Die Kursk-Offensive hat nicht nur Russland am falschen Fuß erwischt sondern im Prinzip sämtliche Analysten. Vom Hobbyisten bis zum Profi. Wie hats die Ukraine gemacht auf einem gläsernen Schlachtfeld? Sie hat ihre Truppen da gesammelt wo die Russen potenziell ihren nächsten Angriff planen. Und von da dann ihren Angriff geführt. Russland hatte fest eingeplant das die Ukraine niemals russischen Boden betreten wird weil die deutsche Spitzenpolitik Angst vor dem eigenen Schatten hat.
Ich verfolge den Krieg ziemlich genau. Einerseits weil ich ein Hobby-Militärhistoriker bin und hier Dinge passieren die für Europas Sicherheitsarchitektur von essentieller Bedeutung sind. Russland hat die Nachkriegsordnung für immer in Frage gestellt und Krieg wieder in eine Zeit befördert als der gute Clausewitz noch lebte. Eroberungskriege sind wieder eine Realität.
Als ich mir unlängst ansah was der Westen der Ukraine zur Verfügung stellte und was an Material davon verlustig ging viel mir etwas auf...
Entweder sind die deutschen und französischen Panzerhaubitzen sowie die Leopard I und Leopard II praktisch unzerstörbar, oder sie werden kaum eingesetzt.
Insgesamt hat die Ukraine um die 400 Leopard 1 und 2 Panzer in allen möglichen Varianten erhalten. Davon wurden 36 visuell bestätigt zerstört. Knapp 100 wenn wir sagen das jeder zerstörte, und nicht identifizierbare Panzer ein Leopard war. Sagen wir die Ukraine haben dann davon das Doppelte verloren. Nicht realistisch aber sagen wirs. Das sind dann 200 Leopard-Panzer. Wo sind die restlichen 200 Leoparden hin?
Und wo sind die Panzerhaubitzen hin? Wenn man den Aussagen von Sebastian Schäfer, einem deutschen Politiker und Ökononom glaubt: "Alles kaputt weil keine Ersatzteile da sind"
Wenn man den Russen glaubt: "Alles kaputt weil wirs zerschossen haben" Und auf die Zahlen kann man sich verlassen denn bekanntlich haben Truppen die ein Preisgeld für Abschüsse erhalten noch nie eine Intention gehabt zu lügen...
Ich bin nicht Russlands Oberkommando aber wenn ich es wäre würde ich mich spätestens nach Kursk fragen: "Wo ist das Zeug aus dem Westen hin das wir behaupten zerstört zu haben aber in Wirklichkeit seit Monaten nicht mehr gesehen haben?"
Der Entlastungsangriff am Kursker Bogen wurde von langer Hand geplant und über Monate peinlichst genau vor der Nase der Russen vorbereitet. Die Ukrainer lassen sich nicht mehr bei solchen Anfängerfehlern erwischen ihre Offensiven in Social Media anzukündigen nur weil das westliche Verbündete gerne für ihre Nachrichten hätten.
Die Ukrainer werden vollendete Tatsachen schaffen. Aber wo? Die gesamte Frontlinie war bisher schon über 800 km lang. Nun wo Russland sich nicht mehr sicher sein kann, dass die Ukraine russische Grenzen respektiert wurde sie nochmal deutlich länger.
Und so schön die Befestigungsanlagen die Russland in Kursk erbaut hat auch waren: Jetzt sind sie in den Händen der Ukrainer. Weil die halt nicht so viel helfen wenn keiner da ist um sie zu verteidigen.
Russland steckt in einem Dilemma. Die Ukrainer*innen sind es von Tag 1 der längsten Drei-Tage-Operation der Welt gewohnt in einer scheiß Lage zu stecken. Jeder Gebietsverlust war vorhersehbar. Jeder Sieg ist ein Sieg.
Aber wie ist das für Russland? Deren Führung sagt ja sie hat Alles im Griff. Und nun wird auf Russlands Boden gekämpft? Und wie reagiert Putin? Nun ja: Die Ukrainer lesen in ihm wie in einem fucking Buch wie es scheint. Damit die Russen nicht das Gefühl kriegen auf einmal Krieg im Heimatland zu haben wurde das ganze zur Anti-Terror-Operation erklärt. Dort treten nun Polizeieinheiten, die ausgebildet sind um Aufstände niederzuschlagen und Terroristen auszuheben, gegen Soldaten an die mit schweren Maschinengewehren, Kampfpanzern, Artillerie, Mörser und jedem erdenklichen Höllenwerkzeug ausgerüstet sind. Dafür sind die nicht gedacht und der Situation sind sie nicht gewachsen.
Unterstützt werden die Antiterrortruppen von schlecht ausgebildeten Truppen die nie für den Fronteinsatz gedacht waren. Und vor Allem von Truppen die nicht dafür unterschrieben haben sich im Donbass den Kopf wegschießen zu lassen. Diese Truppen treffen nun auf die Ukrainer die hochmotiviert sind und wohl auch mehrere Spezialeinheiten in die Region gebracht haben.
Wenn die Russen nicht bereit sind horrende Verluste in Kauf zu nehmen, diesmal aber eben Familienväter und Söhne die eingezogen wurden oder bei semi-militärischen Einheiten arbeiten, dann wird man sich mit den Ukrainern einigen müssen oder... Truppen aus dem Donbass abziehen müssen. Was natürlich die Truppen in den annektierten Gebieten schwächt.
Und all das beantwortet uns noch immer nicht die Frage: "Wo sind die Leoparden und Panzerhaubitzen?" Ich glaube nicht, dass wir die in Kursk und Donbass sehen werden. Im Gegensatz zu Russland habe ich aber auch den Luxus mich überraschen lassen zu dürfen ohne dass es mir in den Hintern beisst.
Analysten gehen davon aus, dass Russland über 1,5 Millionen Soldaten bräuchte um seine komplette Front vernünftig verteidigen zu können. Die kann es auch aufbieten. Aber ab dann ist jeder Verlust eben kein Typ aus dem hintersten Arsch von Russland der keinem abgeht und dessen Familie mit, für Russland viel Geld, still gehalten wird. Dann sind das Bauarbeiter, Techniker, Ingenieure, Feuerwehrmänner, Ärzte und ITler aus den Großstädten die erschossen werden und die Söhne von Familien auf deren Unterstützung Putins Regime angewiesen ist.
Putin hat diesen Krieg medial zur Existenzfrage Russlands hochkochen lassen. Ich gratuliere ihm: Der Krieg ist nun wirklich kurz davor eine Existenzfrage für Russland zu werden.
Und damit möchte ich mit einem Witz abschließen.
Putins Geist geht in Moskau in eine Bar und bestellt einen Vodka.
Er fragt den Barkeeper: "Und wie siehts mittlerweile aus mit Kiew?"
Sagt der Barkeeper: "Spitze. Wir sind nun eins."
Putins Geist ganz erfreut: "Und Deutschland? Und Polen? Wie siehts da aus?"
Sagt der Barkeeper: "Gehört auch dazu!"
Putin kippt exstatisch den Vodka runter und fragt: "Was bin ich für den Vodka schuldig?"
Der Barkeeper: "5 Euro"
