Jeder hier kennt den Witz: Im Radio wird vor einem Geisterfahrer gewarnt. Der Autofahrer dreht das Radio ab und meint, da er nicht checkt das Er selbst der Geisterfahrer ist: "Einer? Tausende!"
Manche Menschen gehen durchs Leben wie in dem Uraltwitz. Dabei ist es ziemlich egal welches Thema man nimmt: Irgendwie schaffen sie es mit magischer Sicherheit eine absolute Minderheitenposition einzunehmen und diese bis zum bitteren Ende zu verteidigen selbst wenn es offensichtlich ist für jeden wie daneben sie liegen.
Ich habe Nichts gegen Minderheitenpositionen. Einstein und Co. vertraten auch Minderheitenmeinungen - so auch das Argument der Geisterfahrer. Spätestens an der Stelle wäre etwas Selbstkritik nicht so schlecht. Die Fälle von Minderheitenmeinungen die sich gegen die dumme Masse durchsetzten oder von ihr in Fetzen gerissen wurde sind deswegen so exemplarisch in der Geschichte hervorgehoben weil es sich um außergewöhnliche Geister in einer gewöhnlichen Welt handelte.
Das Problem mit den Geisterfahrern ist: Sie haben Einfluss auf Andere. So wie ein Geisterfahrer, wenn es schief geht, auf der Autobahn einen schweren Unfall verursacht kann eine Minderheitenmeinung, selbst wenn sie ganz offensichtlich falsch ist, eine Menge Menschen auf ihre Seite ziehen wenn sie nur ausreichend selbstbewusst vorgetragen wird.
Und wenn ich im Laufe meines Lebens eins über dumme Menschen gelernt habe: Ihr Selbstbewusstsein ist endlos. Die sind sich bei Themen in meinem Fachgebiet absolut sicher wo ich mit über 20 Jahren Berufserfahrung erst mal sage: "Darf ich mich da mal eine Stunde reindenken?
Das Phänomen wie eine Minderheitenmeinung eine Anhängerschaft gewinnt ist in der Sozialforschung gut dokumentiert und mit zahlreichen Experimenten belegt. Ein klassisches Beispiel: Das Dia-Experiment bei der eine Gruppe von Menschen haufenweise blaue Dias gezeigt bekam. In dem Experiment war eine Gruppe Eingeweihter die behauptete die Dias wären grün. Und schwubbs - schon waren auch nicht Eingeweihte auf einmal der Meinung sie hätten, zumindest einige, grüne Dias gesehen. Obwohl dem nachweislich nie der Fall war. Das Experiment wird in praktisch jedem Führungskräfte-Seminar besprochen und es wird wild diskutiert wie so etwas zustande kommen kann.
Mein Fazit ist weniger freundlich als das der typischen Seminarteilnehmer: Mein Fazit ist nämlich, dass wir dieser sehr kleinen Minderheit die gesellschaftliche Teilhabe verweigern müssen. Warum? Eine falsche Meinung, ausreichend selbstsicher vorgetragen, wird ihre Zielgruppe finden. Und damit andere in den Abgrund reissen. Menschen die vielleich gar nicht dumm sind sondern sich einfach fragen ob da nicht eben DOCH ein grünes Dia war.
Wenn eine kleine Anzahl Idioten meint man könne gegen Corona mit Pferdeentwurmungsmittel ankämpfen wird die Idee Anhänger finden.
Wenn eine kleine Anzahl Idioten meint wir würden in einem faschistischen Regime leben und Putin würde uns befreien wird auch diese Idee Anhänger finden.
Wenn eine kleine Anzahl Idioten meint Deutschland wäre ein amerikanischer Marionettenstaat wird diese Idee sowas von Anhänger finden!
Es gibt eine kleine Anzahl von Menschen die sich vor jeden Karren spannen lassen der ihnen eine "alternative Meinung" bietet und die sie dann mit schon fast gruseligem Selbstvertrauen in die Welt rausposaunen.
Die Mehrheit liegt längst nicht immer richtig. Die Mehrheitsmeinung ist nämlich oft eine Bequemlichkeitsmeinung um nicht anzuecken. Aber die Mehrheit liegt auch nicht immer falsch. Die Mehrheit einer Population, vor allem einer Population in Fachkreisen, mit einer Minderheitenmeinung zu widerlegen war nur ganz Wenigen vergönnt.
Also: Seid ihr Einstein? Oder ein Geisterfahrer? Bei dem es nur eine Frage der Zeit ist bis die eigenen Entscheidungen im Desaster enden?
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