgniserregend.

In dem Fall, dass Bolton an seiner Ansicht festhält, würde aus seiner Meinung ein erklärtes Ziel machen, die Friedensmission der Vereinten Nationen effektiver zu machen.

Der Hauptgrund, warum die Vereinten Nationen keine Lösung für den Konflikt erzielt haben, ist ihre Hartnäckigkeit, das Referendum als Option beizubehalten. Die Vereinten Nationen sind sich bewusst, dass ein Referendum nicht möglich sei, weil Marokko und die Front Polisario sich darüber uneinig sind, wer Sahrawi ist und an einem Referendum teilnehmen darf.

Jeder Versuch von Bolton, die Option des Referendums wiederzubeleben, wäre kontraproduktiv und würde den politischen Prozess zurückstellen, wodurch alle Bemühungen der Vereinten Nationen in den letzten Jahrzehnten, einem realistischeren Ansatz Folge zu leisten, gefährdet werden.

Die Trump-Administration sollte aus den Ereignissen im Südsudan Lehren ziehen. Die Obama-Regierung war eine einflussreiche Macht, die der Unabhängigkeit des Südsudans Beistand leistete.

Die Selbstbestimmung war eines der Hauptprinzipien der Obama-Regierung, um ihre Unterstützung für die Bestrebungen der südsudanesischen Führer zu rechtfertigen. Amerikanische Prominente wie George Clooney nutzten auch ihre Aura und ihren Ruhm, um die Unabhängigkeit des Südsudans an die große Glocke zu hängen.

Noch sieben Jahre nach seiner Unabhängigkeit hat der Südsudan weder seinem Volk noch dessen Dividenden Frieden und Stabilität mit sich gebracht, noch ist er ein sicheres und stabiles Land oder ein vertrauenswürdiger amerikanischer Verbündeter geworden. Das Land war während des größten Teils seines Bestehens im Bürgerkrieg hineinversunken und barg nach Jemen und Afghanistan die drittgrößte Flüchtlings- und humanitäre Krise der Welt in sich. Mehr als die Hälfte der 12 Millionen Menschen des Landes ist mit starkem Hunger und Ernährungsunsicherheit konfrontiert.

Trotz aller internationalen Bemühungen, dem Bürgerkrieg im Südsudan ein Ende zu bereiten, scheint kein Ende herabsehbar zu sein. Anstatt der Region Frieden, Stabilität und Wohlstand mit sich zu bringen, hat die Unabhängigkeit des Südsudan Instabilität, Hunger und Blutvergießen mit sich gezogen. Darüber hinaus hat sich das Land zu einer Belastung für die internationale Gemeinschaft und zu einer Belastung für das Budget der Friedenssicherung und der humanitären Angelegenheiten der Vereinten Nationen entwickelt.

Nach einem Angriff der südsudanesischen Regierungstruppen auf westliche Hilfskräfte, darunter auch Amerikaner, beschlossen die USA, eine Resolution des Sicherheitsrats im August 2016 aufzuzwingen, wodurch 4.000 weitere UNO-Helme zur Sicherung des Friedens und der Sicherheit bereitgestellt wurden.

Erst am 11. Dezember 2018 appellierte das Büro der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten an die internationale Gemeinschaft, 1,5 Milliarden US-Dollar einzuräumen, um die dringend benötigte humanitäre Hilfe für 5,7 Millionen Menschen parat zu stellen.

Die Geschichte des Südsudans sollte als ernsthafte Erinnerung dienen, dass das Prinzip der Selbstbestimmung, das notwendigerweise zur Unabhängigkeit führt, weder ein Allheilmittel noch eine einheitliche Lösung sei, die auf alle Konflikte der UNO-Agenda, einschließlich auf die marokkanische Sahara, anwendbar ist.

Die Vereinten Nationen und die Trump-Regierung sollten sich klar darüber sein, welche Ziele sie in der Region erreichen wollen. Wenn sie Frieden und Stabilität erzielen wollen, sollten sie kreativer und realistischer sein und eine für beide Seiten akzeptable Lösung ausarbeiten, die die Interessen aller Parteien in Rücksicht nimmt.

Jeder Ansatz, der sich von dem im Jahr 2007 eingeleiteten politischen Prozess unterscheidet, birgt die Gefahr in sich, dass Nordafrika in Chaos, Instabilität und Krieg hineinstürzt und dass sich die wichtigen strategischen Interessen Amerikas in der Region in Gefahr befinden.

Quellen:

http://www.corcas.com

http://www.sahara-online.net

http://www.sahara-culture.com

http://www.sahara-villes.com

http://www.sahara-developpement.com

http://www.sahara-social.com

1
Ich mag doch keine Fische vergeben
Meine Bewertung zurückziehen
Du hast None Fische vergeben
6 von 6 Fischen

bewertete diesen Eintrag

Dieter Knoflach

Dieter Knoflach bewertete diesen Eintrag 06.02.2019 17:17:37

1 Kommentare

Mehr von tseidemann